Für 4.300 Euro hatte Reiterin A von Reiterin B den elf Jahre alten Wallach T gekauft. Im Kaufvertrag wurde die Haftung der Verkäuferin für "Eigenheiten" des Pferdes ausgeschlossen. Handschriftlich hatte Frau B diesen Punkt so ergänzt: "Das Pferd wurde nur freizeitmäßig geritten. Es hat keine Dressur- bzw. Springausbildung". Als die Käuferin einige Tage nach Vertragsschluss im Internet recherchierte, wurde ihr klar, dass der Wallach an zahlreichen Pferderennen teilgenommen hatte.
Daraufhin erklärte Frau A den Rücktritt vom Kaufvertrag: Verkäuferin B habe ihr die "Rennbahnkarriere" des Pferdes arglistig verschwiegen. Das sei ein enormer Unterschied, ob man, wie vereinbart, ein unverbrauchtes Freizeitpferd erwerbe oder ein Rennpferd. Auf Grund des hohen Verschleißes beim Renneinsatz müsse T gewiss früher wegen degenerativer Gelenkserkrankungen in Rente geschickt werden als ein Freizeitpferd. Reiterin A forderte den Kaufpreis zurück und Schadenersatz für Tierarztkosten.
Gestützt auf ein Sachverständigengutachten wies das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg ihre Klage ab (4 U 72/22). Der Einsatz des Wallachs als Rennpferd stelle keinen Mangel dar, der einen Rücktritt vom Vertrag rechtfertigen könnte. Nicht die Leistungen eines Pferdes im Rennsport oder Turniersport führten zu degenerativen Gelenkserkrankungen, habe die Veterinärmedizinerin erläutert.
Diese hingen mit dem Alter des Tieres zusammen sowie mit Art und Qualität der Tierhaltung, vor allem mit dem Bewegungsmanagement. Bei einem elfjährigen Pferd sei generell anzunehmen, dass mit der Zeit Gelenkveränderungen auftreten. Das sei aber bei einem Vollblüter, der Rennen gelaufen sei, nicht wahrscheinlicher als bei einem so genannten Freizeitpferd: Mit zunehmendem Alter nehme eben die Brauchbarkeit als Reitpferd ab.
Das OLG teilte auch nicht die Ansicht der Käuferin, dass der Einsatz von T als "Freizeitpferd" vertraglich vereinbart worden war. Der handschriftliche Zusatz stehe unter genau der Vertragsklausel, die besage, dass aus den genannten Eigenheiten des Pferdes keine Ansprüche abgeleitet werden könnten. Reiterin B habe hier nicht zugesichert, dass T ein "Freizeitpferd sei und sonst nichts". Vielmehr habe sie den Ausbildungsstand des Wallachs dokumentieren und betonen wollen, dass T keine Erfahrung als Spring- oder Dressurpferd habe.