B2B (Beziehungen zw. Unternehmen)

"ES6" ist leicht mit "S6" zu verwechseln

Audi klagte erfolgreich gegen die Werbung eines chinesischen Autoherstellers

Der chinesische Autohersteller Nio wirbt auf seiner Internetseite für zwei E-Fahrzeugmodelle, die er bald auch in Deutschland verkaufen möchte, mit dem Zusatz "ES6" und "ES8". Das rief den deutschen Konkurrenten Audi auf den Plan, der auf den Markenschutz für seine Modelle "S6" und "S8" pochte. Audi zog vor Gericht und verlangte, die Werbung von Nio zu verbieten: Verbraucher könnten die Bezeichnungen von Nio mit seinen geschützten Marken verwechseln.

Das Landgericht München I sah ebenfalls eine Verwechslungsgefahr und entschied den Markenrechtsstreit zu Gunsten von Audi (1 HK O 13543/21). Nio dürfe seine Fahrzeugmodelle nicht mehr mit den Zusätzen "ES6" und "ES8" bewerben, so das Landgericht. Zwar weiche die Nio-Typenbezeichnung durch den Buchstaben "E" von den geschützten Markenzeichen "S6" und "S8" ab. Dieser Buchstabe reiche aber nicht aus, um die Nio-Automodelle von den Audi-Automodellen ausreichend zu unterscheiden.

Wenn man die Typenbezeichnungen ausspreche, seien sie im Klang sehr ähnlich. Vor allem sei jedoch der Buchstabe "E" als Abkürzung für "Elektro" oder "elektronisch" sozusagen allgegenwärtig, auch und gerade im Automobilbereich. Kraftfahrzeuge mit Elektromotor würden meistens kurz als "E-Auto" bezeichnet. Deshalb dürften viele Verbraucher — und mögliche Kunden von Audi — "ES6" nur als Hinweis auf den Motortyp verstehen. Sie könnten annehmen, der "ES6" sei die Elektroversion des "S6", werde also auch von Audi produziert.

Die Verwechslungsgefahr werde nicht dadurch ausgeräumt, dass die beiden Nio-Fahrzeuge SUV-Modelle seien (Stadtgeländewagen mit erhöhter Bodenfreiheit) und die Audi-Modelle Limousinen. Auch dass der Firmenname Nio in der Reklame zu sehen sei, ändere nichts an der Verwechslungsgefahr. Denn in der Automobilbranche würden Typenbezeichnungen wie eigenständige Marken angesehen. (Nio hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.)

Luxusschuh-Kopien bei Amazon im Angebot

Onlinehändler kann u.U. dafür haften, wenn andere Unternehmen das Markenrecht verletzen

Das Markenzeichen der exquisiten Damenschuhe aus dem Hause Louboutin sind rote Sohlen — sie sind in der EU als Marke geschützt. Der Designer von Luxusschuhen hat nun den Onlinehändler Amazon wegen Verletzung seiner Markenrechte verklagt: Auf der Amazon-Webseite wird nämlich regelmäßig für Schuhe mit roter Sohle geworben, die nicht von Louboutin stammen und ohne seine Genehmigung verkauft werden.

Amazon wies den Vorwurf weit von sich: Betreiber von Online-Marktplätzen seien für die Werbeanzeigen anderer Unternehmen nicht verantwortlich.

Unter Umständen hafte der Onlinehändler sehr wohl für Markenrechtsverletzungen Dritter, entschied jedoch der Europäische Gerichtshof (C-148/21 und C-184/21). Das hänge von der Gestaltung der Webseite ab.

Wenn diese so aussehe, dass sich Internetnutzern der Eindruck aufdränge, die edlen Pumps würden in Amazons Namen und auf Rechnung des Onlinehändlers verkauft, könne man davon ausgehen, dass der Onlinehändler das eingetragene — d.h. geschützte — Markenzeichen von Louboutin selbst benutze.

Das wäre unter folgenden Voraussetzungen der Fall: wenn die Anzeigen auf der Amazon-Webseite einheitlich gestaltet seien; wenn der Onlinehändler in und neben den Anzeigen von Drittunternehmen auch sein eigenes Händlerlogo präsentiere; wenn Amazon zudem die Schuhe lagere und verschicke.

Ob das auch in den beiden konkreten Fällen zutreffe, also tatsächlich eine Verletzung des Markenrechts von Louboutin vorliege, müssten die nationalen Gerichte in Belgien und Luxemburg entscheiden.

"33 % auf alle Küchen"

Irreführende Blickfangwerbung eines Küchenhändlers mit großem Preisnachlass

Ein Küchenhändler versprach auf seiner Homepage potenziellen Kunden beträchtlichen Rabatt: 33?% AUF ALLE KÜCHEN (1) + GRATIS AEG BACKOFEN (1). Ganz wörtlich war das allerdings nicht gemeint, wie sich einige Seiten später zeigte.

In Fußnote (1) wurden die Bedingungen für den Rabatt erläutert: "Beim Kauf einer frei geplanten Einbauküche bei K erhalten Sie ab einem Gesamtpreis der Küche von 6.900 Euro 33% Rabatt." Günstigere Küchen waren von dem Angebot also ausgenommen. Zudem musste der Kaufpreis von 6.900 Euro ohne Einbaugeräte von Miele und Bora und ohne Montagekosten erreicht werden.

Wegen dieser Einschränkungen beanstandete ein Verein gegen unlauteren Wettbewerb — dem auch Konkurrenten des Händlers angehören — die Internetwerbung des Küchenhändlers K. Sie sei wettbewerbswidrig und täusche die Verbraucher, bestätigte das Oberlandesgericht Nürnberg (3 U 747/22). Die Rabattankündigung werde drucktechnisch besonders hervorgehoben, um so die Aufmerksamkeit der Internetnutzer und potenziellen Kunden zu erregen, typische "Blickfangwerbung".

Das Rabattversprechen sei eine dreiste Lüge, denn es gelte eben nicht für "alle Küchen". Für den Zusatz "ab einem Kaufpreis von 6.900 Euro" wäre auf der Seite genügend Platz gewesen. Stattdessen stehe der richtigstellende Fußnotentext, anders als vorgeschrieben, weit weg von der Blickfangwerbung. Da müsse sich der interessierte Leser erst einmal hin-scrollen, könne also den Zusammenhang zwischen der falschen Blickfangangabe und dem erläuternden Hinweis nicht auf einen Blick erkennen.

Der Händler könne sich daher nicht darauf berufen, dass der mit der falschen Werbeaussage beim Verbraucher erzeugte Irrtum, das gesamte Küchensortiment werde zum stark reduzierten Preis angeboten, durch die Fußnote korrigiert werde. Was zusätzlich verwirre: Nach der Blickfangwerbung folge ein umfangreicher Text mit Lichtbildern zum AEG-Ofen, zur individuellen Küchenplanung etc. Bei der Lektüre dürften die meisten Verbraucher die Suche nach der Fußnote (1) aus den Augen verlieren. Daher sei die Reklame künftig zu unterlassen.

Die "beste" unter 500 getesteten Matratzen?

Online-Händler streiten über irreführende Reklame mit einem Testergebnis der Stiftung Warentest

Ein Konkurrent beanstandete die Reklame eines Matratzen-Onlineshops als irreführend. Der Händler hatte stolz verkündet, wie gut eines seiner Produkte bei "Stiftung Warentest" abgeschnitten hatte: "Aus über 500 getesteten Matratzen wurde unsere Emma Matratze als Testsieger mit der Bestnote 1,7 ausgezeichnet. (Getestet durch Stiftung Warentest, Ausgabe 10/2019 in der Größe 90x200 im Härtegrad hart)".

Der Haken an der Sache: Die 500 Matratzen waren nicht in einem Test geprüft worden, sondern über Jahre hinweg in mehreren Tests. Zudem kritisierte der Konkurrent, dass der Matratzen-Onlineshop mit dem Testsieg für Matratzen in mehreren Größen und Härtegraden warb, während "Emma" den Sieg doch nur in einer Größe und im "Härtegrad hart" errungen hatte. Mit seiner Unterlassungsklage hatte der Konkurrent nur im ersten Punkt Erfolg.

Aus dem Hinweis in Klammern gehe hervor, dass die "Emma Matratze" in Größe 90x200 im "Härtegrad hart" Testsieger wurde, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt fest: In diesem Punkt könne von einer Täuschung der Verbraucher keine Rede sein (6 W 92/21).

Wer sich gezielt im Internet über Matratzen informiere, werde sicher nicht nur den ersten Satz, sondern auch den Hinweis in der Klammer zur Kenntnis nehmen — zumal der Hinweis direkt hinter der Werbeaussage stehe und nicht an anderer Stelle, wie das z.B. bei einem Sternchenhinweis der Fall sei.

Wenn es um hochpreisige und langlebige Produkte gehe, lese der Verbraucher Werbeaussagen in der Regel aufmerksam. Falsch verstehen könnten Internetnutzer allerdings die Aussage "aus über 500 getesteten Matratzen". Wer regelmäßig Testberichte lese, wisse wohl, dass die Stiftung Warentest keine Tests in diesem Umfang durchführe. Viele Menschen wüssten das jedoch nicht.

Und die Angabe einer konkreten Fundstelle des Tests (Ausgabe 10/2019) verstärke noch den falschen Eindruck, dass hier 500 Matratzen auf einmal untersucht wurden. Wenn ein Test mit einer Vielzahl von Produkten zeitgleich stattfinde, werde ihn der Interessent für aussagekräftiger halten als verschiedene Tests, die im Verlauf mehrerer Jahre hintereinander durchgeführt wurden. Das könnte durchaus die Kaufentscheidung von Verbrauchern beeinflussen. Diese Werbeaussage müsse daher unterbleiben.

"Jetzt Rezept einsenden und gewinnen!"

DocMorris lockte mit E-Bike-Gewinn: "Rezeptlotterie" ist unzulässiger Kundenfang

Die niederländische Online-Apotheke DocMorris veranstaltete 2015 ein Gewinnspiel, für das sie bundesweit mit Flyern warb. Hauptpreis war ein E-Bike für 2.500 Euro, weitere Gewinner bekamen elektrische Zahnbürsten. "Jetzt Rezept einsenden und gewinnen!" forderte das Unternehmen die Verbraucher auf. Die Apothekerkammer fand diese Art von Kundenfang unseriös und wettbewerbswidrig. Sie klagte auf Unterlassung der Reklame.

2018 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt DocMorris untersagt, Kunden mit Gewinnspielen zu ködern, damit sie ihr Rezept bei der Versandapotheke und nicht bei der Konkurrenz einlösten. Auch der Bundesgerichtshof gab der Apothekerkammer Recht (I ZR 214/18). So eine Werbung beeinflusse die Kunden auf unsachliche Weise, erklärten die Bundesrichter.

Verlockt von der Aussicht auf einen attraktiven Gewinn könnten Patienten online bestellen, ohne zu überlegen, dass es ihren Bedürfnissen besser entspräche, das Rezept in einer stationären Apotheke einzulösen. Auch wenn ein Arzt das Medikament verschrieben habe, bedeute das nämlich nicht automatisch, dass eine zweite, unaufgeforderte Beratung durch einen Apotheker überflüssig sei.

Nur in einer Apotheke bestehe die Möglichkeit für Verbraucher, sich z.B. über die Wechselwirkung des verschriebenen Arzneimittels mit anderen Medikamenten beraten zu lassen. Gründliche Beratung biete die Versandapotheke nicht.

Werbung und Wettbewerb in der Pharma-Branche würden durch das Verbot von Gewinnspielen nicht beeinträchtigt. Schließlich gelte es nicht nur für die Online-Anbieter, sondern genauso für die herkömmlichen Apotheken.

Torwandschießen beim VW-Händler

Kunden mit so einem Gewinnspiel zu ködern, ist wettbewerbswidrig

Das Wettbewerbsrecht verbietet es Unternehmen, potentielle Kunden durch "übertriebenes Anlocken" auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. Ein Beispiel, was darunter zu verstehen ist, bietet ein Fall aus Sachsen-Anhalt. Ein VW-Händler hatte folgende Zeitungsanzeige aufgegeben: "Torwandschießen wie im ZDF-Sportstudio ... Hauptgewinn: Ein neuer VW-Golf. Bedingung: 3 Treffer oben und 3 Treffer unten."

Ein Verband von Opel-Vertragshändlern zog gegen diese Werbung mit Erfolg vor Gericht. Das Oberlandesgericht Naumburg sah in der Werbeaktion eine unsachliche Beeinflussung der Kunden: Beim Torwandschießen sei das zusätzliche Lockmittel für das Publikum noch wichtiger, als das normalerweise bei Werbe-Gewinnspielen der Fall sei (2 U 154/94).

Der besondere Anreiz bestehe hier darin, dass es beim Torwandschießen nicht ausschließlich auf den Zufall ankomme, sondern zu einem gewissen Grad auch auf die Fähigkeit der Teilnehmer, mit dem Ball umzugehen. Die objektiv sehr geringe Chance, genügend Treffer zu erzielen, ändere daran nichts. Die Richter wüssten aus eigener Erfahrung, dass bei derartigen Gewinnspielen der sportliche Ehrgeiz über die tatsächlich minimale Gewinnchance hinwegtäusche.

Irreführende Werbung mit 5G-Leistungen

Mobilfunkunternehmen darf nicht so tun, als könnte es den 5G-Standard überall anbieten

Werbung mit 5G-Leistungen beim Telefonieren und Surfen ist unzulässig, wenn der Telekommunikationsanbieter nicht darauf hinweist, dass der 5G-Tarif noch längst nicht überall verfügbar ist, urteilte das Landgericht Koblenz (4 HK O 51/20).

Ein Telekommunikationsunternehmen hatte die Reklame eines Konkurrenten als irreführend beanstandet. Auf seiner Webseite warb der Konkurrent für seine 5G-Tarife (5G ist der neueste Mobilfunkstandard mit der schnellsten Datenübertragung). Ein Kasten mit verschiedenen Flat-Tarifen versprach Preise "ab 9,99 Euro" monatlich.

Zu dem Preis von 9,99 Euro waren die 5G-Leistungen des Anbieters allerdings nirgendwo erhältlich. Und nicht alle Tarife, die in diesem Kasten angeboten wurden, umfassten 5G-Leistungen. Sie sind bisher ohnehin noch nicht bundesweit verfügbar.

Die Unterlassungsklage war beim Landgericht Koblenz erfolgreich. Wenn Reklame für 5G-Leistungen einen "ab … Preis" groß herausstelle, zu dem diese Leistungen jedoch nicht genutzt werden könnten, täusche dies die potenziellen Kunden. Die Werbung müsse außerdem deutlich darauf hinweisen, dass 5G-Leistungen derzeit nur regional verfügbar seien. Darüber wüssten allenfalls besonders technikinteressierte Verbraucher Bescheid.

Vergeblich pochte der beklagte Mobilfunkanbieter darauf, es sei allgemein bekannt, dass sich das 5G-Netz erst im Aufbau befinde. Schließlich seien die 5G-Lizenzen erst vor kurzer Zeit versteigert worden. Diese Argumentation überzeugte das Landgericht nicht: Der durchschnittlich informierte Verbraucher wisse nicht, wie beschränkt derzeit die 5G-Leistungen nutzbar seien. Das sei nur in wenigen Städten möglich: in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt am Main und in Köln.

Orthopäde mit Sanitätshaus geschäftlich "verbandelt"?

Mediziner dürfen Produkte und Geschäfte nur auf Nachfrage der Patienten empfehlen

Ärzte sollen ihren Patienten geeignete Medizinprodukte verschreiben — ohne dabei auf ihren eigenen Vorteil bedacht zu sein. Deshalb dürfen sie einschlägige Produkte oder Geschäfte nur empfehlen, wenn Patienten explizit danach fragen. Daran halten sich nicht alle Mediziner. Daher dachte sich wohl die Inhaberin eines Sanitätshauses: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Sie behauptete, ein Orthopäde habe einem Testpatienten von sich aus ein anderes Sanitätshaus empfohlen, als er die Verordnung für Einlagen unterschrieb. Ausführlich habe er dem Mann auch noch den Weg dorthin beschrieben. Die Konkurrentin vermutete eine für den Orthopäden einträgliche Geschäftsbeziehung und erhob Unterlassungsklage: Der Arzt müsse solche Empfehlungen unterlassen.

Ausdrücklich habe ihn der Patient nach einem guten Sanitätshaus in der Nähe gefragt, erklärte dagegen der Orthopäde: So habe er es sogar in der Patientenkartei festgehalten. Pech für die Inhaberin des Sanitätshauses: Ihr Tester erwies sich als unzuverlässig.

Das Landgericht Köln wies jedenfalls ihre Unterlassungsklage ab, weil nicht geklärt werden konnte, ob der Arzt dem Patienten das andere Sanitätshaus wirklich aus freien Stücken, ohne Nachfrage empfohlen hatte (33 O 23/20). Der Patient konnte sich nicht daran erinnern, ob er ausdrücklich nach einer guten Quelle für Einlagen gefragt hatte. Und eventuell habe ihm auch die Sprechstundenhilfe den guten Tipp gegeben …

Chinesische Taschenmesser mit Schweizer Flagge

Der Konkurrent wollte vom guten Ruf Schweizer Produkte profitieren

Dass sich einige chinesische Unternehmer gut auf Produktpiraterie verstehen, ist bekannt. Mit fremden Federn bzw. Flaggen schmückte sich ein chinesischer Messerhersteller: Über eine Online-Plattform bot er Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge an. Auf den roten Produkten oder auf Verpackungen prangte der Schriftzug "Switzerland" oder "Swiss" sowie die Schweizer Flagge in einigen Variationen.

Dadurch sah sich die Herstellerin des weltweit geschätzten Schweizer Taschenmessers in ihren Markenrechten verletzt: Der Griff des Messers ist wie die Schweizer Flagge rot grundiert und trägt ein weißes Kreuz. Die Messerherstellerin forderte vom Konkurrenten, die Verkaufsmasche zu unterlassen. Das Landgericht München I gab dem Schweizer Unternehmen Recht (33 O 7646/20).

Erfolglos hatte der chinesische Konkurrent darauf gepocht, Verbraucher könnten seine Produkte mit dem Schweizer Taschenmesser nicht verwechseln. Klar erkennbar seien seine Produkte Souvenirartikel, deren Produktion niemand in der Schweiz verorten würde. Eine Täuschung der Verbraucher sei auch deshalb ausgeschlossen, weil auf den Verpackungen deutlich sichtbar "Made in China" stehe.

Trotzdem verbot das Landgericht dem chinesischen Hersteller, weiterhin Schweizer Flaggen oder andere Schweizer Kennzeichen zu verwenden. Mit den unübersehbaren Anspielungen auf das Land nutze er auf unlautere Weise den guten Ruf der geographischen Herkunftsangabe "Schweiz" aus, so das Landgericht, um seinen Absatz zu steigern. Dieser gute Ruf gründe sich auf zuverlässige, funktionale Produkte wie das Taschenmesser.

Ob Aufdrucke wie "Switzerland" und flaggenähnliche Logos ausreichten, um bei Verbrauchern den falschen Eindruck zu erwecken, die chinesischen Produkte stammten aus der Schweiz, könne offenbleiben. Der Anspruch der Schweizer Herstellerin des Original-Taschenmessers auf Unterlassung dieser Art Reklame sei unabhängig davon zu bejahen.

"Bestpreisklausel" beeinträchtigt den Wettbewerb

Hotelbuchungsportale dürfen Hotels nicht verbieten, die Zimmerpreise des Portals online zu unterbieten

Viele Reisende nutzen die Webseite "booking.com", um online Hotelzimmer zu buchen. Von den Hotels verlangt das Hotelbuchungsportal dafür Vermittlungsprovision. Im Sommer 2015 führte das Portal in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine "Bestpreisklausel" ein. Von da an durften die mit booking.com kooperierenden Hotels die Zimmer auf ihrer eigenen Webseite nicht zu niedrigeren Preisen oder besseren Konditionen anbieten als das Hotelbuchungsportal.

Das sollte natürlich den Anreiz für die Verbraucher erhöhen, Zimmer über das Portal zu buchen. Nur "offline" durften die Partnerhotels Übernachtungen günstiger anbieten — unter der Bedingung, dass sie dafür online keine Reklame machten.

Das Bundeskartellamt hatte die "Bestpreisklausel" für unzulässig erklärt und ihre Anwendung ab 1.2.2016 verboten. Das Unternehmen booking.com wandte sie danach zwar nicht mehr an. Es ließ aber die Entscheidung gerichtlich überprüfen, mit dem Ziel, die "Bestpreisklausel" im Erfolgsfall wieder einzuführen. Daraus wird jedoch nichts: Der Bundesgerichtshof bestätigte das Verbot (KVR 54/20).

Buchungsportale dürften ihren Partnerhotels nicht vorschreiben, dass sie online ihre Zimmer mindestens so teuer anbieten müssten wie die Buchungsportale. Solche Klauseln schränkten den Wettbewerb auf diesem Markt unzulässig ein, betonten die Bundesrichter. Die "Bestpreisklausel" nehme den Hotels die naheliegende Möglichkeit, die eingesparte Vermittlungsprovision vollständig oder teilweise in Form von Preissenkungen an die Übernachtungsgäste weiterzugeben und dadurch Kunden zu werben.

Mineralwasser in Bio-Qualität?

So eine Reklame ist bei Mineralwasser mit hohem Arsengehalt irreführend

Die Reklame des Getränkeherstellers spart nicht mit Lob für das hauseigene Mineralwasser: Das "Premium-Mineralwasser in Bio-Qualität" sei ein "reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird". Deshalb trage es auch ein Bio-Qualitätssiegel.

Irreführend und wettbewerbswidrig sei diese Werbung, beanstandete ein Konkurrenzunternehmen: Denn: Direkt aus der Quelle gefördert, enthalte das Wasser mehr Arsen, als nach der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) zulässig sei. Deshalb werde es vor dem Abfüllen 15 bis 30 Minuten durch manganhaltigen Sand gefiltert. Ein "reines Naturprodukt" sehe anders aus … Die Konkurrenz zog vor Gericht, um die Reklame zu stoppen.

Beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt setzte sie sich durch (6 U 200/19). Ein Mineralwasser, das wegen seines hohen Arsenanteils die strengen Anforderungen der MTVO nicht erfülle und nachbehandelt werden müsse, dürfe nicht als "Premium-Mineralwasser in Bio Qualität" beworben und mit einschlägigem Qualitätssiegel versehen werden. Die Werbeaussage zur "Bio-Qualität" sei irreführend, so das OLG.

Von einem Mineralwasser in "Bio-Qualität" erwarteten Verbraucher, dass es rein sei — reiner als herkömmliche Mineralwasser — und zwar von Natur aus, also ohne Nachbehandlung. Die Werbung für das Wasser schüre diese Erwartung noch, die das Wasser jedoch nicht erfülle. Vielmehr werde das Rohwasser, um die Arsenbelastung zu reduzieren, durch Mangansand gefiltert. Das sei ein — wohl chemischer — Vorgang, der über das übliche mechanische Herausfiltern von Schwebeteilchen aus Mineralwasser hinausgehe. Es handle sich keinesfalls um ein unbehandeltes Naturprodukt.

"Dr. X Medizinisches Versorgungszentrum"

Nennt sich ein Versorgungszentrum "Dr. X", muss dort auch ein Arzt mit Doktortitel arbeiten

Eine GmbH betreibt in Deutschland mehrere zahnärztliche Versorgungszentren. Die Firma nannte sich "Dr. X" und auch die Versorgungszentren führten den Namen "Dr. X Medizinisches Versorgungszentrum", kombiniert mit dem Namen des jeweiligen Standorts. In einem dieser Zentren arbeitete 2016 und 2017 über Monate kein einziger Zahnarzt mit Doktortitel.

Der zahnärztliche Bezirksverband zog vor Gericht und verlangte Unterlassung: Solange das lokale Unternehmen keinen promovierten Zahnarzt beschäftige, dürfe es den Titel auch nicht im Namen führen. Der Bundesgerichtshof gab dem Verband Recht: Der Name täusche die Verbraucher bzw. Patienten, wenn nicht einmal der medizinische Leiter des Versorgungszentrums einen Doktortitel innehabe (I ZR 126/19).

Ein akademischer Titel stehe für eine besondere wissenschaftliche Qualifikation, von der sich die Patienten einen individuellen Vorteil versprächen. Promovierten Ärzten trauten Patienten besondere intellektuelle Fähigkeiten zu und vertrauten zudem auf deren guten Ruf und Zuverlässigkeit.

Verbraucher sähen in dem Namen "Dr. X" keineswegs eine Fantasiebezeichnung. Vielmehr verständen sie ihn als Kürzel für einen Unternehmensinhaber. Die GmbH müsse zumindest der Unternehmensbezeichnung einen klärenden Hinweis hinzufügen, um bei potenziellen Patienten einschlägige Irrtümer auszuschließen.

Umstrittene Herkunftsangabe "Schwarzwälder Schinken"

BGH beendet juristisches Tauziehen: Der Schinken muss nicht im Schwarzwald geschnitten werden

Die Bezeichnung "Schwarzwälder Schinken" ist seit 1997 in der EU als geografische Herkunftsangabe geschützt. Während der Schinken früher von den Kunden meist im Stück gekauft wurde, geht er mittlerweile überwiegend in Scheiben aufgeschnitten über die Ladentheke. 2005 beantragte deshalb der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller beim Deutschen Patent- und Markenamt, die Schutzregeln ("Spezifikation") zu erweitern.

Schinken dürfe nur dann als "Schwarzwälder" verkauft werden, wenn er auch im Schwarzwald aufgeschnitten und verpackt wurde, forderte der Verband. Dagegen protestierten mehrere Unternehmen, unter anderem ein Hersteller, der im Schwarzwald Schinken produziert, diesen aber in einem Betrieb in Niedersachsen schneidet und verpackt. Das war der Auftakt für ein juristisches Tauziehen um die Herkunftsangabe. Maßgebend beteiligt: das Bundespatentgericht und der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Der EuGH erklärte, so eine Änderung der Schutzregeln wäre unter zwei Voraussetzungen gerechtfertigt: Zum einen, wenn nur auf diese Weise die "Qualität des Erzeugnisses" garantiert werden könne. Zum anderen, wenn nur auf diese Weise kontrolliert werden könne, ob die Bedingungen für die geografische Herkunftsbezeichnung eingehalten werden. Das müssten deutsche Gerichte prüfen.

Das tat das Bundespatentgericht und kam zu dem Ergebnis, es liege keine dieser zwei Voraussetzungen vor. Nach einer weiteren Beschwerde des Schutzverbandes landete der Streit beim Bundesgerichtshof: Dort unterlag der Interessenvertreter der Schinkenhersteller endgültig (I ZB 72/19). Zwei Kriterien habe der EuGH genannt, welche die beantragte Änderung rechtfertigen könnten, nämlich Qualitätssicherung und die Effizienz der Kontrolle, so die Bundesrichter.

Um die Qualität des Produkts zu wahren, müsse der Schinken nicht im Schwarzwald aufgeschnitten werden. Die Ware außerhalb des Erzeugungsgebiets zu schneiden und zu verpacken, verschlechtere ihre Qualität nicht. Auch könne anderen Orts genauso gut kontrolliert werden, ob die Schinkenscheiben höchstens 1,3 Millimeter dick geschnitten und die Schneideanlagen gründlich gereinigt werden. Dafür sei kein produktspezifisches Fachwissen erforderlich.

Wer nicht online eincheckt, wird von Ryanair bestraft

Airline muss bei der Buchung auf Zusatzkosten für den Flughafen-Check-In hinweisen

Jeder Fluggast weiß: Spätestens zwei Stunden vor Abflug sollte man am Flughafen sein. Ob pünktlich angekommen oder nicht: Als Kunde der Fluggesellschaft Ryanair kann man am Flughafen in eine Kostenfalle laufen. Denn der Check-In ist bei Ryanair nur kostenlos, wenn die Fluggäste bis zwei Stunden vor Abflug online einchecken. Fürs Einchecken am Flughafen werden pro Person 55 Euro extra kassiert.

Auf diese Kosten weist das Flugunternehmen weder bei Online-Flugbuchungen, noch an anderer Stelle auf der Webseite hin. Die Wettbewerbszentrale, der auch Konkurrenzunternehmen von Ryanair angehören, erhob deshalb Unterlassungsklage: Ryanair unterschlage Informationen, die für Fluggäste wichtig seien. Eventuell anfallende Zusatzkosten zu verschweigen, verzerre außerdem den Wettbewerb.

Das Landgericht Frankfurt gab den Wettbewerbshütern Recht (3-06 O 7/20). Die Praxis von Ryanair verstoße gegen das "Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb" und gegen die Luftverkehrsdiensteverordnung. Auf Kosten fürs Einchecken am Schalter müssten Fluggesellschaften schon im Rahmen der Buchung hinweisen — mit Ziffern, klar und transparent.

Es genüge nicht, wenn Ryanair die Kunden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) über die Zusatzgebühr informiere. Die AGB würden, vorsichtig formuliert, nicht von allen Verbrauchern gelesen. Diesen Vorhaltungen begegnete das Flugunternehmen mit dem Argument, dass die Kunden auf der Webseite über die Möglichkeit unterrichtet würden, in den zwei Tagen vor dem Abflug per E-Mail online einzuchecken.

Aber auch damit war das Landgericht nicht zufrieden: Dieser Online-Hinweis erlaube keinen Rückschluss auf Extra-Kosten bei einem Flughafen-Check-In. Ryanair müsse im Rahmen der Online-Buchungen und auf der Webseite unmissverständlich und unübersehbar auf diese Zusatzkosten hinweisen.

"E-Ziga retten Leben"

OLG Koblenz: Der Werbeslogan für E-Zigaretten ist nicht irreführend

Ein E-Zigarettenhändler warb für seine Produkte mit einem großen Plakat, auf dem der Slogan prangte: "E-Ziga retten Leben — Jetzt umsteigen". Die Wettbewerbszentrale beanstandete den Reklamespruch als Täuschung der Verbraucher: Ihnen werde vorgespiegelt, E-Zigaretten seien gesundheitlich unbedenklich. Das sei eine Illusion.

So sah es auch das Landgericht, das den Werbespruch als irreführend und wettbewerbswidrig untersagte. Doch das Oberlandesgericht Koblenz, das über die Berufung des E-Zigarettenhändlers zu entscheiden hatte, widersprach (9 U 809/20). Die Reklame versuche nicht, generell Verbraucher anzusprechen und zum Konsum von E-Zigaretten zu bewegen.

In erster Linie sollten Raucher auf das Alternativprodukt aufmerksam gemacht werden. Das zeigten die ergänzenden Worte "Jetzt umsteigen". Wenn man den Adressatenkreis im Blick habe, erschließe sich auch die Bedeutung von "lebensrettend" in diesem Kontext. Hier gehe es nicht um die Aussage, E-Zigaretten seien gesund.

Die Aussage sei vielmehr, elektrische Zigaretten seien weniger schädlich als herkömmliche "Glimmstengel". Und diese Aussage habe der Zigarettenhändler mit wissenschaftlichen Studien belegen können. Das Rauchen aufzugeben und auf E-Zigaretten umzusteigen, sei grundsätzlich geeignet, die Zahl schwerer Erkrankungen durch Tabakkonsum zu vermindern, die "auch einen tödlichen Verlauf nehmen" könnten.

Prämien für Facebook-Likes

Werbemethoden einer Apotheke als wettbewerbswidrig verboten

Wegen einer Klage der Wettbewerbszentrale prüfte das Landgericht Bonn die Werbemethoden einer Bonner Apotheke. Die Apotheken-Inhaberin belohnte Likes auf ihrem Facebook-Account: Wer im sozialen Netzwerk mit einem Like sein Gefallen an der Apotheke kundtat, erhielt "zwei Schlosstaler", die er in der Apotheke gegen Prämien eintauschen konnte. Die Wettbewerbshüter hielten dieses Vorgehen für unlauteren Wettbewerb.

Das Landgericht Bonn gab ihnen Recht und untersagte das Prämienangebot als wettbewerbswidrig (14 O 82/19). Prämien stellten eine Art Entlohnung dar. Also handle es sich hier um Reklame mit Empfehlungen, für die die Apothekerin einen finanziellen Anreiz setze. Die Likes auf Facebook erweckten aber den Anschein objektiver Bewertung durch die Kunden.

Äußerungen (vermeintlich) neutraler Dritter wirkten in der Werbung immer objektiver als Eigenwerbung und erweckten mehr Vertrauen. Verbraucher sähen die Zahl der Likes als Zeichen für Kundenzufriedenheit an. Daher sei diese Art von Werbung irreführend, wenn das Belohnungssystem im sozialen Netzwerk nicht offengelegt werde.

Unzulässig sei es auch, dass die Inhaberin ihre Apotheke auf der Webseite als "exklusive Notfall-Apotheke" bezeichne. Auch wenn die Apotheke tatsächlich länger geöffnet habe: Wenn die Apothekerin am Notdienst teilnehme, sei das kein besonderes Angebot. Denn in der Stadt beteiligten sich alle Apotheken am Notdienst. Daher dürfe die Apothekerin nicht den Eindruck erwecken, sie biete damit eine ganz besondere Dienstleistung.

"Grüner Regionalstrom"

Irreführende Werbung eines Vergleichsportals für "sauberen Strom aus der Nachbarschaft"

Ein Verein gegen unlauteren Wettbewerb, dem auch Energieunternehmen angehören, beanstandete den Internetauftritt eines (auf Energiedienstleistungen spezialisierten) Vergleichsportals. Dessen Betreiberin, die X-GmbH, vermittelt Energielieferverträge mit Energieversorgern, die Strom aus erneuerbarer Energie erzeugen. Auf der Webseite wirbt sie für "grünen Regionalstrom" und "sauberen Strom aus der Nachbarschaft". Potenziellen Kunden verspricht die X-GmbH: "Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose: So bekommst du 100% saubere Energie".

Strom, der mehrere 100 Kilometer (km) vom Verbraucher entfernt produziert werde, als "Regionalstrom" anzupreisen, sei irreführend, bemängelten die Wettbewerbshüter. Außerdem fließe kein Strom direkt aus der Anlage "in die Steckdose". Auch "sauberer" Strom aus erneuerbarer Energie werde ins allgemeine Stromnetz eingespeist und vermische sich dort mit Strom aus anderen Quellen (= Graustrom).

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig gab dem Verein Recht und untersagte die beanstandeten Werbeaussagen (6 U 16/19). Sie täuschten die angesprochenen Verbraucher über Beschaffenheit und geografische Herkunft des Stroms. Die Aussage "direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose" sei objektiv falsch. Verbraucher würden prinzipiell nur mit Graustrom beliefert — das gelte auch dann, wenn ihnen die X-GmbH einen "grünen" Stromvertrag vermittle.

Erfolglos pochte die X-GmbH darauf, verständigen Verbrauchern sei doch längst klar, dass auch ökologisch erzeugter Strom ins allgemeine Stromnetz eingespeist werde. Von Täuschung könne daher keine Rede sein. Dieses Argument ließ das OLG nicht gelten: Wenige, gut informierte Verbraucher wüssten das vielleicht. Doch viele ließen sich von der Online-Werbung aufs Glatteis führen, die den falschen Eindruck erwecke, sie bekämen reine, zu 100 Prozent saubere Energie. Das sei ebenso irreführend wie die Behauptung, Verbraucher bekämen ein "Produkt aus der Nachbarschaft".

Die Stromerzeugung finde nicht in der Nähe statt, d.h. in einem Umkreis von ungefähr 50 km. Die X-GmbH vermittle vielmehr auch Strom aus Anlagen, die mehrere hundert km vom Verbraucher entfernt ständen. Wer z.B. im Internet als Verbrauchsort Berlin eingebe, bekomme u.a. Lieferanten in Nordfriesland vorgeschlagen (ca. 400 km entfernt). Die produzierten nicht "in der Region", schon gar in der Nachbarschaft. Genau diese Erwartung wecke aber die Reklame: Die lokale Nähe zum Lieferanten trage zur Energiewende bei, stehe auf der Webseite. Oder: "Finde heraus, welcher Nachbar dich versorgen kann …".

Werbeflyer beim Zahnarzt

Hersteller elektrischer Zahnbürsten streiten über (un)zulässige Werbemethoden

Firma A, Anbieterin elektrischer Zahnbürsten, verschickte an Zahnärzte einen Werbeflyer, den sie in der Praxis auslegen konnten. Unter der Überschrift "Sparen Sie zweimal!" versprach die Firma den Patienten 30 Prozent Rabatt beim Kauf eines A-Produkts und zusätzlich einen "Preisvorteil von bis zu 50 Euro bei der nächsten professionellen Zahnreinigung".

Firma B, die ebenfalls elektrische Zahnbürsten herstellt, verlangte, dieses "unlautere Marketing" zu unterlassen: Firma A fordere Zahnärzte systematisch zu Verstößen gegen die Berufsordnung auf, sie sollten Patienten unsachlich beeinflussen. So wolle sich die Konkurrenz Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Doch das Oberlandesgericht Hamburg mochte sich dieser Kritik nicht anschließen (3 W 17/20). Nicht jeder Rabatt auf zahnärztliche Leistungen widerspreche der Berufsordnung für Zahnärzte. Der Flyer betone zwar den Preisvorteil, informiere aber ansonsten überwiegend sachlich über das Angebot. Firma A werbe nicht in anpreisender oder irreführender Weise für ihre Produkte. Zudem lägen die Flyer in den Arztpraxen nur zur Mitnahme aus.

Wenn Zahnärzte z.B. auf ihrer Webseite direkt Reklame für bestimmte Produkte machten, verstoße das gegen Berufsrecht. Denn so eine "Fremdwerbung" erwecke bei Patienten den zutreffenden Eindruck, der Arzt fördere gezielt gewerbliche Interessen von Unternehmen. Das sei beim Werbeflyer der Firma A nicht der Fall.

Sie fordere die Mediziner nicht auf, ihre Produkte zu empfehlen. Wer den Flyer auslege, sei nicht verpflichtet, die Gutscheinerwerber zu behandeln. Patienten könnten vom Rabatt auch profitieren, wenn sie sich von einem anderen Zahnarzt behandeln lassen. Dass der Preisvorteil für Patienten Zahnärzte dazu verleiten könnte, mit Produktempfehlungen gegen Standespflichten zu verstoßen, um den Umsatz zu steigern, erscheine fernliegend.

Allein die abstrakte Möglichkeit, dass wegen des Rabatts mehr Patienten eine Zahnreinigung durchführen lassen, genüge nicht, um den Rabatt als unzulässiges Werbegeschenk einzustufen. Die Zahnärzte selbst erbrächten bei der Zahnreinigung dieselbe Leistung wie immer und erhielten dafür dasselbe Entgelt.

Käse sehen sich zum Verwechseln ähnlich

Ist eine Ursprungsbezeichnung geschützt, bezieht sich der Schutz nicht nur auf den Produktnamen

Im französischen Jura-Massiv wird ein Käse hergestellt, dessen Bezeichnung "Morbier" seit 2000 geschützt ist. Geschützte Ursprungsbezeichnung bedeutet: Nur Produkte, die in einer bestimmten Region hergestellt werden, dürfen diesen Namen tragen. Auffällig am "Morbier" ist ein schwarzer Kohlestreifen, der den Käse optisch in zwei Hälften teilt.

Der Verband der Morbier-Produzenten verklagte eine Firma, die seit 1979 Morbier-Käse herstellt. Sie hat jedoch ihren Firmensitz nicht in dem Gebiet, dem die Bezeichnung "Morbier" vorbehalten ist, sondern in einer Nachbarregion. Deshalb nennt die Firma ihren Käse seit 2000 nicht mehr "Morbier".

Trotzdem könnten die Verbraucher ihren Käse immer noch mit Morbier-Käse verwechseln, kritisierte der Verband, denn der Konkurrenz-Käse trage den schwarzen Streifen und sehe damit genauso aus wie Morbier-Käse. Das verstoße gegen die "geschützte Ursprungsbezeichnung" und sei wettbewerbswidrig.

Französische Gerichte wiesen die Klage mit dem Argument ab, eine "geschützte Ursprungsbezeichnung" schütze nicht das Erscheinungsbild eines Produkts, sondern den Produktnamen. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) gab dem Verband der Morbier-Produzenten Recht: Auch eine ähnliche Optik könne Verbraucher in die Irre führen und so den Wettbewerb verzerren (C-490/19).

Nach dem Wortlaut der betreffenden EU-Normen seien die eingetragenen Produktnamen geschützt, räumte der EuGH ein. Doch die seien vom Produkt nicht zu trennen. Wenn zwei Produkte ähnlich aussähen, könnten Verbraucher sie auch dann verwechseln, wenn der geschützte Name auf dem Erzeugnis (oder der Verpackung) gar nicht auftauche. Das gelte jedenfalls dann, wenn es um ein besonders charakteristisches Merkmal des Produkts gehe — wie im konkreten Fall um den schwarzen Kohlestreifen.

"Käpt’n Iglo" nachgeahmt?

Hersteller von Fischkonserven streiten über angeblich irreführende Werbung

Wer öfter mal tiefgekühlten Fisch kauft, kennt wohl auch "Käpt’n Iglo", die Werbefigur des Tiefkühlkost-Herstellers Iglo. Meistens grüßt er im blauen Anzug und weißem Rolli von der Verpackung — ganz der authentische Seemann, mit Meer im Hintergrund. Und dann das: Auch die Konkurrenz, Feinkostfirma Appel, wirbt mit maritimen Motiven und einer männlichen Werbefigur!

Das sei eine irreführende Kopie seiner Werbung, fand das Unternehmen Iglo und klagte auf Unterlassung: Die Reklame von Appel sei darauf angelegt, dass Verbraucher sie mit der Werbe-Ikone "Käpt’n Iglo" verwechselten und deshalb Appel-Fischprodukte kauften. Doch das Landgericht München I konnte keine unlautere Nachahmung des Iglo-Werbekonzepts erkennen und wies die Klage ab (17 HK O 5744/20).

Dass Hersteller von Fischprodukten mit maritimen Motiven werben (Küste, Himmel, Wetter, Wellen), sei naheliegend, so das Landgericht. Alle Produzenten der Branche machten das und es sei auch zulässig: Auf solche Motive könne kein Unternehmen allein Anspruch erheben. Im Übrigen unterscheide sich die Appel-Reklame so deutlich von der Iglo-Reklame, dass von Irreführung der Verbraucher hier keine Rede sein könne.

Im Hintergrund der Appel-Werbung sei stets ein bekannter Leuchtturm aus dem Landkreis Cuxhaven zu sehen, dem Sitz des Unternehmens Appel. Auch der Firmenname sei gut wahrnehmbar und weise eindeutig auf Appel hin. Und die männliche Werbefigur sehe keineswegs wie ein Seemann aus. Das sei ein eher vornehm wirkender Herr im eleganten, grauen Dreiteiler und karierter Weste mit Krawatte oder Seidenschal.

Kein Verbraucher werde diesen Herrn mit "Käpt’n Iglo" verwechseln, bloß deswegen, weil auch die Appel-Werbefigur eine Elblotsen-Mütze trage. Es sei eindeutig zu erkennen, dass diese Reklame weder mit der Figur des Iglo-Seemannes, noch mit dem Unternehmen Iglo in Verbindung stehe.