Familie

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"Ausbrechen" aus der Ehe gefährdet Unterhalt

Gericht muss prüfen, ob die Ehepartnerin tatsächlich fremdgegangen ist

Als ein Ehemann nach der Trennung auf Unterhalt verklagt wurde, wandte er ein, seine Frau habe noch während des Zusammenlebens intime Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen. Wegen dieses schwerwiegenden Fehlverhaltens könne sie keinen Unterhalt verlangen. Das Familiengericht war jedoch der Auffassung, dass nicht feststehe, ob die Ehefrau "aus einer intakten Ehe ausgebrochen" sei. Deshalb verurteilte es den Mann dazu, Unterhalt zu zahlen.

Das Oberlandesgericht Hamm kassierte dieses Urteil (4 UF 176/94). Die Frau habe zugegeben, dass sie jedenfalls nach der Trennung eine dauerhafte Partnerschaft mit einem anderen Mann eingegangen sei. Daher hätte das Familiengericht den neuen Partner als Zeugen vernehmen müssen. Außerdem hätte das Gericht prüfen müssen, ob nicht auch der Mann selbst eheliche Verfehlungen begangen habe. Erst wenn das aufgeklärt sei, könne das Familiengericht über Unterhaltspflichten und -ansprüche entscheiden.

Mutter zieht vom Wohnort der Tochter weg

Ohne Auto wird der Umgang mit der beim Vater lebenden 14-Jährigen zum Problem

Die Eltern eines 14-jährigen Mädchens leben schon länger getrennt. Die Tochter wohnt beim Vater und besucht die Mutter jedes zweite Wochenende. Nach der gerichtlichen Umgangsregelung war die Mutter verpflichtet, das Mädchen beim Vater abzuholen und nach dem Besuch zurückzubringen. Die Arbeitsstelle der Mutter war vom Wohnort 50 km entfernt, über drei Stunden war sie täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.

Ein Auto besaß die Frau nicht, die Fahrtkosten von 377 Euro monatlich belasteten ihr Budget. Eines Tages wurde ihr das Pendeln zu anstrengend: Sie mietete am Arbeitsort eine Wohnung und zog um. Deshalb beantragte die Mutter beim Familiengericht, die Umgangsvereinbarung zu ändern: Das Kind solle künftig mit dem Zug zu ihr kommen. Der Vater widersprach: Auf Zugfahrten sei eine 14-Jährige zu vielen Gefahren ausgesetzt.

Dennoch entschied das Amtsgericht, der Mutter entgegenzukommen: Der Vater solle dafür sorgen, dass die Tochter am Samstag des Besuchswochenendes gegen 17 Uhr am Bahnhof des Wohnorts der Mutter eintrifft. Dort müsse die Mutter das Mädchen abholen und es sonntags gegen 15 Uhr wieder in den Zug setzen. Nach einigen begleiteten Testfahrten könne die Tochter allein fahren, die Mutter müsse die Tickets finanzieren.

Gegen diesen Beschluss legte der Vater Beschwerde ein und erreichte beim Oberlandesgericht (OLG) Bamberg einen Teilerfolg (7 UF 190/22). Grundsätzlich betonte das OLG, dass hier durchaus ein triftiger Grund vorliege, die Umgangsregelung zu ändern. Durch den Umzug der Mutter bestehe die Gefahr, dass der — von der Tochter ausdrücklich gewünschte — Kontakt zur Mutter nicht mehr regelmäßig stattfinde.

Der Umgang sei für das Wohl des Kindes erforderlich, jedoch ohne Auto nur schwer umzusetzen. Der 14-Jährigen sei die selbständige Reise zur Mutter mit Bus und Bahn zwar durchaus zuzutrauen. Praktikabel sei der Vorschlag des Amtsgerichts trotzdem nicht. Denn: Wohl beeinflusst vom Vater, der sie täglich mit dem Auto zur Schule bringe und dort nach Schulschluss abhole, lehne es die Tochter kategorisch ab, mit dem Zug zu fahren.

Kein Gericht könne das Kind dazu zwingen. Und regelmäßige Autofahrten zum neuen Wohnort der Mutter seien für den Vater nicht zumutbar. Auch wenn die Mutter gute Gründe für den Umzug habe: Das Kind abzuholen und zurückzubringen, sei prinzipiell die Sache des umgangsberechtigten Elternteils. Die Mutter müsse sich also Transport-Alternativen überlegen (Mietwagen, Car-Sharing, Mitfahrzentralen) oder sich bemühen, die Tochter von den Vorzügen des Bahnfahrens zu überzeugen.

Den Nachbarn als Alleinerben eingesetzt

Auch ein Testament auf der Rückseite eines Café-Speiseplans kann wirksam sein

Herr W hatte 1998 mit seiner (2019 verstorbenen) Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament verfasst. Die Eheleute hatten sich darin gegenseitig als Alleinerben und eine Nichte der Ehefrau als Schlusserbin eingesetzt. Ausdrücklich wurde festgehalten, der überlebende Partner habe das Recht, diese Erbeinsetzung zu ändern. Der seit 2015 an Parkinson erkrankte Senior lebte im eigenen Haus und wurde nach dem Tod der Ehefrau von einem ambulanten Pflegedienst und von einem Nachbarn unterstützt.

2020 benützte W die Rückseite eines Café-Speiseplans, um handschriftlich ein neues Testament zu verfassen. Darin bestimmte er den Nachbarn zum Alleinerben. Das Papier war ungewöhnlich, doch das Schriftstück war korrekt mit Ort, Datum und Unterschrift versehen und trug die Überschrift "Mein Testament". Als Herr W 2021 starb, beantragten der Nachbar und die Nichte einen Alleinerbschein: Sie zweifelte das zweite Testament an und bestritt zudem, dass der Erblasser 2020 noch "testierfähig" war.

Das Kammergericht Berlin wies die Einwände der Nichte zurück (6 W 48/22). Der Erblasser habe zwar die für eine Parkinson-Erkrankung typischen Probleme mit der Feinmotorik gehabt. Da er aber noch selbst Einkaufslisten und andere kurze Texte geschrieben habe, stehe aufgrund des Schriftbildes fest, dass das Schriftstück von Herrn W stammte. Und nichts spreche dafür, dass es nur als Entwurf gedacht sein könnte: Inhaltliche Gestaltung und Ausdrucksform belegten eine mit Testierwillen verfasste Erklärung.

W habe außerdem Monate später einen Zusatz angebracht, der die Verfügung bestätigte. Er habe diese nochmals unterschrieben und das Schriftstück einem Anwalt übergeben, der es zur Verwahrung beim Nachlassgericht gebracht habe. Allein die "unorthodoxe" Wahl des Papiers für ein Testament belege nicht, dass es an Testierwillen fehle — wenn es dafür keine weiteren Anhaltspunkte gebe.

Nach Aussagen seiner Ärzte hätten sich bei W auch noch keine Indizien für eine Parkinson-Demenz gezeigt, die die freie Willensbildung eingeschränkt haben könnte. Sie trete meist erst in einem späteren Stadium der Krankheit auf. Die vom Erblasser getroffene Verfügung sei obendrein plausibel und nachvollziehbar.

Pflegepersonen und Ärzte hätten betont, wie sehr der alte Herr die Hilfe des Nachbarn zu schätzen wusste. Er habe unbedingt im eigenen Haus bleiben und so selbständig wie möglich leben wollen. Offenbar habe ihn dabei der Nachbar so nachhaltig unterstützt, dass W diese im Alltag für ihn so wichtige Bezugsperson habe belohnen wollen.

Trennungsunterhalt gekürzt

Ist die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit, muss sich die Ehefrau um einen Ganztagsjob bemühen

Nach über 20 Jahren Ehe trennte sich ein Paar im Frühjahr 2017. Von drei Söhnen waren zwei schon erwachsen, der jüngste damals elf Jahre alt. Nach dem Ablauf des Trennungsjahres beantragte der gutverdienende Ehemann 2018 die Scheidung. Das Verfahren dauert immer noch an, weil um den Zugewinn gestritten wird. 2020 setzte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm den Trennungsunterhalt für die Ehefrau auf 1.999 Euro im Monat fest.

Ein Jahr später beantragte der Ehemann nach einem Jobwechsel, den Trennungsunterhalt zu streichen: Er verdiene jetzt entschieden weniger. Seine Frau arbeite nur Teilzeit. Dabei könnte sie längst mehr verdienen als nur 1.200 Euro, Sie bemühe sich aber nicht um einen Vollzeitjob, obwohl der jüngste Sohn inzwischen nicht mehr betreut werden müsse.

Die Ehefrau wandte ein, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als 150 Stunden im Monat arbeiten könne. Sie sei aufgrund einer Herzschwäche nicht belastbar und schon nach der Teilzeitarbeit völlig erschöpft.

Diese Behauptung hätte sie mit einem ärztlichen Attest belegen müssen, hielt ihr das OLG Hamm vor: Da so ein Nachweis nicht vorliege, sei von voller Erwerbspflicht auszugehen (5 UF 44/22). Das Paar lebe mittlerweile vier Jahre getrennt: Nun sei die Frau verpflichtet, sich demnächst finanziell auf eigene Füße zu stellen.

Anfangs würden beim Trennungsunterhalt die Dauer der Ehe und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehepartner berücksichtigt: Dies solle den Partnern eine Versöhnung erleichtern. Wenn aber, so wie hier, die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit sei, werde dies nicht mehr so großzügig gehandhabt.

Ab 2022 bis zur Scheidung werde der Trennungsunterhalt auf 1.160 Euro herabgesetzt. Gestrichen werde er nicht, da der Mann immer noch überdurchschnittlich verdiene. Der neue Betrag richte sich nach seinem reduzierten Gehalt und nach dem (fiktiven) Gehalt, das die Ehefrau mit ihrer Ausbildung erzielen könnte, wenn sie ganztags arbeiten würde.

Interpretationsbedürftiges Testament

"Dies gilt für den Fall, dass ich nicht aus meinem Urlaub zurückkomme"

Vor einer Urlaubsfahrt im Jahr 1998 hatte Frau D handschriftlich ein Testament verfasst, das sie so einleitete: "Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte lege ich hiermit meinen letzten Willen fest. Dies gilt für den Fall, dass ich nicht aus meinem Urlaub zurückkomme." Dann folgten die einzelnen Regelungen. Frau D unterschrieb das Testament vor einem weiteren Urlaub im Jahr 2000 noch einmal.

Nach ihrem Tod im Jahr 2021 stritten die Erben darüber, ob das Testament nur für den Fall gelten sollte, dass die Erblasserin nicht aus dem Urlaub zurückkommt — oder auch unabhängig davon. Das Landgericht Hagen sah keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regelungen im Testament nur für den kurzfristigen Zeitraum des Urlaubs gedacht waren (4 O 265/22).

Die Urlaubsreisen seien offenkundig nur der Anlass gewesen, ein Testament zu verfassen, so das Landgericht. Einen Zusammenhang mit einem bestimmten Todeszeitpunkt lasse der Inhalt der Regelungen dagegen nicht erkennen. Nichts spreche dafür, dass die Erblasserin die Erbfolge ausschließlich für den Fall eines Todes im Urlaub habe regeln wollen und sich für den Fall eines Todes zuhause eine andere Erbfolge vorgestellt hätte. Außerdem habe sie das Testament nach der Rückkehr aus dem Urlaub nicht geändert, auch nach ihrer letzten Reise nicht.

Sorgerecht für nichtehelichen Vater

Warten auf eine Entscheidung aus Karlsruhe

Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hat nur die Mutter das Sorgerecht für ihr nichtehelich geborenes Kind. Entsprechend hat ein Amtsgericht den Antrag abgelehnt, mit dem der Vater und die Mutter das gemeinsame Sorgerecht für ihre zwei Kinder begehrten. Dagegen legten die Eltern Beschwerde ein: Sie lebten seit acht Jahren in einer "stabilen Beziehung" zusammen, und es sei daher nicht gerechtfertigt, sie anders als verheiratete Eltern zu behandeln, denen das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder zustehe.

Das Landgericht Lüneburg teilte die Argumentation des ledigen Paares (5 T 74/94). Die unverheirateten Eltern lebten mit ihren Kindern zusammen, beide seien bereit und in der Lage, die elterliche Verantwortung zu übernehmen, und dies entspreche auch dem Kindeswohl. Damit seien die Voraussetzungen für ein gemeinsames Sorgerecht gegeben. Dem stehe allein der Gesetzeswortlaut entgegen. In diesen Fällen habe das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden, dem die Akten nunmehr vorgelegt würden. Bis dahin werde das Verfahren ausgesetzt.

P.S.: Viele solcher Anträge führten dazu, dass letztlich das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufforderte, das Gesetz zum Sorgerecht unverheirateter Paare zu ändern. Was auch geschah. Heute heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch: "Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen." (§ 1626a)

Senior holte sich Ehefrau von den Philippinen

Sie verschwieg dem Mann ihre zwei Kinder: Grund genug für eine Aufhebung der Ehe?

Ein 75 Jahre alter Deutscher suchte im Frühjahr 2017 im Internet nach einer Ehefrau aus dem "asiatischen Raum" und nahm im Mai mit einer Interessentin von den Philippinen per Video Kontakt auf. Die Dame hatte zwei Kinder — eines noch minderjährig —, die bei ihr lebten. Davon erzählte sie dem vermögenden Senior allerdings nichts. In Hongkong wurde 15 Monate später ohne Ehevertrag geheiratet. Das Paar hatte sich vorher nie persönlich getroffen.

Erst im September 2020 reiste die Ehefrau nach Deutschland. Vorher gestand sie dem Mann, dass sie Kinder hatte. Mit denen wolle er nichts zu tun haben, lautete die Antwort: Und nach Deutschland dürfe sie die Kinder auf keinen Fall mitnehmen. So reiste sie allein. Besonders innig war die Beziehung also von vornherein nicht. Bereits im November 2021 beantragte der Ehemann bei Gericht, die Ehe aufzuheben — hilfsweise beantragte er die Scheidung.

Der Mann berief sich auf eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch: Demnach kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn ein Partner durch arglistige Täuschung zur Heirat bewogen wurde. Und zwar durch Täuschung über Tatsachen, bei deren Kenntnis er oder sie die Ehe nicht geschlossen hätte. Durch eine Aufhebung hätte die philippinische Ehefrau ihren Erbanspruch verloren. Das Amtsgericht wies den Antrag des Ehemannes ab, dagegen legte er Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe sah zumindest die Voraussetzungen für eine Scheidung als erfüllt an: Das Paar lebe seit über einem Jahr getrennt (5 UF 102/22). Grundsätzlich könne das Verschweigen eines minderjährigen Kindes auch eine Aufhebung der Ehe begründen, erklärte das OLG: Kinder brächten schließlich Pflichten mit sich (Unterhalt etc.). Partner müssten daher die Existenz minderjähriger Kinder vor der Heirat ungefragt offenbaren.

Ob im konkreten Fall die Ehefrau den Ehemann arglistig getäuscht habe, sei aber nicht eindeutig belegt. Das Amtsgericht müsse hier nochmals Beweis erheben. Zweifelhaft sei auch, ob die zweite Bedingung für eine Eheaufhebung erfüllt sei: Es müsste nämlich auch sicher feststehen, dass der Ehemann die Frau im Wissen um die Kinder nicht geheiratet hätte.

Daran beständen Zweifel, weil der Senior keinen Ehevertrag vereinbart habe. Das deute darauf hin, dass die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Ehe für ihn keine besondere Rolle spielten. Ein Ehevertrag wäre angesichts des Erbanspruchs einer Ehefrau für seine Kinder aus erster Ehe wirtschaftlich von großer Bedeutung gewesen. Ohne Ehevertrag erbten sie weniger. Das sei dem Mann offenbar egal gewesen. Wenn die zweite Ehefrau Kinder in die Ehe mitbringe, wirke sich das auf die Verteilung des Erbes überhaupt nicht aus.

Kreditvertrag des Partners mit-unterschrieben

Sittenwidrig: Die Bank wusste, dass die Frau damit finanziell überfordert war

Die 20-jährige Verkäuferin arbeitete in einer Bäckerei und verdiente etwa 1.300 Euro netto im Monat. Um ihrem damaligen Freund einen Gefallen zu tun, unterschrieb auch sie seinen Kreditvertrag mit einer Bank. Er wolle ein Auto kaufen, hatte er ihr erklärt. Tatsächlich wollte der Freund mit dem Geld aber vor allem alte Kredite "umschichten": Der Darlehensvertrag lautete auf rund 90.000 Euro, wofür er monatlich eine Rate von ca. 1.000 Euro zu zahlen hatte.

Zwei Jahre später war der Mann dazu nicht mehr in der Lage. Deshalb kündigte die Bank den Kreditvertrag. Da er den restlichen Betrag von 50.000 Euro erst recht nicht zurückzahlen konnte, verklagte die Bank seine (mittlerweile Ex-) Freundin auf Zahlung. Das Landgericht Osnabrück gab der Bank sogar Recht. Doch das Oberlandesgericht Oldenburg bewahrte die Verkäuferin vor dem Ruin (8 U 172/22).

Die Frau habe nicht selbst Kredit aufgenommen, sondern nur eine Mithaftung übernommen. Derartige Konstellationen seien zwar rechtlich möglich. Im konkreten Fall sei aber der krass einseitig belastende Vertrag nichtig: Er sei sittenwidrig, weil er die Frau offensichtlich finanziell überforderte. Sie müsse daher trotz ihrer Unterschrift nicht für die hohen Schulden ihres ehemaligen Partners haften.

Der Bankmitarbeiter habe beim Vertragsschluss gewusst, wie sehr die junge Frau an ihrem Freund hing und wie viel sie verdiente, genauer gesagt: wie wenig. Dass sie sich mit dem Kreditvertrag dem Freund zuliebe total übernommen habe, sei klar gewesen. Es widerspreche dem Anstandsgefühl, wenn Banken so eine Situation ausnutzten. Noch dazu habe die Verkäuferin nicht einmal geahnt, wie prekär ihre Unterschrift war: Denn sie habe geglaubt, es gehe nur um 7.500 Euro für ein Auto.

Eineiige Zwillinge als mögliche Väter

Streit um Kindesunterhalt: Gericht kommt mit Blutgruppengutachten nicht weiter

Wenn es Streit darüber gibt, wer als Vater eines nichtehelichen Kindes Unterhalt zu zahlen hat, helfen Blutuntersuchungen bei den möglichen Vätern normalerweise weiter. Auf diese Weise kann die Vaterschaft mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ermittelt werden. Diese Methode versagt jedoch, wenn eineiige Zwillinge als Väter in Frage kommen.

Ein Mann wehrte sich dagegen, als Vater in Anspruch genommen zu werden. Er verwies darauf, dass sein Zwillingsbruder ebenfalls mit der Mutter des Kindes "Sex gehabt" habe. Das Oberlandesgericht Hamm erklärte die Blutuntersuchung deshalb hier für untauglich: Demnach könnten beide Männer mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit Vater sein (29 U 200/93).

Die Vaterschaft eines Zwillingsbruders könne aber durch Beweisaufnahme festgestellt werden: Ausgehend von ihren Aussagen, wann die Brüder jeweils mit der Mutter zusammen waren, müsse man vom Geburtsdatum zurückrechnen. Unterhalt für das Kind müsse dann der Zwillingsbruder zahlen, an dessen Vaterschaft keine schwerwiegenden Zweifel beständen.

Kein Ordnungsgeld für Mutter

Der Umgang des Vaters mit dem Kind war undurchführbar ungenau geregelt

Das siebenjährige Kind getrenntlebender Eltern wohnt bei der Mutter. Den Umgang mit dem Vater hatte das Amtsgericht im Sommer 2022 folgendermaßen geregelt: "… alle 14 Tage von Freitag nach der Schule bis Montag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit dem 16.09. bis 19.09.2022 sowie an jedem Mittwoch einer Woche nach der Schule bis Donnerstag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit dem 14.09./15.09.2022."

Die Schule startete aber erst am Montag, dem 19. September. Das nahm die Mutter als Anlass, dem Vater den Kontakt mit dem Kind von Freitag, 16.9., bis zum Sonntag, 18.9., zu verweigern: Die Daten seien nicht eindeutig genug festgelegt, so ihre Begründung. Außerdem sei vereinbart gewesen, dass das Kind das Einschulungswochenende bei der Mutter verbringen sollte.

Dem habe er nicht zugestimmt, konterte der Vater des Kindes und beantragte beim Amtsgericht, gegen die Ex-Partnerin Ordnungsgeld festzusetzen. Dagegen legte die Frau Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ersparte ihr die 300 Euro Geldbuße (5 WF 29/23). Umgangsregelungen müssten so konkret gefasst sein, dass für die Beteiligten ganz klar sei, welche Pflichten sie erfüllen müssten, betonte das OLG.

Art, Ort und Zeit des Umgangs mit dem Kind müssten exakt feststehen. Dem werde die Regelung des Amtsgerichts nicht gerecht, genauer gesagt: Sie sei überhaupt nicht zu erfüllen. An Schultagen sei klar, dass der Vater das Kind von der Schule abholen solle. Aber für Tage ohne Schulbesuch fehle jede Regelung. Wenn kein Schulbesuch stattfinde, welcher Zeitpunkt sei dann mit "nach der Schule" gemeint?

An welchem Ort die Mutter an solchen Tagen das Kind dem Vater übergeben solle, sei ebenfalls unklar. Angesichts dessen sei es nicht gerechtfertigt, gegen sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Umgangsregelung zu verhängen. Das wäre unverhältnismäßig — auch wenn die Frau offenbar die Umgangsregelung, dass das Kind das ganze Wochenende beim Vater verbringen sollte, sehr eigenwillig in ihrem Sinne (um-)interpretiert habe.

Testament beim Nachlassgericht nicht aufzufinden

Die von der Mutter als Alleinerbin eingesetzte Tochter bekam trotzdem einen Erbschein

Eine Witwe verfasste 2017 handschriftlich ein Testament, in dem sie Frau A, eine ihrer Töchter, als Alleinerbin einsetzte. Die zweite Tochter, Frau B — die sie seit Jahren nicht gesehen hatte — sollte von der Erbfolge ausgeschlossen sein und eine Abfindung von 5.000 Euro erhalten. Von einer Rechtsanwältin, die wegen eines Hausübergabevertrags bei ihr war, ließ sich die Witwe auch bei der Formulierung des Testaments beraten.

Das Schriftstück steckte sie in einen kleinen Briefumschlag, den sie zusammen mit einem Anschreiben für das Nachlassgericht in einen größeren Umschlag schob. Diesen Umschlag warf der Lebensgefährte von Tochter A in den Briefkasten des Amtsgerichts. Bei der Nachlassabteilung des Gerichts kam jedoch nur das Anschreiben, nicht das Testament an. Das fiel erst auf, als die Witwe Anfang 2021 starb und Frau A einen Erbschein als Alleinerbin beantragte.

Diesem Antrag widersprach ihre Schwester und bestritt, dass das Testament verloren gegangen sein könnte. Die Erblasserin habe es vielmehr zerstört, um es zu widerrufen. Doch das Amtsgericht Hameln befragte die Rechtsanwältin und andere Zeugen zum Inhalt des Testaments und kam zu dem Schluss, dass Tochter A der Erbschein trotz der fehlenden Testamentsurkunde zustand (18 VI 135/21).

Das Gericht hielt es aufgrund der Zeugenaussagen für bewiesen, dass die Erblasserin ein formwirksames Testament verfasst und nicht widerrufen hatte: Sie habe Frau A als Alleinerbin eingesetzt, das stehe fest. Deren Lebensgefährte habe das Testament zum Amtsgericht zur Aufbewahrung gebracht. Da die Nachlassabteilung jedoch nur das Anschreiben gefunden habe, sei zu vermuten, dass das Testament beim Öffnen der Post im großen Umschlag geblieben und versehentlich zusammen mit ihm entsorgt worden sei.

Frau B habe ihre Behauptung, die Mutter habe das zugunsten von A verfasste Testament später widerrufen, nicht einmal ansatzweise belegen können. Sie habe nicht einmal Umstände benennen können, die einen Widerruf nahelegten, geschweige denn ein anderslautendes Testament vorgelegt. Seit 2013 habe sie zur Erblasserin keinen Kontakt mehr gehabt.

Weniger Gehalt, um Trennungsunterhalt zu sparen?

Ehefrau wirft dem Mann vor, den Jobwechsel absichtlich herbeigeführt zu haben

Nach über 20 Jahren Ehe hatte sich ein Paar 2017 getrennt, das Scheidungsverfahren zog sich lange hin. Einstweilen verpflichtete das Amtsgericht den Dachdeckermeister (Gehalt: 5.886 Euro netto) dazu, für die halbtags berufstätige Frau 1.999 Euro Trennungsunterhalt zu zahlen. Anfang 2021 wechselte er den Arbeitgeber und verdiente danach deutlich weniger: 3.300 Euro netto im Monat.

Deshalb beantragte der Ehemann bei Gericht, den Trennungsunterhalt zu streichen oder zumindest herabzusetzen: Entscheidend seien die aktuellen Einkommensverhältnisse.

Dagegen wehrte sich die Frau: Ihr Ehemaliger habe seinen guten Job nicht "schicksalhaft verloren", wie er behaupte, sondern die Kündigung provoziert, indem er einen Geschäftsführer der GmbH massiv beleidigte. Er habe sich den Arbeitsplatzverlust selbst zuzuschreiben. Wenn ein Unterhaltspflichtiger seine verringerte Zahlungsfähigkeit selbst verschuldet habe, könne er sich darauf nicht berufen: Das niedrigere Gehalt sei beim Unterhalt nicht zu berücksichtigen.

Die Vorwürfe fand das Oberlandesgericht Hamm unbegründet (5 UF 44/22). Die E-GmbH habe das Arbeitsverhältnis beendet und es sei nicht festzustellen, dass der Dachdecker die Kündigung — und das damit verknüpfte geringere Einkommen — durch Fehlverhalten mutwillig herbeigeführt hätte. Bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer seien unterschiedliche Vorstellungen zur Firmenführung formuliert worden. Mit "klaren Worten", habe der Dachdecker eingeräumt.

Sachliche Differenzen in Sachen Geschäftsführung belegten jedoch nicht, dass sich der Ehemann der familiären Unterhaltspflicht entziehen wollte. Wenn man seine Erwerbsbiographie, Qualifikation und sein Alter in Rechnung stelle, entspreche sein aktuelles Gehalt dem auf dem Markt objektiv erzielbaren Gehalt. Dass er sich für diese Anstellung entschieden habe, sei ihm daher nicht vorzuwerfen, auch wenn das für die Ehefrau finanzielle Nachteile bedeute.

Allerdings sei die großzügige Abfindung (51.910 Euro netto) des früheren Arbeitgebers zum Einkommen zu rechnen — damit müsse der Dachdeckermeister sein jetzt verringertes Einkommen aufstocken, verteilt auf einen längeren Zeitraum von vier Jahren. Das sei angemessen, da der Mann auch für den jüngsten Sohn noch bis 2025 Unterhalt zu zahlen habe. Die wirtschaftlichen Nachteile, die Frau und Sohn durch den Arbeitsplatzwechsel des Ehemannes hinnehmen müssten, würden so ausreichend abgemildert.

Eigentumswohnung der Mutter überlassen

Nach deren Tod wurde die Wohnung verkauft: Ist der Verkaufserlös zu versteuern?

Ein Ehepaar hatte 2009 eine Eigentumswohnung erworben, die es kostenlos der Mutter der Ehefrau zur Verfügung stellte. Als die Mutter 2016 starb, verkauften die Eigentümer die Wohnung. Dass das Finanzamt für den Gewinn aus dem Verkauf Steuern festsetzte, fanden sie rechtswidrig. Die Steuerzahler klagten gegen den Einkommensteuerbescheid.

Ihr Argument: Wenn selbst genutzte Immobilien verkauft würden, sei das Geschäft grundsätzlich steuerfrei. Das gelte auch dann, wenn Kinder der Steuerzahler eine Immobilie bewohnt hätten. Zwischen Kindern und anderen unterhaltsberechtigten Personen zu unterscheiden, sei widersprüchlich. Außerdem habe die Ehefrau die Mutter so oft besucht, dass man durchaus von "Eigennutzung" sprechen könne.

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied den Streit im Sinne der Steuerbehörde (14 K 1525/19 E, F). Im konkreten Fall sei nicht von selbst genutztem Wohnraum auszugehen. Dass sich die Ehefrau besuchsweise dort aufgehalten habe, reiche nicht aus, um "Selbstnutzung" zu bejahen. Das gelte auch für häufige Besuche … Dass im Unterschied dazu von "selbst genutztem Wohnraum" ausgegangen werde, wenn Eigentümer unterhaltsberechtigten Kindern eine Immobilie überlassen, sei sachlich gerechtfertigt.

Die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern beinhalte auch Ausgaben für Wohnraum. Eltern seien verpflichtet, Kindern Wohnraum zur Verfügung zu stellen: Aufgrund dieser Pflicht werde das Überlassen einer Immobilie an Kinder als "Selbstnutzung" bewertet. Entsprechend seien Aufwendungen für unterhaltsberechtigte Kinder auch bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen, Aufwendungen für andere Personen dagegen nicht.

Umgangsrecht mit dem "gemeinsamen" Hund

"Beziehungs-Aus": Landgericht plädiert für ein Wechselmodell wie bei Scheidungskindern

Herr A und Herr B, die früher ein Paar waren, hatten sich während ihrer Beziehung einen Labradorrüden zugelegt. Nach der Trennung blieb der Hund bei Herrn A, doch Ex-Partner B wollte sich ebenfalls um das Tier kümmern. Von A verlangte er, ihm regelmäßigen Umgang mit dem Hund zu ermöglichen, mindestens im Zwei-Wochen-Rhythmus.

Sein ehemaliger Lebensgefährte wollte ihm diesen Wunsch nicht erfüllen. Begründung: Für Rudeltiere wie Hunde sei es besser, nur von einem der Partner betreut zu werden. Hunde bräuchten — ähnlich wie im Rudel — eine Hauptbezugsperson. Deshalb sei ihm das Tier allein zuzuweisen.

Das Landgericht Frankenthal konnte Herr A mit dieser Argumentation nicht überzeugen (2 S 149/22). Da die ehemaligen Partner den Hund gemeinsam angeschafft hätten, stehe B das Recht auf Umgang mit dem Tier zu, erklärte das Landgericht. Miteigentümer eines Hundes könnten voneinander verlangen, einer "Benutzungsregelung" zuzustimmen.

Hier müsse man nicht zwingend zwischen den beiden Miteigentümern eine "Entweder-oder-Entscheidung" treffen. Die von B geforderte Lösung sei absolut interessengerecht: Die Miteigentümer sollten sich abwechselnd jeweils zwei Wochen lang um den Hund kümmern. Dass so ein "Wechselmodell" das Wohl des Tieres gefährden könnte, sei nicht ersichtlich.

Ehefrau versuchte, ihren Mann mit Insektengift umzubringen

Dass die Giftmenge dafür nicht ausgereicht hätte, rechtfertigt keine Strafmilderung

Eine Frau sprühte ihrem Ehemann das Insektengift "Detmol" auf das Vesperbrot, um ihn zu töten. Dieser spuckte jedoch wegen des bitteren Geschmacks schon den ersten Bissen wieder aus.

Ein Sachverständiger stellte fest, dass auch die in der gesamten Spraydose enthaltene Giftmenge bei weitem nicht tödlich gewesen wäre. Aus diesem Grund wertete das Landgericht die Tat zwar als Mordversuch, milderte die Strafe jedoch ab. Begründung: Die Frau habe "aus grobem Unverstand" verkannt, dass die Giftmenge nicht tödlich sein konnte.

Dieses Urteil hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Bestand (1 StR 846/94). Aus "grobem Unverstand" handle nur, wer von einem allgemein bekannten Ursachenzusammenhang völlig abwegige Vorstellungen habe. Bei ihrem Mordversuch habe sich die Ehefrau aber nicht grundsätzlich geirrt: Insektengift sei durchaus geeignet, Menschen zu töten. Sie habe sich nur über die erforderliche Dosis getäuscht. Darin liege aber keine Verkennung des Kausalzusammenhangs, so dass die dafür vorgesehene Strafmilderung hier nicht in Betracht komme. Das Landgericht müsse noch einmal über das Strafmaß entscheiden.

Ehemann katholisch, Ehefrau evangelisch

Finanzamt muss getrennte Kirchensteuerbescheide erlassen

In Deutschland sind die staatlichen Finanzbehörden dafür zuständig, die Kirchensteuer festzusetzen und einzutreiben. Das gilt jedenfalls für die beiden großen christlichen Konfessionen. Ein katholischer Ehemann war jedoch nicht damit einverstanden, dass das Finanzamt in einem Bescheid die Kirchensteuer seiner evangelischen Frau festsetzte, der an beide Eheleute gerichtet war.

Der Bundesfinanzhof gab dem Mann Recht (I R 132/93). Eine Kirche könne nur von ihren eigenen Mitgliedern Steuern erheben. Wenn Ehepartner verschiedenen Konfessionen angehörten, dürfe der Bescheid zur evangelischen Kirchensteuer daher nur an den evangelischen Glaubensangehörigen adressiert werden. Der Steuerbescheid sei unwirksam, soweit er sich an den Ehemann wende.

Zweijähriger startete Auto

Die Mutter ging kurz weg und ließ die Autoschlüssel liegen: Aufsichtspflichtverletzung

Großmutter, Mutter und Kind hatten an einer Familienfeier teilgenommen. Als sie zu Ende ging, brachte die Mutter den zweieinhalbjährigen Jungen schon mal ins Auto. Sie setzte ihn in den Kindersitz auf dem Beifahrersitz, ohne ihn anzuschnallen. Den Autoschlüssel legte die Frau aufs Armaturenbrett und ging kurz zurück ins Haus, um etwas zu holen. Das Kleinkind krabbelte vom Kindersitz, nahm den Autoschlüssel und startete den Wagen.

Das Auto schnellte ruckartig nach vorne und traf die Großmutter, die etwa eineinhalb Meter entfernt auf einer Bank saß. An beiden Kniegelenken schwer verletzt, musste die Großmutter lange im Krankenhaus behandelt werden. Ihre Krankenkasse kam für die Behandlungskosten auf und forderte den Betrag anschließend von der Mutter des Jungen zurück: Sie habe ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Gegen den Vorwurf wehrte sich die Mutter: Sie sei nur ein oder zwei Minuten weg gewesen und habe die Autotüren weit offengelassen. Dass das Kind in der kurzen Zeit so eine komplexe Handlung ausführen könnte, damit habe sie nicht rechnen müssen. Doch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg gab der Krankenkasse Recht: Kleinkinder müsse man ununterbrochen beaufsichtigen (14 U 212/22).

Die Mutter habe das Kind allein im Auto sitzen lassen und die Schlüssel dort abgelegt: Damit habe sie eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen. Der Vorgang sei keineswegs so außergewöhnlich, wie die Mutter meine, betonte das OLG: Kleine Kinder ahmten prinzipiell gerne die Erwachsenen nach. Dass sie auch gerne mit Schlüsseln spielten und versuchten, sie in Schlösser zu stecken, zeige die Erfahrung.

Dass der Junge dies mit dem Autoschlüssel und dem Zündschloss versuchen könnte, liege also keinesfalls jenseits des "Vorstellbaren". Die Mutter hätte das Kleinkind im Kindersitz anschnallen und die Schlüssel mitnehmen müssen. Sie hätte auch jemanden darum bitten können, kurz auf den Jungen aufzupassen. Da sie ihre Aufsichtspflicht verletzt habe, hafte sie für den dadurch entstandenen Schaden.

Kinder brachten ihre demente Mutter ins Heim

Der Vater enterbte deshalb die Kinder und entzog ihnen den Pflichtteil

2015 war die Mutter bereits dement, trotzdem plante der Vater mit ihr eine USA-Reise. Die drei Kinder des Ehepaares sahen die Gesundheit der Mutter bedroht, zumal sich der nierenkranke Vater nicht einmal zuhause richtig um sie kümmern konnte. Aus diesem Grund holten sie ihre Mutter aus der Ehewohnung, als der Vater abwesend war. Sie hatte den Kindern schon Jahre zuvor eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.

Gegen den Protest des Vaters erwirkten die Kinder beim Amtsgericht den Beschluss, die Mutter in einem Seniorenzentrum unterzubringen. Er behauptete, sie hätten die Unterschrift auf der Vollmacht gefälscht, um sich das Vermögen zu sichern.

Über die "Entführung" war der alte Herr so wütend, dass er die Kinder in einem Testament von 2016 enterbte und ihnen "wegen groben Undanks" den Pflichtteil entzog. Gegen die Einweisung seiner Frau ins Heim klagte er erfolglos. Im Gegenzug beantragten die Kinder bei Gericht, für ihn einen Betreuer zu bestellen.

Nachdem das Amtsgericht festgestellt hatte, dass die Vorsorgevollmacht der Mutter nicht "manipuliert" worden sei, entspannte sich die Lage ein wenig: Der Vater erteilte einem Sohn die Vollmacht, ihn bei der Verwaltung seines Gewerbegrundstücks zu vertreten. Nach dem Tod des Vaters beantragten die Kinder beim Amtsgericht einen Erbschein nach der gesetzlichen Erbfolge. Da mittlerweile auch die Mutter gestorben war, hätten sie das Vermögen zu drei gleichen Teilen geerbt.

Der Vater habe ihnen schließlich verziehen, so das Argument der Kinder, ansonsten hätte er dem Ältesten keine Vollmacht erteilt. Damit sei nicht nur der Entzug des Pflichtteils unwirksam geworden, sondern auch die Enterbung. Sie habe dem Willen des Erblassers jetzt nicht mehr entsprochen. Dem widersprachen das Amtsgericht und das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (11 W 94/21 (Wx)).

Dass der Erblasser den Kindern den Pflichtteil entzogen habe, sei durch die "Verzeihung" unwirksam geworden (§ 2337 BGB). Das beziehe sich aber nicht automatisch auf die Enterbung. Ein entsprechender Wille des Vaters sei nicht festzustellen — von vollständiger Versöhnung könne hier nicht die Rede sein, so das OLG. Auch nachdem feststand, dass der Vorwurf der Fälschung nicht zutraf, habe der Vater weiter gegen die Heimunterbringung prozessiert.

Deshalb könne man nicht davon ausgehen, dass der Vater von der Enterbung abgesehen hätte, wenn er 2016 schon gewusst hätte, dass die Vorsorgevollmacht korrekt zustande gekommen war. Denn der eigentliche Grund für diesen Schritt sei seine Wut darüber gewesen, dass die Kinder den Wegzug der Mutter aus der Ehewohnung organisiert hätten. Nach der gesetzlichen Erbfolge stehe das Vermögen daher den Enkeln zu.

Offenkundig unwirksames Testament

Wer mit so einer "Urkunde" einen Alleinerbschein beantragt, ist "erbunwürdig" und geht leer aus

Eine Witwe hinterließ drei Kinder. Als ihr Ehemann noch lebte, hatte sie mit ihm zusammen ein gültiges Testament verfasst. Demnach sollten die Kinder erst nach dem Tod beider Elternteile zu gleichen Teilen erben. Tochter A gelang es offenbar Jahre später, die bereits schwer erkrankte Frau zu einer Änderung zu überreden. Da die Mutter nicht mehr gut schreiben konnte, schrieb sie ihr den Testamentstext selbst auf.

Nach dem Tod der Mutter reichte die Tochter beim Nachlassgericht ein Schreiben ein, in dem sie zur alleinigen Erbin des Hauses mitsamt Inventar bestimmt wurde. Es war mit "Testament" überschrieben und von der Mutter unterschrieben. Allerdings handelte es sich um den von Tochter A geschriebenen Entwurf.

Sie habe die Mutter darauf hingewiesen, dass sie den Text selbst noch abschreiben und unterschreiben müsse, erklärte A. Später habe ihr die Mutter das Testament in einem verschlossenen Umschlag ausgehändigt. Deshalb habe sie nicht bemerkt, dass die Mutter ihrem Rat nicht gefolgt sei. Die Mutter habe den Text aber gebilligt und unterschrieben. Daher beantrage sie hiermit einen Alleinerbschein.

Dagegen legte ihre Schwester B Widerspruch ein: Der Text des Einzeltestaments stamme — anders als das gemeinschaftlich verfasste Testament der Eltern — eindeutig nicht aus der Mutter Hand, sondern sei von Schwester A geschrieben. Damit sei dieses Testament offenkundig unwirksam, was A auch wisse.

So sah es auch das Landgericht Kassel: Es verweigerte A nicht nur den Alleinerbschein, sondern erklärte sie für erbunwürdig (6 O 542/22). Ein Testament sei nur wirksam, wenn es vom Erblasser/von der Erblasserin eigenhändig geschrieben sei. A habe gewusst, dass ihr Entwurf kein wirksames Testament war. Trotzdem habe sie versucht, damit einen Alleinerbschein zu bekommen. Sie habe ein ungültiges Testament beurkunden lassen wollen. Dieses Vorgehen erfülle den Tatbestand der "mittelbaren Falschbeurkundung". Infolge dessen stehe A nicht einmal mehr der Pflichtteil zu.

Kameraassistentin erhält Elterngeld

Zeiten der Arbeitslosigkeit zwischen befristeten Projekten zählen bei der Berechnung des Elterngeldes nicht!

Frau M arbeitet als Kameraassistentin für Filmproduktionen — immer nur befristet auf die Dauer des jeweiligen Filmprojekts. Zwischen den Produktionen meldete sie sich jeweils arbeitslos. In so einer Zwischenphase wurde festgestellt, dass Frau M schwanger war. Ihrem körperlich anstrengenden Beruf konnte sie während der Schwangerschaft nicht nachgehen.

Nach der Geburt des Kindes beantragte und erhielt die Kameraassistentin Elterngeld. Dessen Höhe hängt prinzipiell vom Einkommen in den zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat des Kindes ab.

Bei Frau M berücksichtigte der zuständige Landkreis nur ihr Einkommen in den sieben Monaten, in denen sie berufstätig war. Während der fünf Monate, in denen sie arbeitslos gemeldet war, ging die Behörde von "Null Euro"-Einkommen aus — weshalb Frau M insgesamt weniger Elterngeld zugesprochen bekam.

Dagegen klagte die junge Mutter: Zeiten der Arbeitslosigkeit dürften bei der Berechnung des Elterngeldes keine Rolle spielen. Der dafür maßgebliche Zeitraum von zwölf Monaten müsse entsprechend verschoben werden. Wenn sie, um ihr Kind zu schützen, länger nicht gearbeitet habe, dürfe man sie dafür nicht mit Abzug beim Elterngeld bestrafen.

Der Gesetzgeber habe abschließend geregelt, unter welchen Umständen der Bemessungszeitraum bei der Berechnung des Elterngelds verschoben werden könne, erklärte das Bundessozialgericht (B 10 EG 1/22 R). Der Mutter mehr Elterngeld zu gewähren, als ihr — gemäß den Einkünften im Bemessungszeitraum — rechnerisch zustehe, komme nur in einem genau definierten Ausnahmefall in Betracht.

Das sei ausschließlich dann der Fall, wenn dem geringeren Einkommen eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung zugrunde liege. Monate der Arbeitslosigkeit vor der Geburt des Kindes würden dagegen bei der Berechnung nicht berücksichtigt, auch wenn sich daraus Einkommenseinbußen ergeben. Dieses wirtschaftliche Risiko müssten Eltern selbst tragen.