Ausgewählte Urteile

Urteil des Tages

Sturm reißt Efeu von der Fassade

Muss die Gebäudeversicherung einspringen, wenn dadurch eine Giebelwand beschädigt wird?

Seit rund 30 Jahren rankte sich Efeu flächendeckend an der Giebelwand eines Einfamilienhauses empor. Bei einem Unwetter mit Starkregen und Sturm im Sommer 2021 wurde der Efeu von der Fassade abgerissen und dadurch die Mauer beschädigt. Der Hauseigentümer ließ die Pflanzen mitsamt den Wurzeln entfernen, die Wand abschleifen und die Fassade sanieren. Rund 22.000 Euro gab er für die Arbeiten aus.

Die Wohngebäudeversicherung des Hauseigentümers weigerte sich, den Schaden zu regulieren und verwies auf ihre Versicherungsbedingungen: Versichert seien nur Schäden, die durch unmittelbare Einwirkung eines Sturmes auf versicherte Sachen verursacht würden oder wenn ein Sturm Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen werfe.

Ohne Erfolg verklagte der Versicherungsnehmer das Unternehmen auf Zahlung. Das Landgericht Bochum gab der Versicherung Recht und das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung (20 U 173/22). Der Sturm habe weder Gegenstände auf die Fassade geschleudert, noch habe er direkt auf die Gebäudewand eingewirkt. Die Wand sei vielmehr dadurch beschädigt worden, dass der Sturm den Efeubewuchs von der Fassade gerissen habe.

Das stelle aber keine direkte Einwirkung des Sturms auf die versicherte Gebäudewand dar. Und der Efeu selbst sei keine versicherte Sache: Pflanzen zählten nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen nicht zu den versicherten Bestandteilen des Gebäudes.

Oldtimer

Der Polizei die Personalien vorenthalten

Bundesverfassungsgericht streicht das verhängte Bußgeld, weil der Demonstrant im Recht war

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Geldbuße wegen Auskunftsverweigerung nur dann verhängt werden darf, wenn das Auskunftsverlangen der Polizei nicht nur formell, sondern auch inhaltlich rechtmäßig war. Da Personenkontrollen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, müssen die einschlägigen Vorschriften dem Umfang nach klar geregelt sein - und zudem muss auch das Vorgehen der Polizei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen das Urteil eines Strafgerichts, das einen Bürger zu Bußgeld verdonnert hatte, der der Polizei seine Personalien vorenthalten hatte. Der Mann war an der Schlusskundgebung einer Demonstration gegen den Golfkrieg vorbeigekommen und hatte mitgeholfen, die Transparente hochzuhalten.

Die Polizei hielt fälschlicherweise die Demonstration für eine unangemeldete Versammlung (eine Straftat nach dem Versammlungsgesetz), weil die Parolen auf den Transparenten vom Motto der angemeldeten Demonstration abwichen. Deshalb forderte die Polizei die Demonstranten auf, ihre Personalien anzugeben - was unter anderen der Beschwerdeführer ablehnte.

Wegen der Besonderheit derartiger Situationen, die ein schnelles Einschreiten der Polizei erforderlich machen, beschränkten die Richter bislang die Prüfung, ob das Vorgehen der Polizei rechtmäßig war, im wesentlichen auf die Frage, ob sie zuständig war. Das ist nach Ansicht Bundesverfassungsgerichts nicht ausreichend und werde den in der Verfassung garantierten Grundrechten nicht gerecht (1 BvR 1564/92).

Die Strafgerichte hätten im konkreten Fall trotz begründeter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Auskunftsverlangens nicht einmal geprüft, ob das Verhalten des verurteilten Bürgers rechtswidrig war. Immerhin habe er sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrgenommen. Die Strafurteile seien daher aufzuheben.

Recht kurios

Sex im Parkhaus

Kölner Parkhausbetreiber haftet nicht für Sex-Schäden an einer Motorhaube

Ein Geschäftsreisender hatte seinen Wagen über Nacht im Parkhaus am Kölner Hauptbahnhof abgestellt. Als er das Auto am Morgen abholen wollte, erlebte er eine böse Überraschung: Die Motorhaube hatte Dellen, der Lack war zerkratzt. Auf seine Beschwerde hin gingen Mitarbeiter des Parkhauses der Sache nach. Sie prüften die Videoaufnahmen der Überwachungskamera und bekamen überraschend Sex geboten.

Zwei Personen hatten sich in der Nacht auf der Motorhaube miteinander vergnügt — offenbar sehr intensiv. Zu erkennen waren die "Liebenden" auf der Aufnahme jedoch nicht. Verständlicherweise wollte der Autobesitzer die Folgen des Treibens nicht einfach so hinnehmen. Er forderte vom Parkhausbetreiber 4.700 Euro Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Falsche Adresse, meinte jedoch das Landgericht Köln: Den Parkhausbetreiber treffe kein Vorwurf (21 O 302/22). Wie die Videoaufnahme dokumentiere, habe das Liebesspiel auf der Motorhaube nur neun Minuten gedauert. Diese Zeitspanne sei so kurz, dass hier von einer Pflichtverletzung des Betreibers oder seiner Mitarbeiter keine Rede sein könne, erklärte das Landgericht.

Weder der Betreiber, noch seine Mitarbeiter seien verpflichtet, die Videoaufzeichnungen Tag und Nacht ununterbrochen zu beobachten, um mögliche Verstöße gegen Sicherheit und Ordnung festzustellen oder sogar zu verhindern. Und so blieb der Autobesitzer auf dem Schaden sitzen.

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