Freizeit & Sport

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Auf der Suche nach Schwarzhörern

Wer eine Antennensteckdose in der Wohnung hat, muss Auskunft geben, ob er Radio hört

Rundfunkgebühren zu zahlen, ist für Rundfunkhörer und Fernsehzuschauer Pflicht. Personen, die keine Gebühren zahlen, müssen sich gegenüber der Landesrundfunkanstalt rechtfertigen, wenn "tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen", dass sie ein Radio oder einen Fernseher besitzen. Ein Wohnungseigentümer klagte gegen diesen Auskunftsanspruch der Rundfunkanstalt.

Die Klage verschaffte dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Gelegenheit, näher zu beleuchten, welche Anhaltspunkte vorliegen müssen, um Nachforschungen bei Betroffenen einzuleiten (10 S 489/94). Es sei statistisch belegt, dass fast alle Haushalte in der Bundesrepublik über Empfangsgeräte verfügten, aber nur 90 Prozent Gebühren zahlten.

Allein mit dieser Tatsache ließen sich Nachfragen bei den übrigen 10 Prozent der Haushalte allerdings nicht rechtfertigen. Hinzukommen müssten vielmehr Anhaltspunkte, die sich auf die jeweils in Anspruch genommene Person bezögen. Ein Anhaltspunkt seien z.B. Bild- oder Tonsignale aus der betreffenden Wohnung. Die Lebenserfahrung spreche auch dafür, dass Personen, deren Wohnung über Antennensteckdosen verfüge, auch entsprechende Empfangsgeräte besäßen.

Im vorliegenden Fall müsse der Wohnungseigentümer daher der Rundfunkanstalt die verlangte Auskunft erteilen.

Corona-Test vor dem Training

Die Corona-Schutzvorschriften rechtfertigten es nicht, einen Fitnessstudio-Vertrag zu kündigen

Im Frühjahr 2021 hatte Frau D mit der Inhaberin eines Fitnessstudios einen Vertrag abgeschlossen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 18 Monaten mit Beginn am 1. Juli, das monatliche Entgelt betrug 74 Euro. Im Juli begann Frau D mit dem Training. Doch schon nach einem Monat überlegte es sich die Kundin anders und kündigte. Ab August zahlte sie keinen Mitgliedsbeitrag mehr, obwohl sie mehrmals abgemahnt wurde.

Ihre Kündigung begründete Frau D im folgenden Rechtsstreit mit den Corona-Vorschriften: Sie habe sich aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen nicht gegen Corona impfen lassen können. Deshalb habe sie den Vertrag außerordentlich kündigen dürfen.

Die Studioinhaberin hielt die Kündigung für unwirksam und forderte von Frau D die Zahlung der Mitgliedsbeiträge: Die Kundin hätte jederzeit im Studio trainieren können, wenn sie sich an die staatlichen Auflagen gehalten hätte. Wer sich nicht impfen lassen wollte, habe sich testen lassen können.

Das Amtsgericht München gab der Studioinhaberin Recht (161 C 2028/22). Die Kundin müsse die ausstehenden Beiträge (insgesamt 1.184 Euro) zahlen. Auch für Kunden, die sich nicht impfen lassen konnten oder wollten, habe während der Pandemie kein außerordentliches Kündigungsrecht bestanden, so das Amtsgericht.

Frau D hätte nämlich auch ohne Corona-Impfung trainieren können. Corona-Tests durchzuführen, um das Studio nutzen zu können, sei für die Kunden während der Pandemie durchaus zumutbar gewesen. Das Fitnessstudio habe im fraglichen Zeitraum allen Kunden offen gestanden, die bereit waren, die Corona-Schutzvorschriften einzuhalten.

"Der einzige Tierarzt, der mit dem Endoskop operiert"

Auch für Tiermediziner gilt das ärztliche Werbeverbot

Ein Hamburger Tierarzt wurde in der Presse in einem ganzseitigen Bildbericht mit seinem Namen und seiner Adresse vorgestellt als "der einzige Tierarzt der Welt, der Hunde und Katzen mit dem Endoskop operiert" (einem Instrument zur Besichtigung des Körperinneren). Damit handelte er sich ein Urteil ein, das ihm die Mitarbeit an solchen Publikationen untersagte.

Das sei Reklame gewesen, stellte das Oberlandesgericht Hamburg fest und warf dem Tierarzt unlauteren Wettbewerb vor (3 U 54/94). Andere Tierärzte, die sich in gebotener Weise bei der Werbung zurückhielten, würden in ihrem beruflichen Fortkommen gehindert, wenn man derartige Artikel zuließe. Das Standesrecht verbiete daher zu Recht jegliche Werbung. Auch wenn das Wettbewerbsrecht in diesem Punkt etwas liberalisiert worden sei: Das Verhalten des Tiermediziners sei zu missbilligen. Hier gehe es nicht um einen Bagatellfall, vielmehr seien die Interessen der Allgemeinheit ernsthaft betroffen.

Drogenkrieg am Urlaubsort

Lebensgefahr ist nicht auszuschließen: Reiseveranstalter-Kunde darf eine Mexikoreise kostenlos stornieren

Im Sommer 2021 hatte Herr V eine Pauschalreise nach Cancun in Mexiko gebucht: Im Februar 2022 wollte er dem deutschen Winter entfliehen. Doch im Herbst 2021 spitzten sich in Mexiko die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Drogenbanden wieder einmal zu. Im Oktober starben zwei Touristen bei einer Schießerei in Tulum, im November zwei Menschen bei einem Schusswechsel an einem Hotelstrand nahe Cancun. Im Dezember schossen Bandenmitglieder in einem Hotel in Cancun um sich.

Danach entschloss sich Herr V, die Reise zu stornieren. Das Auswärtige Amt habe allen deutschen Touristen geraten, in dieser Gegend von Mexiko die Hotelanlagen nicht zu verlassen. So wolle er keinen Urlaub machen, erklärte V, und selbst in den Hotels sei man offenkundig seines Lebens nicht mehr sicher.

Der Reiseveranstalter akzeptierte die Kündigung, forderte aber vom Kunden Stornogebühr. Herr V ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen und zahlte nicht.

Zu Recht, entschied das Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt (3 C 223/22). Der Kunde habe aufgrund außergewöhnlicher Umstände am Urlaubsort kostenlos stornieren dürfen. Zwar sei im Sommer 2021, als Herr V die Pauschalreise gebucht habe, schon allgemein bekannt gewesen, dass in Mexiko regelmäßig Drogenbanden aufeinander losgingen. Bisher habe sich jedoch der Drogenkrieg noch nie in gut besuchten touristischen Gebieten abgespielt.

Plötzlich erschien die Sicherheitslage in diesem Gebiet prekär oder zumindest völlig unklar: Die Schießereien in Tulum und Cancum seien außergewöhnlich und nicht vorhersehbar gewesen. Nach dem Tod mehrerer Touristen habe Herr V durchaus davon ausgehen dürfen, dass er am Urlaubsort in Gefahr geraten könnte und zumindest die Reise erheblich beeinträchtigt sein werde. Unter solchen Umständen sei es unzumutbar, eine Reise anzutreten.

Reiseveranstalter änderte die Fluggesellschaft

Das stellt keinen Reisemangel dar, der Kunden zum Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt

Herr M hatte bei einem Reiseveranstalter eine einwöchige Pauschalreise nach Griechenland gebucht. Den Flug von Düsseldorf an den Urlaubsort sollte Fluggesellschaft T ausführen. Die Passagiere hatten am Düsseldorfer Flughafen bereits eingecheckt, als man sie darüber informierte, dass der Flug aus technischen Gründen von einer anderen, erst 2020 gegründeten Airline durchgeführt werde. Auf der Stelle erklärte deshalb Herr M den Rücktritt vom Reisevertrag: Ob dieses Unternehmen sicher sei, wisse er nicht.

Vom Reiseveranstalter verlangte M den Reisepreis zurück und zusätzlich Schadenersatz: Bei der Buchung habe er wegen der Flugsicherheit großen Wert auf eine renommierte Fluggesellschaft gelegt. Nur bei bewährten Unternehmen sei außerdem ein guter Bordservice gewährleistet und komfortable Sitzplätze, die er aufgrund seiner Rückenprobleme unbedingt benötige. Durch die extrem kurzfristige Änderung habe er das Ersatzunternehmen nicht überprüfen können.

Auch das Ersatzunternehmen sei vom Luftfahrt-Bundesamt zugelassen und führe europaweit einwandfreie Flüge durch, wandte der Reiseveranstalter ein. Der Flug nach Griechenland sei pünktlich und problemlos angekommen. Da es mit der ursprünglich vorgesehenen Maschine Probleme gegeben habe, habe er als Reiseveranstalter eine andere Gesellschaft beauftragen müssen, um die Passagiere pünktlich zu befördern. Das stelle keinen Reisemangel dar.

Wenn überhaupt, dann sei es jedenfalls kein erheblicher Mangel, der eine Kündigung des Reisevertrags rechtfertigen würde, entschied das Amtsgericht Hannover (540 C 8858/22). Die wesentliche Reiseleistung des Veranstalters bestehe darin, am Urlaubsort das Hotel und All-inclusive-Verpflegung anzubieten. Ein möglicherweise nicht optimal komfortabler Flug beeinträchtige eine Urlaubsreise von einer Woche allenfalls geringfügig.

Anhaltspunkte für Sicherheitsmängel bei Flügen der Ersatz-Fluggesellschaft habe Herr M nicht vorgetragen. Es gebe auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass kleine oder neu gegründete Fluggesellschaften unzuverlässiger oder unsicherer seien als ältere oder größere.

Dass M die Reise nach dem Check-In abgebrochen habe, habe er - ohne objektive Anhaltspunkte - nur mit der abstrakten Sorge begründet, die neue Airline könnte ihm eventuell nicht den gewohnten Komfort und die erwartete Sicherheit bieten. Dass hier konkret eine Beeinträchtigung der Reise drohte, sei nicht zu erkennen.

Kampfflugzeug erschreckt Dressurpferd

Hengst stürzt in der Box: BRD haftet zu 80 Prozent für die Folgen eines Tornado-Tiefflugs

Der Überflug eines Tornado-Kampfflugzeugs wurde im Januar 2020 einem Dressurhengst zum Verhängnis, der auf einem niedersächsischen Reiterhof in seiner Pferdebox stand. Das Pferd geriet durch den plötzlichen Fluglärm so in Panik, dass es in der Box wild um sich schlug, stürzte und ein Beckentrauma erlitt. Die Verletzung war derart schwerwiegend, dass der Hengst dauerhaft reituntauglich blieb.

Die Reiterin forderte von der Bundesrepublik Deutschland als Flugzeughalterin und Dienstherrin des Piloten Schadenersatz. Das Landgericht Verden ging von einem Minderwert des Pferdes von 30.000 Euro aus und verurteilte die Bundesrepublik dazu, 80 Prozent des Schadens auszugleichen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle wies die Forderung der Reiterin nach einer günstigeren Haftungsquote zurück (14 U 114/22).

Das Landgericht habe ihren Anspruch um 20 Prozent gemindert, so das OLG, weil das für Tiere typische, unberechenbare Verhalten des Pferdes zu dem Unfall beigetragen habe. Vom Fluglärm abgesehen, sei niemand sonst am Unfall beteiligt gewesen. Das Pferd habe den Lärm nicht "einordnen" können, obwohl in dem Gebiet öfter Tiefflüge durchgeführt werden. Durch das Geräusch total erschreckt, habe sich der Hengst unkontrolliert in der Box bewegt und so selbst den Sturz mit-ausgelöst. Zusätzlich habe sich das Eigengewicht des Pferdes ausgewirkt und die Sturzfolgen verschlimmert.

Mit dem Ausgleich von 80 Prozent des Wertverlustes sei der Tiefflug als Unfallursache angemessen berücksichtigt. Ein Mitverschulden des Piloten durch einen zu niedrigen und damit besonders lauten Überflug sei nicht bewiesen. Allein der Umstand, dass der Tornado (nach den Radardaten der Bundeswehr) ca. 20 Meter tiefer geflogen sei als angemeldet, begründe nicht den Vorwurf fahrlässigen Verschuldens. Das sei bei derartigen Flugmanövern im "Messtoleranzrahmen".

Dass die Reiterin den Hengst eineinhalb Jahre später aufgrund von Koliken einschläfern lassen musste, hänge nicht mit dem Unfall zusammen. Und auch ihre Entscheidung, das Pferd weiterhin zu halten, obwohl schon kurz nach dem Sturz feststand, dass es irreversibel lahmte, könne sie nicht der Bundesrepublik anlasten.

Fluggäste müssen "Aperol Spritz" selbst zahlen

Airlines sind bei einer Flugverspätung nicht verpflichtet, alkoholische Getränke zu finanzieren

Ein Ehepaar flog von Hannover über London nach Miami in den USA. Schon der Hinflug kam mit einer Verspätung von über drei Stunden an. Der Rückflug wurde annulliert und die Fluggäste ersatzweise über Madrid nach Hamburg geflogen. Dort stiegen die Urlauber in die Bahn um und erreichten Hannover mit viereinhalb Stunden Verspätung.

Von der Fluggesellschaft forderte das Paar eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung und Kostenersatz für die Verpflegung bei den Zwischenaufenthalten in Madrid und London — unter anderem hatten sich die Reisenden in London zwei "Aperol Spritz" genehmigt. Beim Amtsgericht Hannover hatte die Klage der Fluggäste überwiegend Erfolg (513 C 8538/22).

Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssten Airlines im Falle einer Flugannullierung oder einer erheblichen Verspätung den Passagieren "Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit" anbieten. Im konkreten Fall habe sich die Fluggesellschaft nicht darum gekümmert. Daher hätten sich die Passagiere am Flughafen auf Kosten des Unternehmens selbst Verpflegung besorgen dürfen. Deren Kosten müsse die Fluggesellschaft ersetzen.

Mit Ausnahme der Kosten für die beiden "Aperol Spritz" allerdings: Alkoholische Getränke seien keine "Erfrischungen", betonte das Amtsgericht. Wenn in der EU-Fluggastrechteverordnung von "Erfrischung" die Rede sei, schließe dies alkoholische Getränke aus. Denn die bewirkten in der Regel das Gegenteil einer Erfrischung. Alkoholfreies Bier könne vielleicht als Erfrischung "durchgehen", "Aperol Spritz" müsse die Fluggesellschaft aber nicht finanzieren.

Den Namen der Ex-Frau als Internet-Domain benutzt

Der Mann betrieb unter ihrem Namen eine Webseite und veröffentlichte Fotos von ihr

Schon seit 2014 ist ein ehemaliges Paar geschieden, doch noch immer scheint der Ex-Ehemann auf Rachefeldzug zu sein. Immer wieder einmal beschimpfte er seine Verflossene öffentlich als "vollkommen dumm", "Lügnerin" und "Betrügerin". Dann verfiel der Mann auf die Idee, ihren Namen als Internet-Domain zu verwenden — so dass Internetnutzer den Eindruck bekommen mussten, die Frau betreibe die Webseite selbst.

Hier berichtete er in der Ich-Form auf wenig schmeichelhafte Weise über ihre Rolle als Mutter und in der zerrütteten Ehe. Dazu veröffentlichte der Mann ein Foto, das die Frau von hinten zeigte — nur mit einem Tanga bekleidet. Kommentar zum Bild: "Man zeigt seinen Kindern den Arsch". Vergeblich forderte ihn die Frau auf, das Foto zu entfernen und die Internetseite freizugeben. Der Übeltäter war der Ansicht, keinerlei Rechte verletzt zu haben.

Schließlich zog die Frau vor Gericht, um ihre Forderungen und eine Entschädigung durchzusetzen. Beim Landgericht Coburg hatte die Klage überwiegend Erfolg (12 O 68/21). Der Mann dürfe den Namen seiner Ex-Frau nicht als Internet-Domain verwenden und er müsse die Internetseite freigeben, entschied das Landgericht. Unter einem fremden Namen eine Domain registrieren zu lassen und im Netz zu verwenden, verletze das Namensrecht.

So habe der Mann absichtlich den falschen Eindruck erweckt, seine geschiedene Frau betreibe diese Internetseite selbst und publiziere geschmacklose Fotos. Zwar sei ihr Gesicht auf dem Bild nicht zu sehen, sondern nur ihr Rücken und ihr mit Tangaunterwäsche bekleidetes Gesäß. Doch ergebe sich ein klarer Bezug zu ihrer Person aus dem Domainnamen und aus dem Begleittext zum Bild. Dadurch habe der Mann das Recht seiner früheren Ehefrau am eigenen Bild verletzt.

Eine Entschädigung blieb der Frau allerdings verwehrt. So massiv sei die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts nicht gewesen, dass dies mit Geld aufgewogen werden müsse, fand das Landgericht. Schließlich gehe es hier nicht um ein Nacktfoto des Intimbereichs. Vergleichbare Bilder seien heutzutage auch in wöchentlich erscheinenden Werbeprospekten nichts Ungewöhnliches mehr.

Hund des Nachbarn attackiert Kater

Die Katzenbesitzerin verletzt sich beim Versuch, die Tiere zu trennen: Schmerzensgeld?

Im Winter räumten zwei Nachbarn gleichzeitig Schnee von ihren Grundstücken. Während Hauseigentümerin A und Hauseigentümer B Schnee schippten, schlich sich der Hütehund des Herrn B in den Garten von Frau A. Dort stürzte er sich auf den fauchenden Kater der Hauseigentümerin und wollte ihn packen. Sofort ging Frau A mit einem Besen dazwischen. Es gelang ihr auch, die Tiere zu trennen.

Dabei rutschte Frau A jedoch auf einer Eisschicht aus, die sich unter dem Neuschnee gebildet hatte. Sie verletzte sich an den Händen und am Kniegelenk. Dafür sollte sie der Hundehalter entschädigen. Der wies dieses Ansinnen allerdings weit von sich.

Sein Hund habe die Verletzungen von Frau A nicht verursacht, er sei ja nicht auf sie losgegangen, sondern auf den Kater, erklärte der Nachbar. Gesehen habe er nur, dass der Hund Schläge bekommen habe, gab Herr B vor Gericht zu Protokoll: Alles Weitere habe sich hinter der Hecke abgespielt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt sprach der Katzenbesitzerin Schmerzensgeld zu (4 U 249/21). Tierhalter hafteten nicht nur für Verletzungen, die ihr Tier direkt verursache. Vielmehr gelte die Tierhalterhaftung auch in Fällen wie diesem: wenn also eine Person bei einer Tierattacke helfend eingreife und dabei verletzt werde. B müsse als Halter des Hütehundes — unabhängig von eigenem Verschulden — für die Verletzungen von Frau A geradestehen.

Dass Frau A den Hütehund grundlos geschlagen haben könnte, habe nicht einmal der Hundehalter behauptet, so das OLG. Sie kenne den Hund des Nachbarn schon lange und habe oft mit ihm gespielt. Frau A habe nur ihrem Kater zu Hilfe eilen wollen, als der Hund ihn angriff. Dass eine Katzenbesitzerin so reagiere, sei durchaus naheliegend — auch wenn es angesichts der Wetterbedingungen vielleicht objektiv nicht sehr schlau gewesen sei, auf die Tiere zuzuspringen.

(Da noch Belege zu der Art der Verletzungen fehlten, hat das OLG über die Höhe des Schmerzensgelds noch nicht entschieden.)

Reise wegen Krankheit storniert

Kunde hatte den Flug mit Bonusmeilen bezahlt: Reiserücktrittskostenversicherung muss deren Wert ersetzen

Bei einer Fluggesellschaft hatte ein Kunde einen Hin- und Rückflug in die USA gebucht und mit Bonusmeilen aus dem Bonusprogramm des Unternehmens bezahlt. Einige Wochen später erkrankte er und musste die Amerikareise stornieren. Für die Stornogebühr sollte seine Reiserücktrittskostenversicherung aufkommen, die jedoch die Zahlung verweigerte: Da der Versicherungsnehmer die Reise mit Bonusmeilen finanziert habe, stehe ihm keine Entschädigung für die Rücktrittskosten zu.

Zunächst verlor der Mann den Rechtsstreit, erst beim Bundesgerichtshof (BGH) setzte er sich durch (IV ZR 112/22). Der Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers sei nicht auf Geldleistungen beschränkt, entschied der BGH: Das widerspräche erstens dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen, wie ihn ein durchschnittlich informierter Versicherungsnehmer auffasse. Und zweitens dem Sinn und Zweck der Versicherung.

Im Versicherungsvertrag stehe: Wenn der Versicherungsnehmer die Reise nicht antreten könne, entschädige ihn die Versicherung für die dem Reiseunternehmen vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten. Der Begriff "Rücktrittskosten" umfasse alle Aufwendungen, die Kunden einsetzten, um die Reise zu finanzieren und die sie nach der Stornierung vom Reiseunternehmen nicht erstattet bekämen. Dazu gehörten auch eingesetzte Bonusmeilen.

So würden jedenfalls verständige Verbraucher die Vertragsklausel interpretieren. Von einer Einschränkung auf Geld oder Gutscheine sei hier nicht die Rede.

Diese Auslegung entspreche auch dem Sinn und Zweck der Versicherung. Eine Reiserücktrittskostenversicherung decke das finanzielle Risiko ab, dass Verbraucher eine gebuchte Reise krankheitsbedingt nicht antreten könnten und stornieren müssten. Viele buchten ihre Reisen schon Wochen oder sogar Monate vor Reisebeginn — daher sei es sinnvoll, sich auf diese Weise abzusichern. Dabei spiele es für die Verbraucher aber keine Rolle, ob sie die Reise mit Geld oder mit Bonusmeilen finanzierten.

Reiserücktritt wegen Corona-Quarantäne

Wer trotz grassierender Pandemie eine Reise bucht, kann nicht wegen der Pandemie kündigen

Ein Münchner hatte im August 2021 für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn bei einem Reiseveranstalter Urlaub auf Gran Canaria gebucht. Die einwöchige Reise zum Gesamtpreis von 3.456 Euro sollte im Januar 2022 stattfinden. Doch am ersten Weihnachtsfeiertag 2021 gab das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für die kanarischen Inseln heraus und stufte sie als Hochrisikogebiet ein. Infolgedessen hätte die Familie nach der Rückkehr in Quarantäne gehen müssen.

Aus diesem Grund stornierte der Familienvater am 29.12.2021 die Reise und forderte vom Veranstalter den Reisepreis zurück. Wegen der behördlichen Reisewarnung könne er kostenlos vom Reisevertrag zurücktreten, meinte der Kunde. Wenn der Reiseveranstalter behaupte, solange die Corona-Pandemie mit ihren ständig schwankenden Infektionszahlen andauere, sei die Durchführung von Reisen "stets in der Schwebe", hätte er die Reise nicht anbieten sollen.

Dagegen pochte der Reiseveranstalter auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Bei einer Stornierung wenige Tage vor Reisebeginn berechne er Stornokosten in Höhe von 85 Prozent des Reisepreises (2.937 Euro). Dieser Betrag stehe dem Reiseunternehmen zu, entschied das Amtsgericht München (159 C 2718/22). Denn als der Kunde die Gran-Canaria-Reise buchte, habe er die mit der Corona-Pandemie verbundenen Risiken gekannt und bewusst in Kauf genommen.

Im August 2021 habe die Pandemie schon fast eineinhalb Jahre gedauert — mit stets auf die aktuelle Infektionslage angepassten staatlichen Auflagen und Einschränkungen. Unter diesen Umständen seien Reisende nicht mehr uneingeschränkt schutzbedürftig. Vielmehr habe der Kunde schon bei der Buchung damit rechnen müssen, dass die Reise möglicherweise durch pandemiebedingte Einschränkungen beeinträchtigt werden würde.

Die Behörden hätten in dieser Zeit ständig — je nach Infektionslage — bestimmte Länder und Inseln als Risikogebiete, Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete eingestuft und wieder zurückgestuft. Gran Canaria sei da nur eines von vielen Beispielen.

Die daraus folgende Quarantänepflicht hätte außerdem erst am Heimatort und nicht am Urlaubsort gegolten. Daher sei schon fraglich, ob diese Pflicht überhaupt noch als Beeinträchtigung der Reise zu bewerten sei. Auf jeden Fall habe der Kunde des Reiseveranstalters dieses Risiko einkalkulieren müssen.

Flug annulliert

Airline wollte zuerst Passagiere eines zuvor wetterbedingt ausgefallenen Flugs befördern: Entschädigung?

Für den 11.2.2020 hatte Herr X einen Flug von München über Abu Dhabi nach Phuket gebucht. Doch die Fluggesellschaft annullierte den ersten Teilflug. Sie wollte zuerst Passagiere nach Abu Dhabi fliegen, die sie am Vortag nicht hatte befördern können: Am 10.2. war der Flug nach Abu Dhabi ausgefallen, weil Sturmtief "Sabine" über München wütete und einen Start unmöglich machte.

Den Passagieren des am 11.2. annullierten Flugs bot die Airline einen Ersatzflug an, mit dem Herr X Phuket erreichte, allerdings mit 24 Stunden Verspätung. Dafür verlangte er vom Unternehmen 600 Euro Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung.

Dagegen pochte die Fluggesellschaft auf "außergewöhnliche Umstände": Am 10.2. sei ihr wegen des Sturms nichts anderes übriggeblieben, als den Flug nach Abu Dhabi zu "canceln". Und die Maschine, mit der Herr X am 11.2. nach Abu Dhabi hätte fliegen sollen, habe am 10.2. — auf dem Rückflug von Abu Dhabi nach München — statt in München erst einmal in Mailand landen müssen.

Doch das Amtsgericht Erding sah hier keine "außergewöhnlichen, für das Flugunternehmen nicht beherrschbaren Umstände" (113 C 4971/21). Die Maschine, die wegen des Sturms am Vortag in Mailand habe landen müssen, sei am 11.2. um 9.55 Uhr in München angekommen. Die Fluggesellschaft hätte also den Flug nach Abu Dhabi durchaus noch pünktlich durchführen können.

Diesen Flug habe das Unternehmen nicht wegen widriger Wetterbedingungen annulliert, sondern um die am Vortag gestrandeten Fluggäste zuerst an ihr Ziel zu bringen. Das sei eine freie unternehmerische Entscheidung und somit Bestandteil ihres normalen Geschäfts. Von "höherer Gewalt", der die Fluggesellschaft quasi ausgeliefert gewesen sei und die die planmäßige Durchführung des Flugs unmöglich gemacht habe, könne hier keine Rede sein. Das Unternehmen schulde Herrn X daher 600 Euro Ausgleich für die Flugverspätung.

Insolvente Airline führte Flüge durch

Passagiere können in so einem Fall keinen Ausgleich für eine Flugverspätung verlangen

Im April 2019 hatte Herr B bei einer Airline einen Flug auf die Seychellen gebucht und bezahlt: Der Hinflug sollte am 3.1.2020 in Frankfurt starten, der Rückflug erst am 4.4.2020 erfolgen. Doch im Dezember 2019 musste die Fluggesellschaft bei Gericht Insolvenz anmelden. Aus Kulanz führte sie trotzdem noch einige Flüge durch — für Passagiere, die ihre Tickets bereits bezahlt hatten.

Der Hinflug fand wegen eines technischen Defekts erst am 4.1.2020 statt. Im März führte die Airline im Auftrag des Auswärtigen Amts wegen der Corona-Pandemie Rückholflüge durch, die Herr B jedoch nicht wahrnehmen wollte. Sein Rückflug wurde einige Male umgebucht und wieder abgesagt. Schließlich organisierte B selbst einen anderen Flug für den 1. August.

Von der Fluggesellschaft forderte er Ausgleichszahlung für den verspäteten Hinflug, Rückzahlung des halben Ticketpreises für den Rückflug und Schadenersatz für Hotelkosten: Zwischen dem 4.4. und dem 1.8. habe er auf der Insel für ein Hotelzimmer 4.000 Euro ausgeben müssen.

Im konkreten Fall stehe dem Kunden aufgrund der Insolvenz keine Entschädigung gemäß EU-Fluggastverordnung zu, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (13 U 280/21).

Wenn einmal über das Vermögen des Flugunternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet sei, hätten die Fluggäste keinen Anspruch mehr darauf, dass gebuchte Flüge durchgeführt werden. Das gelte auch für B, dessen Flüge erst für 2020 gebucht waren, also nach dem Insolvenzantrag. Dass die Airline aus Kulanz und um ihren guten Ruf zu wahren, trotzdem 2020 noch einige Passagiere beförderte, sei ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt, betonte das OLG.

Daher sei dieser Transport als unentgeltlich bzw. kostenlos anzusehen. Gemäß EU-Fluggastrechte-Verordnung gelte die Verordnung nicht für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisten, der nicht für jedermann verfügbar sei. Solche Fluggäste, somit auch Herr B, seien von der Verordnung ausgenommen. Auf deren Bestimmungen könne sich B also nicht berufen, um Schadenersatz und Ausgleichszahlung zu erhalten.

Das OLG hat die Revision gegen sein Urteil zum BGH zugelassen: Die Frage, ob eine aus Kulanz gewährte Beförderung eines insolventen Flugunternehmens als kostenlos im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung anzusehen sei, müsse vom obersten Zivilgericht endgültig entschieden werden.

Beim Schnorchelausflug ins Wasser gefallen

Rutscht eine Urlauberin auf einem nassen Bootsrand aus, haftet dafür nicht der Reiseveranstalter

Zum Schnäppchenpreis von 12.604 Euro gönnte sich Ehepaar S vom 18.1. bis 9.2.2020 eine Pauschalreise auf die Insel Mauritius. Als im Hotelzimmer eine Flasche Rum zerbrach, ärgerten sich die Urlauber darüber, dass das Zimmer vom Hotelpersonal nicht sofort gereinigt wurde. Dann wurde Frau S von einer Wespe gestochen. Ihr Gatte entdeckte ein Wespennest in einem Baum neben der Terrasse der Hotelbar. Es wurde vom Hotelpersonal entfernt.

Dann aber kam es noch schlimmer: Bei einem Schnorchelausflug startete das Boot am hoteleigenen Strand, der Guide war beim Einsteigen behilflich. Nach dem Ausflug legte das Boot rückwärts am Strand an und der Guide sprang in den Sand. Frau S wollte ohne seine Hilfe seitlich aussteigen. Sie rutschte auf dem Bootsrand aus, fiel ins etwa 30 Zentimeter tiefe Wasser und verletzte sich an der Hand, mit der sie sich am Grund abstützen wollte.

Die Eheleute beanstandeten schon im Hotel diese "Reisemängel" und verlangten später vom Reiseveranstalter Rückzahlung des Reisepreises und 6.000 Euro Schmerzensgeld. Das Landgericht Köln konnte jedoch keine Reisemängel erkennen und wies die Klage ab (32 O 334/20). Eine eventuell verspätete Zimmerreinigung nach dem Bruch einer Flasche sei höchstens eine kleine Unannehmlichkeit, die den Erholungswert der Reise nicht beeinträchtige.

Dass Frau S einen Wespenstich habe erleiden müssen, sei bedauerlich, stelle aber keinen Reisemangel dar. Dabei habe sich nur das überall gegenwärtige, allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, dass man von Insekten gestochen werden könne. Ob die "schuldige" Wespe aus dem Nest neben der hoteleigenen Brasserie stammte, stehe ohnehin nicht fest. Und auch der Unfall von Frau S am Ende der Schnorchel-Tour sei nicht dem Reiseveranstalter zuzurechnen.

Bei sportlichen Aktivitäten auf dem Wasser gehe es nass zu, das sei schon aufgrund der Bewegungen des Bootes naheliegend. Obendrein kämen die Passagiere nach dem Schnorcheln nass wieder zurück aufs Boot. Auf einem nassen Bootsrand auszurutschen, gehöre zum privaten Unfallrisiko. Diese Gefahr habe nicht nur der Bootsführer gekannt, sondern sei auch für alle Ausflügler leicht erkennbar gewesen. Darauf hätten sich alle Urlauber einstellen können. Vernünftig wäre es gewesen, Frau S hätte sich auch beim Aussteigen helfen lassen.

Flugverspätung: Flieger musste enteist werden

Ist das im Winter in Minneapolis immer notwendig, liegt kein "außergewöhnlicher Umstand" vor

Herr W hatte für den 5. Dezember 2021 einen Flug von Minneapolis in den USA über Amsterdam nach Düsseldorf gebucht. In Düsseldorf kam der Passagier mit einer Verspätung von fast vier Stunden an. Am Startflughafen war das Flugzeug vor dem Start enteist worden. Es startete verspätet, dadurch verpasste Herr W in Amsterdam seinen Anschlussflug.

Vom Flugunternehmen forderte er deshalb eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung (600 Euro für einen Langstreckenflug). Die stehe ihm wegen der Verspätung von über drei Stunden zu.

Die Fluggesellschaft sah das anders: Hier hätten "außergewöhnliche Umstände" vorgelegen, die sie von der Pflicht befreiten, die Passagiere zu entschädigen. Es habe eben bei der notwendigen Enteisung der Maschine Verzögerungen auf dem Flughafen gegeben.

Das Amtsgericht Düsseldorf entschied den Streit zu Gunsten des Fluggastes (37 C 119/22). Fluggesellschaften seien für die Sicherheit ihrer Maschinen verantwortlich und damit auch für die Enteisung im Winter. Organisationsfehler des Flughafens Minneapolis wären daher der Fluggesellschaft zuzurechnen. Ob die Verspätung tatsächlich auf langsame Abläufe an der Enteisungsanlage zurückzuführen sei, könne hier aber offen bleiben.

Auf "außergewöhnliche Umstände" könne sich die Airline schon deshalb nicht berufen, weil sie die Enteisungszeit im Flugplan nicht berücksichtigt habe. Dabei sei eine Enteisung — nach ihrem eigenen Vortrag — bei winterlichen Starts am Flughafen von Minneapolis immer erforderlich, weil es dort regelmäßig schneie. Das dauere 30 bis 90 Minuten und müsse mit den Passagieren an Bord direkt vor dem Start durchgeführt werden.

Wenn ein Vorgang vor dem Abflug regelmäßig und zwingend durchgeführt werden müsse und dies im Durchschnitt 60 Minuten dauere, müsse das Flugunternehmen diese Zeit im Flugplan einkalkulieren. Eine so verursachte Verspätung sei jedenfalls nicht als "außergewöhnlicher Umstand" anzusehen, für den die Airline nicht verantwortlich sei.

Tierschutzverein stellt Zuchtbetrieb an den Pranger

Wer Unternehmer der Tierquälerei beschuldigt, muss ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben

Ein Tierschutzverein berichtete auf seinem Online-Presseportal über "Tierquälerei", "schockierende Zustände" und "tierschutzwidrige Nottötungen" in einem Kaninchenzuchtbetrieb. In dem Bericht wurden der Firmenname, der Standort des Betriebs und die gezüchtete Kaninchenrasse genannt. Vor der Publikation des Berichts hatten die Autoren die Gesellschafter des Zuchtbetriebs nicht angehört oder mit den Vorwürfen konfrontiert.

Die Kaninchenzüchter erreichten beim Landgericht ein vorläufiges Verbot: Solange die Vorwürfe nicht bewiesen seien, dürften der Tierschutzverein und dessen Vorsitzender über den Zuchtbetrieb nicht in einer Weise berichten, die es erlaube, den Betrieb zu identifizieren. Gegen das Verbot wehrte sich der Verein. Die Kaninchenzüchter müssten schon wegen des großen öffentlichen Interesses am Tierschutz wahrheitsgemäße Berichterstattung hinnehmen, argumentierten die Tierschützer.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart pochte jedoch auf die journalistische Sorgfaltspflicht (4 U 144/22). Daran müsse sich auch der Tierschutzverein halten, der für sich das Grundrecht der Pressefreiheit in Anspruch nehme — zumal der Vereinsvorsitzende selbst Journalist sei. Beim Hauptvorwurf der tierschutzwidrigen Tötung gehe es nicht um einen sicher feststehenden Sachverhalt, betonte das OLG, sondern um den bloßen Verdacht, dass eine Straftat vorliegen könnte.

Selbstverständlich gehöre es zu den Aufgaben der Medien, Fehlverhalten aufzuzeigen. Wenn es sich allerdings nur um einen Verdacht handle, müssten Journalisten besonders sorgsam vorgehen. Der Vorwurf einer Straftat wiege schwer und greife die persönliche Ehre der Beschuldigten an. Daher hätten die Tierschützer vor einer Veröffentlichung zumindest eine Stellungnahme der Unternehmer einholen müssen.

Wenn "Verdachtsberichterstattung" ermögliche, die Beschuldigten zu identifizieren, stelle dies einen rechtswidrigen Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar - wenn man ihnen nicht zugleich die Möglichkeit einräume, die Vorwürfe zu widerlegen. Das gelte auch für die Kritik an Unternehmen.

Kind vor der Kreuzfahrt Corona-positiv

Aufgrund einer nicht eindeutigen Vertragsklausel wurde die ganze Familie von der Reise ausgeschlossen

Für Oktober 2021 hatte ein Mann für sich und seine Familie eine Kreuzfahrt gebucht: von Kiel über Göteborg, Visby, Stockholm und retour. Kaum hatte die Familie vor dem Reisebeginn die Kabinen bezogen, fand ein Coronatest statt. Laut Reisevertrag durften Urlauber die Kreuzfahrt nur mit einem negativen Test antreten. Doch der Sohn wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Daraufhin musste die ganze Familie das Schiff verlassen.

So stand es in den Reisebedingungen: "Im Fall eines positiven Testergebnisses behält sich der Kreuzfahrt-Veranstalter das Recht vor, auch die Mitreisenden des positiv getesteten Gastes von der Kreuzfahrt auszuschließen."

Der Familienvater verklagte den Reiseveranstalter auf Rückzahlung des Reisepreises (7.180 Euro) und hatte damit beim Landgericht Rostock überwiegend Erfolg (1 O 51/22).

Zu Recht habe der Veranstalter das infizierte Kind nicht mitgenommen. Alle Reisenden auszuschließen, sei jedoch unzulässig gewesen, so das Landgericht: Denn die einschlägige Klausel im Reisevertrag sei intransparent und damit unwirksam. Richtig sei: Wenn eine Familie zusammen anreise, die auch zuhause "in häuslicher Gemeinschaft" lebe, bestehe das Risiko, dass die "Mitreisenden" eines Corona-positiven Gastes trotz eines negativen Tests infiziert seien.

Der Wortlaut der Klausel beziehe sich aber nicht nur auf Familien. Wenn ein Reisender für andere Personen eine Reise mit-buche, sage das nichts Zwingendes über den Kontakt vor dem Reiseantritt aus. Es sei gut möglich, dass sich eine Reisegruppe (oder ein Reisender und sein Mitreisender) erst an Bord treffe und vorher kein Kontakt, also auch keine Ansteckungsgefahr bestand. In so einem Fall wäre ein Ausschluss der Gruppe von der Reise wegen der Infektion einer Person offenkundig unangemessen.

Wenn eine Vertragsklausel nicht eindeutig formuliert sei, gingen Zweifel in Bezug auf ihre Interpretation zu Lasten des Reiseunternehmens. Der Kreuzfahrt-Veranstalter müsse daher den Reisepreis zurückzahlen — mit Ausnahme des Anteils für den infizierten Sohn, von dem wiederum ersparte Aufwendungen des Unternehmens abzuziehen seien.

Landung mit dem Tandem-Fallschirm missglückt

Anbieterin der Tandem-Sprünge schuldet dem verletzten Passagier Schmerzensgeld

Im Sommer 2018 hatte sich ein Mann den Traum vom Fliegen erfüllt und einen Tandem-Fallschirmsprung gebucht. Mit einem erfahrenen Fallschirmspringer war er vom Flugzeug des Unternehmens abgesprungen. Doch der Sprung endete wetterbedingt mit einem heftigen Aufprall bei der Landung, bei dem sich der Kunde schwer verletzte.

Gebrochene Wirbel machten eine umfangreiche Operation notwendig. Zurück blieben Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule, Schmerzen und Lähmungserscheinungen im linken Bein. Von der Anbieterin der Tandem-Sprünge forderte der Kunde Schmerzensgeld. Zu Recht, entschied das Landgericht Köln und sprach dem Mann 20.000 Euro zu, obwohl der Anbieterin und ihrem Personal kein Verschulden vorzuwerfen war (3 O 176/19).

Hier gehe es um einen Luftbeförderungsvertrag, so das Landgericht. Denn der Schwerpunkt der vertraglich vereinbarten Leistung bestehe im Transport mit dem Flugzeug bis zu einer Höhe, die für einen Fallschirmsprung ausreiche. Werde ein Fluggast durch einen Unfall an Bord oder beim Ein- oder Aussteigen verletzt, hafte das Flugunternehmen — unabhängig von eigenem Verschulden — gemäß Luftverkehrsgesetz für die Unfallfolgen.

Ein Luftbeförderungsvertrag ende üblicherweise dann, wenn sich der Fluggast wieder auf dem Boden befinde und "wieder auf eigenen Füßen stehe". Auch bei einem Tandempassagier sei das so: Er sei nicht mit einem Kursteilnehmer zu vergleichen, der Fallschirmspringen erlernen wolle und sich darauf gründlich vorbereite. Tandempassagiere seien Kunden ohne jede Erfahrung, die nach einer kurzen Einweisung mitfliegen und den Ablauf des Sprungs in keiner Weise beeinflussen könnten.

Außerplanmäßige Flugzeug-Inspektion erforderlich

Ist die Hälfte aller Maschinen betroffen, kann eine Airline Flugverspätungen nicht vermeiden

Im Oktober 2019 war ein Flug von Zürich nach Stuttgart mit Airbus A220 annulliert worden. Hintergrund: An diesem Tag war bei so einer Maschine der Fluggesellschaft das Triebwerk ausgefallen. Einige Wochen vorher hatte bereits die amerikanische Luftfahrtbehörde angeordnet, wegen technischer Probleme an den Triebwerken des Airbus A220 nach bestimmten Flugzyklen die Maschinen dieses Typs einer Inspektion zu unterziehen.

Passagiere, die den annullierten Flug nach Stuttgart gebucht hatten und mit einem Ersatzflug fast acht Stunden später dort landeten, verlangten vom Flugunternehmen eine Ausgleichszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung.

Die Fluggesellschaft lehnte die Zahlung ab: Das für die Sicherheit wesentliche technische Problem habe eine Vielzahl ihrer Maschinen betroffen. Daher habe sie den Flug annullieren müssen. Für so einen Fall könne kein Flugunternehmen genügend Ersatzmaschinen vorhalten.

So sah es auch der Bundesgerichtshof: Er wies die Klage auf Ausgleichszahlung ab (X ZR 117/21). Die Flugannullierung sei auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, die für die Fluggesellschaft nicht beherrschbar gewesen seien, so die Bundesrichter. Mit technischen Defekten einzelner Maschinen müssten Flugunternehmen immer rechnen, das gehöre zu ihrer normalen Tätigkeit.

Ein außergewöhnlicher und nicht beherrschbarer Umstand — der sie von der Pflicht befreie, die Passagiere zu entschädigen — könne aber vorliegen, wenn ein wesentlicher Teil der Flugzeugflotte betroffen sei. Und so liege der Fall hier. Am fraglichen Tag habe die Airline alle ihre Flugzeuge vom Typ Airbus A220 und damit rund die Hälfte ihrer Kurz- und Mittelstreckenmaschinen wegen des Triebwerkausfalls einer außerplanmäßigen Inspektion unterzogen.

Dies sei notwendig gewesen, um technische Defekte der Maschinen dieses Typs und damit ein hohes Risiko für Fluggäste auszuschließen. In so einem Fall müsse das Flugunternehmen Störungen des Flugbetriebs in Kauf nehmen: Sicherheit sei unter diesen Umständen wichtiger, als Verspätungen und Annullierungen von Flügen zu verhindern. Daher stehe den Passagieren keine Ausgleichszahlung zu.

Landwirt kämpft um Schießerlaubnis

Der Rinderzüchter und Jäger will seine Tiere "stressarm" selbst töten und schlachten

Ein Rinderhalter aus Niedersachsen beantragte bei der Waffenbehörde eine Schießerlaubnis, weil er die Tiere selbst mit Kugelschuss töten und schlachten wollte. Als Jäger hat er zwar sowieso Waffen und einen Waffenschein. Um seine eigenen Rinder auf der Weide erschießen zu dürfen, benötigt er aber laut Waffengesetz eine Extra-Genehmigung.

Die Waffenbehörde lehnte den Antrag ab und gab sich auch nach einem für den Jäger günstigen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht geschlagen: Da seien die Belange der öffentlichen Sicherheit nicht berücksichtigt worden, wandte die Behörde ein, z.B. die Gefahr von Querschlägern. Überhaupt sollten so "wenig Waffen wie möglich" im Volk unterwegs sein und ihr Gebrauch auf ein Mindestmaß begrenzt werden.

Gefahren für Dritte könne die Waffenbehörde mit genauen Auflagen für die Schussabgabe vorbeugen, erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg: Sie könne diese konkret vorgeben (11 LA 133/22). Hier gehe es nicht um das Anliegen des Gesetzgebers, den Waffengebrauch möglichst einzuschränken. Als Inhaber eines Jagdscheins besitze der Rinderhalter ohnehin ganz legal Schusswaffen und Munition. Es gebe keinen vernünftigen Grund, ihm die Schießerlaubnis zu verweigern.

Dass die Behörde abstreite, dass hier ein anzuerkennendes Interesse an der Genehmigung bestehe, sei nicht nachvollziehbar. Der Landwirt habe vor Gericht anschaulich geschildert, dass die meisten Tiere seiner Herde, die er das ganze Jahr über im Freien halte, sehr scheu seien. Sie würden sich nur mit sehr großem Widerstand einpferchen oder transportieren lassen.

Der Rinderhalter wolle die Tiere möglichst stressfrei töten und das sei mit einem Kopfschuss, der sie auf der Weide unvermittelt treffe, am besten zu erreichen. Dass der Tierhalter als Landwirt, der das Fleisch seiner Rinder ausdrücklich mit dem Argument bewerbe, diese würden "stressarm geschlachtet", ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran habe, eine Schießerlaubnis zu bekommen, liege auf der Hand.