Eine Eigentumsanlage besteht aus mehreren Gebäuden. Im Vorderhaus betreibt ein Mieter einen Supermarkt. Im Hinterhofgebäude wohnt eine gehbehinderte Eigentümerin. Fußgänger können den Hinterhof über eine stufenlose Rampe (= die Feuerwehrzufahrt) betreten oder über einen Fußweg mit mehreren Treppenstufen.
2008 hatte die Eigentümergemeinschaft (WEG) den Lieferverkehr des Supermarkts geregelt: Jeden Vormittag dürfe ein Fahrzeug auf die Rampe, ansonsten sei der Lieferverkehr in einer Zone vor dem Markteingang abzuwickeln.
So lautete damals der Beschluss, mit dem die WEG die Konflikte um die oft zugestellte Feuerwehrzufahrt beenden wollte. Da jedoch das Parkverbot vor dem Supermarkt häufig ignoriert und die Lieferzone von Pkws blockiert wurde, wurde die Rampe öfter und länger für die Anlieferung von Waren benutzt, als dies der WEG-Beschluss vorsah.
Nur mühsam konnte dann die gehbehinderte Frau über Treppenstufen ihre Wohnung erreichen. Deshalb zog sie schließlich vor Gericht: Der Supermarktbetreiber dürfe die Rampe nicht mehr benutzen, forderte sie, auch weil im Brandfall die Zufahrt frei sein müsse.
Nach neuem WEG-Recht hätte sich die Eigentümerin mit ihrem Anliegen an die Eigentümergemeinschaft wenden müssen, stellte der Bundesgerichtshof zunächst fest, da die Rampe zum Gemeinschaftseigentum gehöre (V ZR 106/21). Die störenden Lieferfahrzeuge blockierten nicht ihr Sondereigentum, sondern Gemeinschaftseigentum: Dagegen müsse jetzt die WEG vorgehen, nicht einzelne Eigentümer. Da die Eigentümerin ihre Klage aber vor der Gesetzesreform eingereicht habe, sei sie klageberechtigt.
Der WEG-Beschluss von 2008 sei nichtig, da in Feuerwehrzufahrten absolutes Halteverbot bestehe. Es sei daher rechtswidrig, hier (wenn auch nur eingeschränkt) das Anliefern von Waren zu erlauben. Das Halteverbot diene dem Brandschutz und damit auch den Eigentümern. Wenn sie Verstöße dagegen bewusst duldeten, könnte im Brandfall ihr Versicherungsschutz gefährdet sein. Grundstückseigentümer müssten Feuerwehrzufahrten auf ihrem Grund freihalten und dies notfalls gegenüber Dritten durchsetzen.
In Eigentumsanlagen sei das die Aufgabe der WEG: Sie könne nicht mehrheitlich beschließen, von der Erfüllung von Brandschutzvorschriften abzusehen und Rechtsverstöße dauerhaft hinzunehmen. Zu Recht habe die gehbehinderte Eigentümerin einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht. Dass sie 2008 dem WEG-Beschluss zugestimmt habe, bedeute nicht, dass sie sich unbefristet daran festhalten lassen müsse.