Jugend und Ausbildung

Lehrerin im Bierzelt verunglückt

Im Rahmen einer Klassenfahrt ist der Besuch auf dem Frühlingsfest dienstlicher Natur

Die Klassenlehrerin und eine zweite Lehrerin begleiteten Schüler aus Baden-Württemberg auf einer Klassenfahrt nach München. Auf dem Programm stand auch ein Besuch des Frühlingsfestes, das jedes Jahr im Mai stattfindet. Diese Gelegenheit zu feiern wollte sich die Schulklasse nicht entgehen lassen. Mehrere Schüler und Schülerinnen gingen mit den beiden Lehrerinnen zur Theresienwiese, um den Tag auf dem Frühlingsfest ausklingen zu lassen.

Nach einem Rundgang auf der Festwiese ließ sich die Gruppe in einem Bierzelt nieder. Eine Musikkapelle spielte und die Schüler hopsten fröhlich mit. Gegen 22 Uhr fiel die Bierbank um, auf der die Lehrerin und zwei Schülerinnen tanzten — alle stürzten zu Boden. Dabei verletzte sich die Lehrkraft am Rücken und musste ärztlich behandelt werden. Über einen Monat lang konnte sie ihrer Arbeit nicht nachgehen.

Die Schulbehörde — das Stuttgarter Regierungspräsidium — lehnte den Antrag der Lehrerin ab, den Sturz als Dienstunfall anzuerkennen und dem entsprechende Leistungen zu bewilligen: Besuche auf Volksfesten und in Bierzelten seien dem privaten Lebensbereich zuzuordnen, so die Schulbehörde. Gegen diese Abfuhr wehrte sich die Lehrerin und erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart (1 K 173/13).

Die Richter zweifelten nicht daran, dass sich der Unfall "in Ausübung des Dienstes" ereignet hatte. Es gehörte zu den Dienstaufgaben der Lehrerin, die Schülergruppe im Festzelt zu beaufsichtigen und am geselligen Beisammensein teilzunehmen. In einem Bierzelt könne man minderjährige Schüler auf keinen Fall sich selbst überlassen — ohne Kontrolle hätten sie sich wohl kaum an das zuvor ausgesprochene Alkoholverbot gehalten.

Dass die Lehrerin der Gruppe erlaubte zu tanzen, sei auch nicht zu beanstanden. Im Bierzelt auf Bänke zu steigen und zur Livemusik zu tanzen, sei "üblich und sozialadäquat". Hätte sich die Lehrerin dieser Spielart des Feierns verweigert und als Einzige nicht mitgemacht, so wäre sie ins Abseits geraten und hätte sich von ihren Schülern distanziert. Das wäre mit ihrem "pädagogischen Auftrag" nicht ohne Weiteres vereinbar gewesen.

Zahnmedizin-Studienplatz eingeklagt

Wenn Zahntechniker an der Universität mithelfen, erhöht das nicht die Ausbildungskapazität

Eine junge Frau wollte unbedingt in Regensburg Zahnmedizin studieren, ergatterte aber dort keinen Studienplatz. Anstatt das Studium der Kronen, Brücken und Plomben zu beginnen, beschritt sie den Rechtsweg und klagte einen Studienplatz ein.

Begründung: In der Regensburger Lehreinheit Zahnmedizin unterstütze eine große Zahl von Zahntechnikern die Ausbildung und entlaste so das Lehrpersonal von Lehraufgaben. Daher könnte die Universität leicht mehr Studierende verkraften.

Im Eilverfahren entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof über die Aufnahme des Studiums und lehnte es ab, der Studienbewerberin einen Studienplatz zuzuteilen (7 CE 14.10003). Die Aufnahmekapazität der Universität Regensburg sei erschöpft.

Zwar beschäftige die Regensburger Universitätszahnklinik in der Tat einige Zahntechniker. Sie gingen auch teilweise den Studierenden zur Hand und zeigten ihnen in Technikkursen Tricks und Kniffe. Damit ersetzten die "nicht wissenschaftlichen Mitarbeiter" aber kein wissenschaftliches Lehrpersonal. Für die Ausbildung würden dadurch keine Kapazitäten frei.

Zahntechniker übernähmen nun einmal keine Lehraufgaben. Zahnmedizinische Assistenten erfüllten in erster Linie organisatorische Aufgaben wie die Ausgabe zahnärztlicher Instrumente und den Umgang mit Materialien. Solche Hilfstätigkeiten entlasteten nicht das Lehrpersonal. Bei der Berechnung des Lehrangebots sei prinzipiell nur wissenschaftliches Lehrpersonal zu berücksichtigen.

Damit bleibt der Anwärterin auf einen Studienplatz nur die Möglichkeit, sich erneut zu bewerben und Wartesemester zu sammeln. Vielleicht bekommt sie dann doch irgendwann eine Chance, in Regensburg zur Zahnärztin ausgebildet zu werden.

Schlägerei unter Schülern

Schüler haftet nur für Verletzungen, die er beim Zuschlagen "billigend in Kauf nahm"

Schon während der Schulstunde hatten sich die beiden 14-Jährigen — nennen wir sie Hans und Fritz — angegiftet. Schüler Hans machte sich über Fritz lustig, der fühlte sich provoziert. Als die Pausenklingel ertönte und die Schüler in den Schulhof gingen, drängte Fritz den Kontrahenten im Treppenhaus in eine Ecke. Da versetzte er Hans zwei Schläge gegen das rechte Auge. "Ihm seien die Sicherungen durchgebrannt", so erklärte Fritz später die Attacke.

Hans trug Prellungen, eine schwere Gehirnerschütterung und einen Bruch der Augenhöhle davon, der operiert werden musste. Der Verletzte forderte vom Angreifer 20.000 Euro Schmerzensgeld, weil Fritz ihn dauerhaft gesundheitlich geschädigt habe: Er sehe häufig doppelt, leide unter Einschlafstörungen und Kopfschmerzen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm gestand Hans nur 1.000 Euro Schmerzensgeld zu (6 U 31/13). Der Mitschüler habe ihn zwar vorsätzlich aus reiner Wut schwer verletzt, so das OLG. Doch an Schulen gelte das so genannte "Haftungsprivileg". Um Rechtsstreitigkeiten unter Schülern so weit wie möglich zu vermeiden, habe der Gesetzgeber die Haftung beschränkt - auf "billigend in Kauf genommene Verletzungen".

Deshalb bestehe unter Schülern nicht immer Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn einer den anderen vorsätzlich attackiert habe. Schüler hafteten für die Folgen nur, wenn sie auch diese vorsätzlich herbeiführten. Im konkreten Fall sei aber nicht anzunehmen, dass Fritz alle schwerwiegenden Folgen seiner Schläge beabsichtigt oder auch nur für möglich gehalten habe.

Die Höhe des Schmerzensgelds richte sich danach, welche Folgen der Angreifer herbeiführen wollte. Wütend, wie er war, habe Fritz sicher das blaue Auge von Hans und wohl auch eine Gehirnerschütterung billigend in Kauf genommen. Für diese Folgen müsse er haften, nicht aber für die schwere Verletzung der Augenhöhle, mit der er so sicher nicht rechnete.

Joint im Rucksack

Gastschüler wird vom Gastschulunternehmen vorzeitig aus den USA nach Hause geschickt

Ein Jahr lang, von August 2010 bis Juni 2011, sollte der Gymnasiast in den USA die Schule besuchen und bei Gasteltern wohnen. Seine Eltern hatten mit einem Unternehmen A, das solche Studienaufenthalte im Ausland organisiert und vermittelt, einen Gastschulvertrag abgeschlossen.

Regel Nr. 2 der A-GmbH lautet: "Die Einnahme von Drogen … ist ohne Ausnahme strengstens untersagt." Allgemein gilt: Schüler, die sich nicht an die A-Regeln, die Regeln der Gastfamilie oder an lokale/nationale Gesetze halten, können vom akademischen Auslandsjahr ausgeschlossen und auf eigene Kosten nach Hause geschickt werden.

Im April 2011 kontrollierte die Schule den Rucksack des deutschen Schülers, als er zu spät aus der Pause zurückkam. In einem Seitenfach versteckt fand sich ein Joint, ein Zigarettenstummel mit Marihuana-Resten. Sein Pullover im Rucksack roch nach Marihuana. Der Junge behauptete, den Joint habe er für einen Freund aufbewahrt. Er unterzog sich freiwillig einem Drogentest, der keinen Nachweis für Drogenkonsum ergab.

Dennoch kündigte das Gastschulunternehmen den Vertrag und setzte den Jungen ins Flugzeug nach Hause. Vergeblich schalteten die Eltern einen Anwalt ein, um das zu verhindern. Eigentlich hatten sie geplant, den Sohn am Ende des Gastschuljahres bei der Gastfamilie abzuholen und gemeinsam in Amerika Urlaub zu machen.

Für die zusätzlichen Kosten durch die vorzeitige Heimreise verlangte der Vater Schadenersatz von der A-GmbH: Sie hätte wegen so einer Bagatelle den Vertrag nicht kündigen dürfen, meinte er. Der winzige Drogenrest habe offenkundig nicht seinem Sohn gehört. Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Klage ab (16 U 231/12).

Auf die Menge der verbotenen Substanz komme es hier nicht an — die hätte weder in den USA noch in Deutschland für ein Strafurteil ausgereicht. Gastschülern sei aber jeder Drogenbesitz verboten und das habe der Junge gewusst. Für die A-GmbH sei es nicht zumutbar, unter diesen Umständen am Gastschulvertrag festzuhalten. Sie trage als Gastschulunternehmen, neben den Gasteltern, erzieherische Mitverantwortung für die minderjährigen Schüler.

Während eines Auslandsaufenthalts könnten die Eltern auf die Jugendlichen keinen Einfluss nehmen. Sie müssten sich darauf verlassen, dass das Unternehmen seine Aufsichtspflicht erfüllt. Dass Gastschüler die Regeln befolgten, liege in ihrem Interesse, aber auch in dem der A-GmbH. Schließlich hänge der Erfolg ihrer Geschäftstätigkeit davon ab, dass die potenziellen Kunden (Eltern und Gasteltern) auf ihre Vertragstreue und Zuverlässigkeit vertrauten.

Das gelte auch und vor allem für den Umgang mit Drogen: Für Eltern, die ihrem Kind ein Gastschuljahr in den USA finanzierten, sei das ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl eines Gastschulunternehmens. Verstoße ein Gastschüler gegen die Regeln, zerstöre dies das Vertrauensverhältnis, das für die Abwicklung des Vertrags nötig sei.

Kost und Logis bei Oma

Vater muss für den volljährigen Sohn trotzdem Ausbildungsunterhalt zahlen

Der Vater wollte dem 1994 geborenen Sohn nach seinem 18. Geburtstag keinen Unterhalt mehr zahlen. Der Filius besuchte die höhere Handelsschule und erhielt keine BAföG-Leistungen. Allerdings wohnte er umsonst bei seiner Oma. Die Großmutter verfügte über kein eigenes Einkommen, doch ihr Mann — mit dem Enkel nicht verwandt — unterstützte ihn finanziell. Da brauche er doch von ihm kein Geld mehr, meinte der Vater, als der volljährige Sohn Ausbildungsunterhalt forderte.

Das Amtsgericht lehnte den Antrag des jungen Mannes auf Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen den Vater ab. Eine Klage habe keine Aussicht auf Erfolg, so der Amtsrichter, weil er keinen eigenen Haushalt führe. Wie bei einem volljährigen Kind, das bei einem Elternteil lebe, sei der Betrag, den er durch das Zusammenleben mit der Großmutter und deren Ehemann einspare, auf seinen Unterhaltsbedarf anzurechnen.

Mit dieser Argumentation war das Oberlandesgericht (OLG) Hamm nicht einverstanden (2 WF 98/13). Kost und Logis bei der Großmutter verringerten den Unterhaltsbedarf des Handelsschülers nicht, entschied das OLG. Die — ohnehin leistungsunfähige — Großmutter sei nicht dazu verpflichtet, dem Enkel Unterhalt zu gewähren.

Wenn sie und ihr Mann den Enkel kostenfrei in den Haushalt integrierten, sei das eine freiwillige Leistung Dritter, die sich auf den Unterhaltsbedarf des Schülers nicht auswirke. Der liege nach den einschlägigen Leitlinien bei 670 Euro monatlich. Davon werde das Kindergeld abgezogen, das der Schüler erhalte. Den restlichen Betrag müsse der durchaus zahlungskräftige Vater übernehmen.

Vater schuldet Ausbildungsunterhalt ...

… auch wenn Studien- und Berufswahl bei der erwachsenen Tochter nicht sofort klappen

Die Eltern hatten sich 2001 getrennt, danach lebte die 1988 geborene Tochter bei der Mutter. Ihr Vater arbeitete im europäischen Ausland für das Auswärtige Amt und zahlte Kindesunterhalt. 2008 legte die Tochter das Abitur ab. Danach begann sie in den Niederlanden ein Studium für Tourismus und Freizeitmanagement, das sie 2010 abbrach. Anschließend absolvierte die junge Frau einige Praktika und lebte eine Weile in Australien, um ihr Englisch zu verbessern.

Im Oktober 2011 schrieb sich die Tochter an einer Universität im Ruhrgebiet für das Fach Journalistik ein. Doch nun wollte der Vater den Geldhahn zudrehen: Ab dem Zeitpunkt, an dem seine Tochter ihr erstes Studium abgebrochen habe, entfalle seine Unterhaltspflicht, meinte er. Sie sei weder bedürftig, noch eigne sie sich für ein Studium, das sie nie ernsthaft betrieben habe.

Von März 2010 bis September 2011 müsse der Vater keinen Unterhalt zahlen, entschied das Amtsgericht, weil die Tochter in dieser Zeit keine Ausbildung absolvierte. Ab Oktober 2011 stehe ihr jedoch wieder Ausbildungsunterhalt vom zahlungsfähigen Vater zu (350 Euro monatlich). Vergeblich legte der Mann gegen dieses Urteil Berufung ein.

Wer nach der Schule nicht sofort konsequent die Berufsausbildung vorantreibe, verliere dadurch nicht gleich den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt, urteilte das Oberlandesgericht Hamm (7 UF 166/12). Auch Kinder von 23, 24 Jahren könnten ein Studium oder eine Ausbildung aufnehmen. Von jungen Menschen könne man nicht von Anfang an zielgerichtete, richtige Entscheidungen erwarten.

Bei der Wahl von Studienfach und/oder Beruf sei ihnen eine Phase der Orientierung zuzubilligen. Dass im konkreten Fall die Tochter ihr Studium zu Beginn des vierten Semesters beendet und auch danach keinen klaren Plan verfolgt habe, müsse der Vater akzeptieren. Durch das jetzige Studium sei eine neue Situation entstanden.

Auch wenn die Tochter ihm gegenüber vor Jahren ihre Studienresultate in den Niederlanden beschönigt habe: Das sei kein Fehlverhalten, das es rechtfertigen würde, ihr jetzt den Ausbildungsunterhalt für ein anderes Studium zu verwehren — zumal es hier immer noch um die Erstausbildung gehe.

Die von der jungen Frau bisher im Journalistikstudium gezeigten Leistungen seien zudem akzeptabel und ließen erwarten, dass sie es erfolgreich abschließen werde. Dazu brauche sie den Zuschuss vom Vater.

Bachelor nicht gleich Diplom

Bachelor-Abschluss berechtigt nicht zum Eintrag in die Architektenliste

2004 war der neue Studiengang an einigen Fachhochschulen eingerichtet worden: ein Studium der Architektur mit sechs Semestern Regelstudienzeit und dem Studienziel Bachelor. Für dieses Studium hatte sich Herr Z im Wintersemester 2005 an der Fachhochschule Koblenz eingeschrieben. Nach drei Jahren bestand er die Bachelorprüfung. Seither arbeitet er als Angestellter in einem Architektenbüro.

2012 beantragte der Mann bei der Architektenkammer den Eintrag in die Architektenliste mit der Berufsbezeichnung "Architekt". Die Architektenkammer lehnte ab und verwies auf das Architektengesetz: Voraussetzung für den Eintrag sei ein Studium mit einer Regelstudienzeit von mindestens vier Jahren an einer deutschen Hochschule.

Gegen diese Entscheidung klagte Z und pochte auf eine Übergangsregelung im Architektengesetz. Demnach genügten auch dreijährige Diplomstudiengänge und "entsprechende Ausbildungen" für den Eintrag in die Architektenliste. Das treffe auf den Bachelorstudiengang zu, fand Z: Es sei sachlich nicht zu rechtfertigen, Absolventen eines dreijährigen Diplomstudiums anders zu behandeln als Absolventen eines dreijährigen Bachelorstudiums. Die Abschlüsse seien gleichwertig.

Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, die Übergangsvorschrift im Architektengesetz nicht auf Bachelorstudiengänge an Fachhochschulen zu erstrecken, erklärte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (6 A 11279/12.OVG).

Das Studium von Herrn Z sei nicht als "entsprechende Ausbildung an einer gleichwertigen deutschen Lehranstalt" anzusehen. Dazu zählten nur Lehranstalten, die mit den öffentlichen oder staatlich anerkannten deutschen Ingenieurschulen vergleichbar seien, nicht jedoch Fachhochschulen.

Diplomstudiengänge würden zunehmend durch gestufte Bachelor- und Masterstudiengänge abgelöst. Wer im Zuge dieses Reformprozesses ein nur dreijähriges Bachelorstudium aufnahm, habe damit rechnen müssen, dass der Gesetzgeber den Abschluss der ersten Ausbildungsstufe (= Bachelor) nicht als Voraussetzung für den Eintrag in die Architektenliste anerkennen würde.

Eltern streiten über Religionsunterricht

Konfessionslose Kinder sollen daran teilnehmen, weil er der "Allgemeinbildung dient"

Die unverheirateten, nicht religiösen Eltern von Zwillingen leben getrennt und üben das Sorgerecht für die Kinder gemeinsam aus. Das ging gut, bis die Kinder eingeschult wurden. Nun erhitzten sich die Gemüter an der Frage, ob die konfessionslosen Kinder am Religionsunterricht in der Grundschule teilnehmen sollten.

Die Mutter lehnte dies strikt ab und wollte die bisher a-religiöse Erziehung konsequent fortsetzen. Dagegen befürwortete der Vater die Teilnahme: So integrierten sich die Kinder besser in die Klassengemeinschaft, außerdem lernten sie im Religionsunterricht doch viel über Kulturgeschichte. Um den Streit zu beenden, übertrug das Familiengericht die Entscheidungskompetenz in dieser Frage dem Vater.

Dagegen legte die Mutter Beschwerde ein, die beim Oberlandesgericht Köln ohne Erfolg blieb (12 UF 108/12). Hier sei nicht zu entscheiden, ob Kinder überhaupt religiös erzogen werden sollten, betonten die Richter. Auch wenn sich die Zwillinge nicht am Unterricht beteiligten, wäre das Kindeswohl nicht gefährdet. Es spreche aber viel dafür, dass dies ihre Bildung fördern würde. Auf diese Weise bekämen sie fundierte Kenntnisse über die hier gelebte Kultur vermittelt.

Wissen über Herkunft und Bedeutung religiöser Feste diene der Allgemeinbildung, ohne dass damit der Zwang verbunden sei, selbst an Gott zu glauben oder einer Religionsgemeinschaft beizutreten. Der Unterricht verschaffe den Kindern Wissen, auf dessen Grundlage sie sich später für oder gegen die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft entscheiden könnten. Die Inhalte, mit denen die Grundschule den Schülern die Religion nahe bringe, ließen es nicht zu, dass den Kindern der christliche Glaube aufgezwungen werde.

Die abkommandierte Lehrerin

Eine Hauptschullehrerin, die an einer Realschule unterrichtet, bekommt deshalb nicht mehr Geld

Schon vor einiger Zeit wurden in Rheinland-Pfalz die Hauptschulen abgeschafft. Zahlreiche Hauptschullehrer und -lehrerinnen wurden an die neu entstandenen Realschulen versetzt. Dort wurden sie allerdings nicht wie die Lehrkräfte bezahlt, die von Haus aus an der Realschule unterrichteten.

Dagegen klagte eine Pädagogin. Wie die Realschullehrkräfte müsse man sie in die Besoldungsstufe A 13 (statt Stufe A12) eingruppieren, forderte sie. Denn sie erfülle an der Realschule die Aufgaben von Realschullehrern. Wenn der Gesetzgeber die "Realschule plus" einführe und dort Lehrer der früheren Hauptschulen einsetze, zeige das doch, dass er sie für befähigt halte, an der neuen Schulform zu unterrichten. Dann müsse er sie auch entsprechend bezahlen.

Doch das Verwaltungsgericht Koblenz erfüllte ihren Wunsch nach höherem Gehalt nicht (6 K 992/12.KO). Begründung: Realschullehrkräfte müssten eine andere Ausbildung und eine andere Prüfung absolvieren. Das Studium für die Hauptschule habe früher in Rheinland-Pfalz nur sechs Semester an einer Fachhochschule gedauert. Für das Realschullehramt seien früher acht, aktuell neun Semester Studium an einer Universität erforderlich.

Dass die Lehrerin nun teilweise Aufgaben einer Realschullehrerin wahrnehme, begründe keinen Anspruch auf mehr Gehalt. Der Dienstherr könne Beamte durchaus vorübergehend in einer höher bewerteten Funktion einsetzen, ohne sie gleich einer höheren Besoldungsgruppe zuweisen zu müssen.

Das sei auch deshalb nicht ungerecht, weil für die ehemaligen Hauptschullehrer — während einer Übergangszeit nach der Schulreform — die Möglichkeit bestehe, eine Aufstiegsprüfung abzulegen. So könnten sie ihre Befähigung für das Lehramt an Realschulen und für den höheren Schuldienst nachweisen und ein höheres Gehalt erreichen.

Wenn die Lehrerin also weiterhin die nächsthöhere Gehaltsstufe anstrebt, dann wird sie wohl selbst noch einmal einen Blick in Lehrbücher werfen müssen.

Tunichtgut an andere Schule versetzt

Zweitklässler muss wegen Störungen und Angriffen auf Mitschüler gehen

Schon von der ersten Klasse an fiel in einer Regensburger Grundschule ein Junge unangenehm auf, weil er den Unterricht massiv störte. Den Mitschülern gegenüber verhielt er sich aggressiv, Prügeleien waren an der Tagesordnung. In der zweiten Klasse wurde es immer schlimmer. Oft musste der Schüler nachsitzen, er erhielt etliche Verweise und wurde sogar drei Tage vom Unterricht ausgeschlossen.

Diese Disziplinarmaßnahmen fruchteten jedoch nichts, er blieb uneinsichtig. Auch Gespräche mit den Eltern blieben erfolglos: Sie gaben prinzipiell der Schule die Schuld an allen Schwierigkeiten. Die Lehrer wussten keinen Rat mehr. So beschlossen sie in einer Konferenz, das "Problem" auszulagern und den Tunichtgut an eine andere Grundschule zu versetzen.

Das Schulamt teilte den Eltern mit, das Fehlverhalten ihres Jungen gefährde den Unterricht für die ganze Klasse. Ein Neustart in anderem Umfeld könnte vielleicht helfen. Die Eltern des Schülers wehrten sich gegen die Versetzung, scheiterten mit ihrer Klage allerdings beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (7 CS 12.2187).

Das Gericht erinnerte an einige seiner Missetaten: Der Junge habe ein Mädchen während des Unterrichts mit einem Gummigeschoss am Auge verletzt, einen Mitschüler grundlos mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen, einen anderen gewürgt. Die Mitschüler hätten Angst und erreichten wegen der zahlreichen Störungen möglicherweise ihre Lernziele nicht.

Daher habe die Schule zum Schutz der Mitschüler, aber auch im Interesse des Jungen das Problem lösen müssen. Die Schulleitung habe sich vergeblich bemüht, die Lage durch Hilfsangebote an die Eltern zu verbessern, so die Richter. Die stünden der Schule mit großem Misstrauen gegenüber und verweigerten jede Kooperation.

Deshalb und weil die gravierenden Vorfälle Unterricht und Bildungsauftrag der Schule in Frage stellten, sei die Versetzung des Zweitklässlers ausnahmsweise gerechtfertigt und angemessen. An der anderen Schule sei die entsprechende Jahrgangsklasse kleiner. Der Schulleiter sei pädagogisch besonders qualifiziert und könne eventuell besser auf den aggressiven Schüler eingehen.

Violine verhindert BAföG

Teures Instrument wird zum Vermögen einer Musikstudentin gerechnet

Für eine musikalische Ausbildung ein eigenes Instrument zu kaufen, klingt wie eine gute Idee. Einer jungen Geigenspielerin wurde sie finanziell zum Verhängnis. Die Abiturientin begann im Oktober 2011 ihr Instrumentalstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst. Noch während des Schulbesuchs hatte sie parallel dazu ein so genanntes "Jungstudium" mit einer geliehenen Violine begonnen.

2011 beantragte sie staatliche Förderung (BAföG) für das Studium. Dafür musste sie ihre Vermögensverhältnisse offenlegen. Die Musikerin lag mit ihrem Ersparten und Einkommen unter dem Freibetrag von 5.200 Euro.

Bei der Durchsicht ihrer Kontounterlagen fiel dem Sachbearbeiter der zuständigen Behörde jedoch etwas auf: Das Vermögen der jungen Frau war bis vor kurzem deutlich höher — wohin verschwand das viele Geld? Die Rechnung eines Geigenbaumeisters gab die Antwort. Die Musikerin hatte für 19.000 Euro eine Geige gekauft.

Deswegen lehnte der Sachbearbeiter ihren BAföG-Antrag ab: Der Kaufpreis für die teure Violine sei zu ihrem Vermögen zu rechnen, damit überschreite die Studentin deutlich die Freigrenze. Kurz vor einem BAföG-Antrag sei so ein Kauf nicht gerechtfertigt. An der Hochschule hätte die Studentin eine Geige ausleihen können.

Das sah auch das Verwaltungsgericht München so (M 15 K 12.2464). Den Einwand, die Meistervioline samt goldmontiertem Bogen könne als Haushaltsgegenstand nicht Teil des Vermögens sein, ließ das Gericht nicht gelten. Für die aufstrebende Geigerin sei es zumutbar, auf ein eigenes Instrument zu verzichten und mit einer Leihvioline zu üben. So minderwertig seien die nun auch wieder nicht.

Hinzu kam, dass die Studentin die Geige wenige Tage vor dem BAföG-Antrag gekauft hatte. Nach Ansicht des Gerichts deutete dies darauf hin, dass die Studentin ihr Vermögen schmälern wollte.

Dass eine Instrumentalstudentin ein eigenes, gut klingendes und hochwertiges Instrument haben möchte, fand das Gericht zwar nachvollziehbar. Den Wunsch könne man jedoch trotz der Fürbitte eines Musikprofessors nicht erfüllen. Auszubildende könnten nicht staatliche Hilfe verlangen und gleichzeitig eigenes Vermögen schonen.

Sündiger Schwimmunterricht

Muslimischer Junge wird nicht davon befreit: Gericht sieht keinen Gewissenskonflikt

Die muslimischen Eltern des zwölfjährigen A erziehen den Jungen streng religiös. Er besucht eine staatliche Schule, an der Schwimmunterricht Pflicht ist. Vorübergehend hatte ihn der Schulleiter einer Jungen-Schwimmgruppe an einer anderen Schule zugeteilt. Als A im folgenden Schuljahr mit seiner Klasse, also mit Knaben und Mädchen, Schwimmen gehen sollte, forderten die Eltern, ihn von diesem Unterricht zu befreien.

Begründung: Der Koran verbiete es den Gläubigen, ihre Körper zu zeigen und andere Körper zu betrachten. Der Junge dürfe keine leicht bekleideten Mädchen ansehen, solle seine Blicke vor ihnen niederschlagen. Wer diesen Grundsatz nicht einhalte, begehe eine Sünde, für die er bestraft werde. Gemeinsamer Schwimmunterricht mit Mitschülerinnen im Badeanzug oder gar im Bikini sei mit den Geboten des islamischen Glaubens unvereinbar.

Während die Eltern auf die Glaubensfreiheit pochten, verwies der Schuldirektor auf den staatlichen Erziehungsauftrag, zu dem auch der Sportunterricht gehöre. Ein wichtiger Grund, der es rechtfertigen würde, A vom Schwimmen zu befreien, liege nicht vor. Das Verwaltungsgericht Köln gab ihm Recht und wies die Klage der Schülereltern ab (10 L 1400/12).

Im Prinzip müsse man versuchen, den Konflikt zwischen religiösen Grundsätzen und dem staatlichen Bildungsauftrag vernünftig zum Ausgleich zu bringen, so die Richter. Wer sich aus religiösen Gründen gegen Pflichtunterricht wende, müsse überzeugend darlegen, dass er in einen unlösbaren Gewissenskonflikt gestürzt würde, müsste er daran teilnehmen und so seinem Glauben zuwider handeln. Das habe A jedoch nicht nachvollziehbar begründet.

A nehme am regulären Sportunterricht teil, obwohl die Mädchen auch dabei meist kurze Hosen und Trägershirts tragen. Wenn A hier das Gebot befolgen könne, seinen Blick vor Frauen zu senken, gelinge ihm das auch in der Schwimmhalle. Da befänden sich die Mädchen ohnehin die meiste Zeit im Wasser, so dass ihm der Anblick kaum bekleideter weiblicher Wesen erspart bleibe. Die Umkleiden seien ohnehin nach Geschlechtern getrennt.

A zum Schwimmen zu verpflichten, schränke zwar sein Recht auf Glaubensfreiheit und das Elternrecht ein. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt durch den Erziehungsauftrag der Schule. Schüler und Schülerinnen würden gemäß dem nordrhein-westfälischen Schulgesetz gemeinsam unterrichtet und erzogen.

Schwimmunterricht verfolge nicht nur das Ziel, sie körperlich zu trainieren. Dabei gehe es auch um das Einüben sozialen Verhaltens, um die Sensibilisierung für unterschiedliche Geschlechterperspektiven, Gleichberechtigung der Geschlechter und interkulturelles Verständnis.

Stockkampf auf dem Spielplatz

Haftet ein Zwölfjähriger dafür, wenn er den Spielkameraden verletzt?

Als zwei Buben im Alter von 12 und 13 Jahren zum Stockkampf gegeneinander antraten, vereinbarten sie nur eine Regel: Keiner durfte mit seinem etwa 1,5 Meter langen Holzstock auf den Kopf des anderen zielen oder schlagen. Das spielerische Kräftemessen der Raufbolde ging schief. Der zwölfjährige T schlug seinem Kontrahenten W einen Schneidezahn aus. W's Eltern forderten im Namen des Kindes Ersatz für die Behandlungskosten und obendrein Schmerzensgeld.

Das Landgericht München wies die Klage mit der Begründung ab, ein Zwölfjähriger müsse nicht für eine Körperverletzung haften. Zudem hätten sich beide Jungs freiwillig auf das Kampfspiel eingelassen. Gegen diese Entscheidung legten die Eltern Berufung ein und hatten beim Oberlandesgericht München Erfolg (23 U 3830/12). Es sprach W 1.500 Euro Schmerzensgeld zu.

Wenn W den Stockkampf aus freien Stücken mitgemacht habe, bedeute das keineswegs, dass er damit so eine Verletzung billigend in Kauf nahm. Kinder rechneten in ihrem Übermut und Spieleifer nicht ernsthaft mit solchen Folgen, selbst wenn sie "schon irgendwie wüssten", dass es riskant sei.

Den Vorwurf der rechtswidrigen Körperverletzung könne man nicht mit dem Verweis auf das freiwillige Mitmachen entkräften. Allerdings sei W ein Mitverschulden anzukreiden (50 Prozent), weil er sich ebenso leichtsinnig wie T am Kampf beteiligte. Auch wenn das für beide Kinder gleichermaßen gelte, müsse man festhalten, dass T fahrlässig und unvorsichtig gehandelt habe. Mit zwölf Jahren sei er alt genug, um zu wissen, dass ein Kampfspiel mit langen Holzstöcken gefährlich sei.

Deshalb hafte T für die Folgen des leichtsinnigen Tuns. Das Argument der Vorinstanz, dass die Teilnehmer an einem (professionellen) Sport-Wettkampf nur bei groben Regelverstößen für Verletzungen hafteten, liege daneben. Denn der Stockkampf sei kein Sport mit feststehendem Regelwerk, sondern ein Kinderspiel ohne Regeln (abgesehen von der Vereinbarung, nicht den Kopf zu treffen).

Eine Parallele gebe es allerdings schon zum Kampfsport: Wen es treffe, sei zufällig. Jeder der beiden Jungs hätte verletzt werden können. Trotzdem sei es nicht treuwidrig, wenn W nun von T Entschädigung fordere. Denn T sei über die Eltern privat haftpflichtversichert und müsse für den Schaden nicht selbst einstehen.

Eigenes Auto, weniger BAföG

Auch auf dem Land ist es für Azubis zumutbar, den öffentlichen Nahverkehr zu benützen

Azubi A wohnt im ländlichen Niederbayern — acht Kilometer von der nächsten Stadt entfernt. Um schneller zum Ausbildungsplatz zu kommen, benützte er ein eigenes Auto. Zu seinem Schrecken reduzierte deswegen das BAföG-Amt die Ausbildungsförderung. Bei einem finanziellen Engpass müsse A sein Auto zu Geld machen, teilte das Amt mit: Bei der Berechnung des BAföG sei es als Vermögen zu berücksichtigen.

Das fand der Auszubildende höchst ungerecht und zog gegen den Bescheid vor Gericht. Er wohne so abgeschieden, dass er ohne Wagen nur sehr mühsam zum Ausbildungsbetrieb komme und in der Freizeit kaum Freunde besuchen könne, argumentierte A. Als Azubi in einer Großstadt bräuchte er kein eigenes Auto und bekäme trotzdem den regulären BAföG-Satz. Es sei diskriminierend und eine unbillige Härte, ihm wegen des Wagens — ein alter Gebrauchtwagen und keine Luxuskarosse — die Unterstützung zu kürzen.

Den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) konnte A mit seinen Argumenten nicht überzeugen (12 ZB 12.1204). Das BAföG solle Lebensunterhalt und Ausbildung der Auszubildenden sicherstellen, nicht ihre Optionen in der Freizeit verbessern, so der VGH. Es sei nicht Aufgabe der Ausbildungsförderung, Unterschiede der Infrastruktur in Städten und im ländlichen Bereich auszugleichen.

Das eigene Auto bleibe bei der Berechnung des BAföG nur unberücksichtigt, wenn der Auszubildende ohne Auto seinen Ausbildungsplatz nicht oder nur sehr schwer erreichen könne. Für A sei es aber zumutbar, öffentliche Verkehrsmittel zur Arbeit oder zu den Freizeiteinrichtungen zu benützen. Dass es mit dem Auto wesentlicher schneller gehe, zähle nicht als Argument. Der Wagen sei jedenfalls nicht zwingend nötig, um die Ausbildung zu absolvieren.

Ausbildungsvergütung und Unterhaltsanspruch

Urteile in einem Satz

Beginnt eine 19-Jährige, deren Vater sich gegenüber dem Jugendamt verpflichtet hat, ihr bis zum 21. Geburtstag monatlich 450 Euro Unterhalt zu zahlen, im August 2012 eine Lehre zur Bankkauffrau und erhält eine Ausbildungsvergütung, die den Unterhalt übersteigt, schuldet ihr der Vater ab diesem Monat keinen Unterhalt mehr; auch wenn die Ausbildungsvergütung erst zum Monatsende gezahlt wird, lässt sie den Unterhaltsanspruch der Tochter im August 2012 nicht unberührt: Die Ausbildungsvergütung vermindert den Anspruch der Auszubildenden gegen den unterhaltspflichtigen Vater mit Beginn des Monats, in dem die Vergütung zum ersten Mal ausgezahlt wird.

Der große Bammel

Studierende bekommen weiterhin BAföG, wenn sie die Abschlussprüfung nicht bestehen

Seit seinem Studienbeginn im Wintersemester 2007/08 an der Universität Würzburg bekam der Jurastudent BAföG vom Freistaat Bayern. Mit dem Ablauf der Regelstudienzeit (neun Semester) wird normalerweise die Förderung eingestellt. Der Jurastudent beantragte im Frühjahr 2012 Verlängerung, weil er die Abschlussprüfung nicht bestanden hatte.

Schon nach acht Semestern hatte er sich für September 2011 zur Prüfung angemeldet. Wer sich so früh "traut", bekommt einen so genannten Freischuss zugestanden. Das bedeutet: Wenn der Kandidat durchfällt, wird dieser Versuch nicht als Fehlversuch gewertet.

Allerdings hatte der Jurastudent an der Prüfung gar nicht richtig teilgenommen, weil er es für aussichtslos hielt. Zum damaligen Zeitpunkt hätte er sie ohnehin nicht bestanden, erklärte er, und sei deswegen nur bei einer von sechs Klausuren angetreten.

Aus diesem Grund verweigerte das Studentenwerk, das den Fördertopf für Studenten verwaltet, dem angehenden Advokaten weiteres Geld. Der Fall landete beim Verwaltungsgericht Würzburg (W 1 K 13.21). Und das gab dem Studenten Recht: Der ablehnende Bescheid des Studentenwerks sei rechtswidrig.

Prinzipiell werde ein Student, der die Abschlussprüfung beim ersten Mal nicht bestanden habe, weiter gefördert, damit er sie in angemessenem Abstand wiederholen könne. Dass der Jurastudent zu den ersten drei Klausuren des Freiversuchs gar nicht erst erschienen sei, spiele keine Rolle: Die Prüfung gelte als nicht bestanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme es nicht auf den Grund dafür an. Unabhängig davon, warum ein Prüfungsversuch misslungen sei, sei vom Misslingen auszugehen. Der Jurastudent bekam daher für weitere zwei Semester BAföG zugesprochen und musste sich im September 2012 erneut zur Abschlussprüfung anmelden.

Studentin mit Anhang

Sie muss ihr Kleinkind nicht in die Kita geben, um schnell weiter studieren zu können

Die 32-jährige Antragstellerin studiert in Dresden und ist Mutter zweier Kinder. Vom Studium ist sie beurlaubt, um den Nachwuchs betreuen zu können. Ein Mädchen ist sechs Jahre, das andere 19 Monate alt.

Als das jüngere Kind seinen ersten Geburtstag feierte, verweigerte das Jobcenter der Studentin weitere Hartz-IV-Leistungen. Begründung: Nun müsse sie sich nicht mehr selbst um die Töchter kümmern. Das kleinere Mädchen könne sie in einer Kindertagesstätte unterbringen.

Der positive Nebeneffekt für das Jobcenter: Sobald sich die junge Frau ihrem Studium widmet, hat sie wieder Anspruch auf Berufsausbildungsförderung (BAföG) und belastet nicht mehr die Kasse des Jobcenters. Das war der Mutter jedoch egal: Sie wollte das Kleinkind zumindest bis zum zweiten Geburtstag zuhause selbst betreuen.

Deswegen klagte die Studentin gegen den Bescheid der Sozialbehörde und bekam vom Sozialgericht Dresden Recht (S 20 AS 1118/13 ER). Es rüffelte die Mitarbeiter des Jobcenters. In diesem Fall die Hartz-IV-Leistungen einzustellen und die Studentin auf eine Kindertagesstätte zu verweisen, verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und damit gegen das Grundgesetz.

Eltern könnten frei entscheiden, ob sie ein Kind selbst aufziehen oder ob sie es in einer Kinderkrippe betreuen lassen. Das gelte auch für Studenten bzw. Studentinnen. Sie dürften nicht schlechter behandelt werden als arbeitslose Eltern. Diese würden nicht gezwungen, ihre kleinen Kinder professionellen Erziehern zu übergeben, um sich eine Arbeit suchen zu können. Bei einer beurlaubten Studentin, die vorübergehend Hartz-IV-Leistungen beziehe, dürfe die Sozialbehörde nicht anders verfahren.

Sozialbehörde überwies zu viel Hartz-IV-Leistungen

Student muss das Geld zurückzahlen, obwohl es ein Fehler der Behörde war

Während er die Schule besuchte, erhielt der junge Mann (wie die ganze Familie) Hartz-IV-Leistungen. Als er später ein Studium aufnahm, entfiel sein Anspruch, weil er nun ein Stipendium bekam. Der 20-Jährige verhielt sich sehr korrekt: Er rief die Sozialbehörde sogar mehrfach an, um dem Sachbearbeiter mitzuteilen, dass ihm keine Leistungen mehr zustanden.

Trotzdem überwies ihm die Sozialbehörde aus Versehen noch einige Monate lang die Hartz-IV-Bezüge, insgesamt 1.035 Euro. Dass sie den Betrag anschließend zurückforderte, erboste den Studenten nun allerdings: Da die Bürokraten partout nicht auf ihn hören wollten, könne er das Geld doch wohl jetzt behalten, fand er.

Seine Klage gegen den Bescheid der Sozialbehörde scheiterte jedoch beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (L 5 AS 18/09). Ob zu viel gezahlte Hartz-IV-Leistungen zurückzuzahlen seien, hänge nur von einem Kriterium ab: Davon, ob der Leistungsbezieher wissen musste, dass ihm das Geld nicht zustand, so die Richter. Und das treffe hier zweifelsohne zu: Schließlich habe der Student die Sozialbehörde mehrmals darauf hingewiesen und den Beginn des Studiums gemeldet.

Fehler der Behörde spielten dabei keine Rolle. Es stehe auch nicht in ihrem Ermessen, dem ehemaligen Hilfeempfänger entgegen zu kommen. Laut Sozialgesetzbuch seien zu viel gezahlte Beträge zurückzufordern, wenn der zugrunde liegende Anspruch weggefallen sei. Auch wenn für das Missgeschick allein die Sozialbehörde verantwortlich sei, müsse sie den Bewilligungsbescheid rückwirkend aufheben und Erstattung verlangen.

16-Jährige fiel vom Pferd

Für die Folgen haftet nicht allein der Tierhalter, sondern auch die Jugendliche

Nicht zum ersten Mal hatte das 16-jährige Mädchen auf dem Reiterhof ein Pferd gemietet. Zusammen mit Bekannten ritt sie aus. Doch dieses Mal endete der Ausflug übel: Das Pferd scheute im Gelände, die junge Reiterin bekam es nicht in den Griff. Schließlich ging das Tier durch und warf das Mädchen ab. Beim Sturz brach es sich einen Arm und verletzte sich am Knie.

Dafür sollte der Besitzer des Reiterhofs geradestehen: Wenn ein Tier Schaden anrichte, hafte dafür der Tierhalter — unabhängig von eigenem Verschulden. Also müsse der Pferdevermieter ihre Behandlungskosten übernehmen, meinte die verletzte Reiterin. Doch das Landgericht Köln entschied, er müsse nur die Hälfte der Kosten tragen. Denn das Mädchen habe den Unfall mitverursacht.

Bei Minderjährigen könne man doch kein Mitverschulden annehmen, wandte der Anwalt der Reiterin ein. Damit war das Oberlandesgericht Köln nicht einverstanden (11 U 213/11). Im Prinzip gelte bei Reitunfällen mit geliehenen oder gemieteten Pferden: Der Reiter oder die Reiterin müsse belegen, dass er oder sie den Unfall nicht mitverschuldet habe. Wenn das gelinge, hafte allein der Tierhalter für die Folgen.

Die Beweispflicht gelte auch für minderjährige Reiter — allerdings nur dann, wenn sie mit Pferden umgehen könnten. Das setze Kenntnisse darüber voraus, wie die Tiere reagierten und wie sie zu steuern seien. Darüber hinaus müsse der oder die Minderjährige körperlich dazu in der Lage sein, ein Pferd zu lenken.

Davon sei bei einer erfahrenen Reiterin von 16 ½ Jahren ohne weiteres auszugehen. Dass sie auf das Scheuen des Tieres falsch reagiert habe, habe außerdem eine Zeugin glaubwürdig geschildert. Unter diesen Umständen treffe die Reiterin ein Mitverschulden, der Tierhalter hafte daher nur für 50 Prozent des Schadens.

Schülern mit Tesafilm den Mund zugeklebt?

Kündigung einer Grundschullehrerin ist wirksam, wenn sich der Vorwurf bestätigt

Schülereltern (von Schülern der ersten Klasse) beschwerten sich über eine Lehrerin. Nachdem zwei Sechsjährige den Unterricht gestört hatten, soll die 40-jährige Grundschullehrerin den Jungs mit durchsichtigem Tesafilm den Mund zugeklebt haben. Und das sei nicht der erste Vorfall dieser Art gewesen.

Ein Beamter des Arbeitgebers (das Bundesland Sachsen-Anhalt) sprach mit der Lehrerin über ihre Erziehungsmethoden und stellte sie von ihrer Tätigkeit frei. Da die Schüler im Gespräch mit einer Schulpsychologin den Vorwurf bestätigten, kündigte der Arbeitgeber der Lehrerin. Ihr Verhalten sei inakzeptabel, eine Abmahnung erübrige sich daher. Viele Eltern wünschten ihre Entlassung.

Die Lehrerin verteidigte sich mit dem Argument, das sei alles nur Spaß gewesen. Sie habe ein eingerissenes Blatt Papier kleben wollen und zum unruhigen Schüler E gesagt, der Tesastreifen gehöre wohl eher auf seinen Mund. Das Kind habe lachend "ja" geantwortet und sie habe ihm lose ein Stück Tesafilm auf die Wange geklebt.

Die Widersprüche in den Aussagen habe das Landesarbeitsgericht (LAG) nicht aufgelöst, kritisierte das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 156/11). Das sei aber notwendig, um beurteilen zu können, ob die Kündigung gerechtfertigt war. Das LAG habe dies vorschnell verneint. Die Bundesrichter hoben deshalb das Urteil des LAG auf und verwiesen den Fall an die Vorinstanz zurück. Nicht ohne die Richtung vorzugeben.

Die Grundschullehrerin hätte ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt, wenn der Vorwurf zuträfe: wenn sie also den Erstklässlern tatsächlich den Mund mit Tesafilm zugeklebt hätte, um sie zu disziplinieren. Das sei eine objektiv entwürdigende Maßnahme, die Kinder zum Gespött der Klasse mache. So ein Missgriff rechtfertigte eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung: Der Arbeitgeber könnte künftig nicht mehr darauf vertrauen, dass die Lehrerin die ihr anvertrauten Kinder mit dem nötigen Respekt behandelt.

Habe die Lehrerin den Tesafilm aber nicht als unzulässige Sanktion eingesetzt, sondern wirklich nur "als Scherz" Streifen auf die Wange geklebt, berechtige dieses Verhalten den Arbeitgeber nicht dazu, ihr zu kündigen — selbst wenn es pädagogisch nicht ganz korrekt wäre. Dann wäre allenfalls eine Abmahnung angemessen.