Ein Radsportverein veranstaltete für seine Mitglieder ein Zeitfahren, bei dem die Teilnehmer im Abstand von einer Minute nacheinander starteten. Der Wettbewerb fand auf öffentlichen Straßen statt, die für den übrigen Verkehr nicht gesperrt waren. Bis auf etwa 15 Meter hatte sich Radfahrer A auf gerader Strecke dem vor ihm gestarteten B genähert, als B nach links schwenkte, um einen Opel zu überholen. Das Auto fuhr mit ca. 30 km/h in die gleiche Richtung wie die Radfahrer.
Aus ungeklärten Gründen stieß B beim Überholen mit dem Rad gegen die linke vordere Seite des Autos und stürzte. Der Autofahrer bremste deshalb plötzlich stark ab. In diesem Moment fuhr A noch einige Meter hinter dem Opel. Er bremste ebenfalls, doch sein Ausweichversuch misslang. Radfahrer A prallte mit dem Vorderrad gegen das Heck des Wagens und verletzte sich beim Sturz erheblich. Vom Autofahrer forderte der Sportler Schadenersatz und Schmerzensgeld — ohne Erfolg.
Sein Verschulden am Unfall überwiege so eindeutig, dass dies jeden Ersatzanspruch ausschließe, erklärte das Oberlandesgericht Schleswig (7 U 214/22). Auffahrer A müsse allein für die Unfallfolgen haften — wie bei allen typischen Auffahrunfällen, bei denen Auffahrer den erforderlichen Sicherheitsabstand missachteten. Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug müsse so groß sein, dass der nachfolgende Verkehrsteilnehmer auch dann noch rechtzeitig halten könne, wenn das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich bremse.
Diese Regel gelte auch für Rennradfahrer, die sich im öffentlichen Straßenverkehr an einer sportlich ambitionierten Übungs-Zeitfahrt beteiligten. Zwar dürften Vorausfahrende nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen. Doch der Opelfahrer habe aufgrund der Kollision mit Radfahrer B zwingend anhalten müssen. Rennradler A habe die Unfallgefahr durch seine Geschwindigkeit erhöht. Und offenkundig habe er den gebotenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, weil er wie B den Opel (in einer Tempo-30-Zone!) überholen wollte.