Land- und Forstwirtschaft

Forstwirt verletzt sich beim Bäume fällen

Ist das ein Arbeitsunfall, wenn der Baum nicht im Wald seines versicherten Forstbetriebs steht?

Ein forstwirtschaftlicher Unternehmer erlitt auf seiner Hofstelle einen Unfall: Beim Fällen eines Baumes war er auf einen Nagel getreten und hatte sich am Fuß verletzt. Der Baum hatte durch sein Wurzelwachstum einen Schuppen beschädigt, in dem der Forstwirt u.a. Werkzeuge des Betriebs lagerte. Deshalb hatte er beschlossen, den Baum zu beseitigen und den Schuppen neu zu bauen.

Bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft — Trägerin der Unfallversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau — beantragte der Mann Leistungen. Doch die Berufsgenossenschaft anerkannte sein Unglück nicht als Arbeitsunfall: Der Forstwirt leite zwar einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Doch der Unfall sei nicht in dem Wald geschehen, den er mit seinem Unternehmen bewirtschafte. Nur dort sei er gesetzlich unfallversichert.

Das Sozialgericht Münster sah das anders und entschied den Rechtsstreit um Leistungen zu Gunsten des Versicherten (S 1 U 5011/23). Auch wenn sich der Unfall außerhalb der Waldfläche des Betriebs ereignete, sei hier von einem engen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit des Forstwirts auszugehen. Die Fällarbeiten auf der Hofstelle seien erforderlich geworden, um den für das Unternehmen genutzten Schuppen zu erneuern. Daher habe der Forstwirt bei dieser Arbeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

Sächsischer Wein aus dem Verkehr gezogen

Unzulässiges Verkaufsverbot: Die Menge des Pestizidrückstands in den Trauben war "EU-konform"

In einem sächsischen Wein waren 2016 bei einer Lebensmittelkontrolle geringe Rückstände des Pestizids Dimethoat nachgewiesen worden. Daraufhin wurde der Wein von der zuständigen Behörde vom Markt genommen. Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Dimethoat waren seinerzeit in Deutschland nicht für den Weinanbau zugelassen.

Trotzdem legte die Winzergenossenschaft, die den Wein produziert hatte, gegen das Verkaufsverbot Widerspruch ein. Ihr Argument: Die EU-Pestizidverordnung habe als oberen Grenzwert für Dimethoat einen Rückstand von 0,02 mg pro Kilo festgelegt. Und der Dimethoatgehalt der sächsischen Keltertrauben habe unter diesem Wert gelegen.

Nun schlug sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Seite der Winzer — die davon allerdings nicht mehr profitieren können, weil sie ihren Wein inzwischen vernichtet haben (3 C 11.22). Der Wein sei zu Unrecht aus dem Verkehr gezogen worden, entschieden die Bundesrichter, denn das EU-Recht erlaube eine geringe Menge Dimethoat.

Auch das damals geltende deutsche Lebensmittelgesetz habe eine Ausnahme vom Dimethoat-Verbot vorgesehen: Sie sollte für den Fall gelten, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine zulässige Höchstmenge festsetzte. Daher sei das Verbot damals unzulässig gewesen.

Dass nicht das Bundesministerium selbst eine Rückstandshöchstmengen-Verordnung erließ, sondern die von den Winzern angeführte europäische Pestizidverordnung den Höchstgehalt für Dimethoat festgelegt habe, ändere daran nichts. Denn der deutsche Gesetzgeber habe klargestellt, dass die EU-Pestizidverordnung an die Stelle der deutschen Rückstandshöchstmengen-Verordnung treten solle.

Streit um Maßnahmen gegen Wölfe eskaliert

Jäger bedrohte die Bürgermeisterin mit Gewalt, die Waffenbehörde stellt seine Waffen sicher

2018 waren in der Umgebung des Dorfes erstmals Wölfe gesichtet worden. Daraufhin forderte ein Grundeigentümer von der Jagdbehörde des Landkreises Schutzmaßnahmen. Andernfalls werde er selbst von der Schusswaffe Gebrauch machen und die Familie schützen, kündigte der Jäger per E-Mail an. Geschützte Wölfe zu töten, sei verboten, antwortete man ihm: Außerdem bestehe für Menschen keine Gefahr.

Ein Jahr danach meldete der erboste Jäger nach einem Wolfsriss der Behörde, sein Sohn verlasse vor lauter Angst den Hof nicht mehr: "Ich entnehme Ihren Ausführungen folgendes: Ich verhalte mich richtig, wenn ich den Wolf meinen Sohn auf meinem Grundstück töten lasse".

An das Landesamt für Umwelt und Naturschutz — das Wolfsabschüsse genehmigen muss — schrieb er, der Wolf sei also mehr wert als ein Menschenleben. Die Mitarbeiter gehörten wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt: Wenn dem Sohn etwas passiere, dann "gnade Ihnen Gott".

2023 eskalierte der Streit endgültig. Mitarbeitern des Landesforsts Mecklenburg-Vorpommern erklärte der Mann, er "spalte ihnen den Schädel, Dreckspack. Wegen ihrer Faulheit sei nun sein Hund tot." Wochen später rief er die Bürgermeisterin an und erklärte, er müsse "wohl erst mit einer Axt ins Rathaus kommen". Wenn Köpfe rollten, passiere vielleicht endlich etwas.

Daraufhin wurde die Waffenbehörde aktiv und beantragte beim Verwaltungsgericht (VG) Schwerin erfolgreich die Erlaubnis, das Haus des Jägers zu durchsuchen und seine Waffen sowie Waffenbesitzkarten sicherzustellen (3 E 578/23 SN). Die Annahme, dass der Jäger Waffen und Munition missbräuchlich verwenden würde, sei begründet, entschied das VG und erteilte die Erlaubnis.

Wiederholt habe er angekündigt, unerlaubt seine Waffen gegen Wölfe einzusetzen — was keineswegs als Reaktion auf eine akute Notwehrlage gemeint gewesen sei. Vielmehr sei es dem Mann um die vermeintliche Untätigkeit der Jagdbehörde gegangen. Seine Drohung, sie deshalb in den Medien anzuprangern, zeuge von Uneinsichtigkeit und emotionaler Unreife.

Vor diesem Hintergrund seien die Drohungen gegen Forstmitarbeiter und die Bürgermeisterin nicht als sprachliche Entgleisung zu verstehen, wie sie aus großer Emotion heraus schon mal vorkommen könne. Auf Probleme reagiere der Jäger völlig unbeherrscht sofort mit Gewaltdrohungen. Das rechtfertige die Prognose, dass er dazu übergehen könnte, seine Waffen gegen Personen einzusetzen. In diesem Punkt dürfe man nicht das geringste Restrisiko hinnehmen.

Landwirt verpachtet Grundstück für eine Reithalle

Baubehörde untersagt deren Nutzung für eine Poloschule und Poloturniere

Ein Landwirt verpachtete 2020 ein Grundstück an die X-GmbH, die hier eine Reithalle und einen Pferdestall mit Boxen errichtete. Die Baubehörde hatte den Bau und den Betrieb eines Reitstalles mit Pferdezucht und Ausbildung für Pferde genehmigt. Doch 2022 beschwerten sich Nachbarn über "Events" mit großem Rummel auf dem Grundstück: Hier wurden im Rahmen der "European Arena Polo Tour" Poloturniere ausgetragen.

Die Baubehörde untersagte dies: Genehmigt sei die Ausbildung eigener Pferde in der Reithalle — Turniere seien davon nicht erfasst. Es liege auf der Hand, dass durch die An- und Abfahrt von Teams, Trainern und Tierpflegern, Rettungsdienst und Publikum eine hohe Verkehrsbelastung und weitaus mehr Lärm entstehe als durch Reitunterricht. Der Landwirt müsse dem illegalen Treiben ein Ende setzen. Für den Wiederholungsfall drohte die Behörde Zwangsgeld an.

Ohne Erfolg focht der Verpächter das Nutzungsverbot an. Das Verbot, die Reithalle gewerblich für eine Poloschule und für Poloturniere zu nutzen, sei rechtmäßig und das angedrohte Zwangsgeld von 3.000 Euro als Sanktion angemessen, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf (28 L 533/23). Laut Baugenehmigung seien in der Halle keine Sportveranstaltungen mit Publikum vorgesehen, entsprechend sei auch der Brandschutz dafür nicht ausgelegt.

Der Landwirt könne sich auch nicht darauf berufen, dass Reithalle und Pferdepension seinem Betrieb dienten, so das VG. Eine Pferdepension könne zwar landwirtschaftliche Tierhaltung darstellen, soweit das Pferdefutter auf eigenen Flächen erzeugt werde. Aber Polosport in einer Reithalle sei nicht für den landwirtschaftlichen Betrieb da. Polounterricht mit "Stick & Ball", Turniere mit Siegerehrung, bei denen Teams in Sponsoren-Shirts auftreten und pro Team ein Nenngeld von 1.200 Euro für die Teilnahme fällig werde — das seien offenkundig gewerblich organisierte Events.

Für die Turnierveranstalterin X-GmbH bilde die Reithalle den Schwerpunkt unternehmerischer Tätigkeit im gewerblichen Sinn — wodurch auch der Verpächter gewerbliche Einnahmen erziele. Diese Nutzung der Halle sei illegal und auch nicht nachträglich genehmigungsfähig: Denn sie nehme keinerlei Rücksicht auf die Nachbarn oder auf Belange des Naturschutzes.

Abschussplan für Rotwild nicht erfüllt

Waldschutz: Jagdgenossenschaft soll für jedes nicht fristgerecht erlegte Wild Zwangsgeld zahlen

Das Landratsamt Miesbach setzte eine Jagdgenossenschaft unter Druck, weil sie den Rotwild-Abschussplan für 2021 in ihrem Gemeinschaftsjagdrevier im November 2021 nur zu 35 Prozent erfüllt hatte. Der Verbiss an den Bäumen im Revier sei zu hoch, so die Jagdbehörde, man müsse den Wald und die berechtigten Interessen der Forstwirtschaft schützen. Im Dezember müssten nun mindestens vier Tiere erlegt werden, wurde angeordnet. Für jedes nicht fristgerecht erlegte Wild drohte die Behörde 50 Euro Zwangsgeld an.

Dagegen wehrte sich die Jagdgenossenschaft: In ihrem Revier werde Rotwild nicht "falsch gejagt", es sei eben klein. Wild ziehe daher oft nur durch — in den zwei Pandemiejahren meistens nachts, weil Rad- und Wanderwege stark frequentiert worden seien. Nur revierübergreifende Jagden mit externen Jägern brächten Erfolg, diese Maßnahme habe die untere Jagdbehörde aber abgelehnt. Die Vorgabe, nun innerhalb von vier Wochen vier Stück Rotwild zu erlegen, sei vollkommen unrealistisch.

Über die Klage der Jagdgenossenschaft wurde noch nicht endgültig entschieden. Einstweilen stoppte das Verwaltungsgericht (VG) München im Eilverfahren zumindest den sofortigen Vollzug der Anordnung (M 7 S 22.60). Die Jagdbehörde müsse für die Einhaltung der Abschusspläne sorgen, betonte das VG. Vor allem an rutschgefährdeten Standorten im Berggebiet des Reviers, wo besonders die Tanne zur Stabilisierung des Bodens wichtig sei, sei der Wildverbiss viel zu stark.

Gegenmaßnahmen müssten aber geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein: Man dürfe vom Revierinhaber nichts Unmögliches verlangen. Wenn das Landratsamt zwei Monate vor dem Ende des Jagdjahres weitere Abschüsse anordne, erscheine der Erfolg doch sehr zweifelhaft: Von Juni bis November sei nur ein einziges Tier erlegt worden. Die Ursachen dafür seien ebenso unklar wie der Grund dafür, dass die Behörde auf die Defizite nicht früher reagiert habe.

Ob das nun am "Jagdmanagement" liege oder an den Wanderungen des Rotwilds: Das sei im Hauptverfahren aufzuklären, eventuell durch ein Sachverständigengutachten. Da jedenfalls Zwangsgeld allein keinen Erfolg verspreche, wäre als Lösung eher ein behördlich organisierter, revierübergreifender Abschuss und/oder eine Verkürzung der Schonzeit in Betracht zu ziehen, um den Abschussplan durchzusetzen. Nur so könne verhindert werden, dass sich der überhöhte Verbiss fortsetze und die Waldschäden steigen.

Haftstrafen für Landwirte wegen Tierquälerei

Urteil des Landgerichts Memmingen im "Allgäuer Tierschutzskandal" ist rechtskräftig

Vor vier Jahren veröffentlichte eine Tierschutzorganisation ein Video, das Tierquälerei in Allgäuer Ställen zeigte und zu Ermittlungen gegen mehrere Betriebe führte. Darunter auch der Hof des Landwirts Johann H und seines 25 Jahre alten Sohnes Florian. Trotz wiederholter Mahnungen und Anordnungen des Veterinäramts hatten sie offensichtlich kranke Rinder nicht behandeln lassen.

Sie hielten ihre Tiere in einem überfüllten Stall mit viel zu wenig Liegeplätzen — der Kot stand darin bis zu einem halben Meter hoch. Das Landgericht Memmingen sprach von "verheerenden Bedingungen" und verurteilte die Landwirte im November 2022 wegen quälerischer Misshandlung von Nutztieren.

Gegen den Vater verhängte es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus muss er 12.000 Euro an einen Gnadenhof überweisen. Mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung traf es den Sohn härter. Wohl auch deshalb, weil er acht Kälber mit einem ungeeigneten Gerät und ohne Schmerzmittel enthornt hatte.

Die Revision der beiden Angeklagten blieb erfolglos: Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil (1 StR 145/23). Die Landwirte hätten kranke Rinder entweder gar nicht oder viel zu spät von Tierärzten behandeln lassen. Die Tiere hätten daher länger anhaltende, erhebliche Schmerzen erdulden müssen, erklärten die Bundesrichter. Viele Rinder habe man am Ende notschlachten müssen.

Derartige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und gegen die Nutztierhaltungsverordnung seien mit "Betriebsblindheit" und Überforderung nicht zu entschuldigen, auf die die Landwirte sich berufen hätten. Über die Freiheitsstrafen hinaus dürften sie fünf Jahre lang keine "landwirtschaftlichen Nutztiere" mehr halten.

Schlachten von Freilandrindern

Wagyu-Züchter dürfen zwei Rinder durch Kugelschuss auf der Weide töten

Einmal mehr musste sich die Justiz mit der Frage "Kugelschuss oder Bolzenschuss?" befassen. Nebenerwerbslandwirte, die ihre Wagyu-Rinder ganzjährig im Freien halten, hatten 2021 vom Landkreis die Erlaubnis erhalten, zwei Rinder mit Kugelschuss auf der Weide zu töten. Ein Jahr später beantragten sie erneut eine Genehmigung, die der Landkreis jedoch diesmal mit Verweis auf Sicherheitsrisiken ablehnte.

Nur wenn das Schlachten im Standardverfahren mit Bolzenschuss Mensch oder Tier gefährde, dürfe ausnahmsweise der Kugelschuss angewandt werden, lautete die Auskunft. Doch die Rinderzüchter verfolgten ihr Anliegen weiter und bekamen vom Verwaltungsgericht (VG) Koblenz Recht (3 K 39/23.KO).

Rinder, die ganzjährig im Freien weideten, dürften durch Kugelschuss auf der Weide getötet werden, erklärte das VG. Die Ansicht des Landkreises, der Bolzenschuss sei generell dem Kugelschuss vorzuziehen, gehe fehl: Bei Freilandrindern sei vielmehr der Kugelschuss als das Regelverfahren anzusehen. Korrekt angewendet, sei diese Schlachtmethode nämlich mit weniger Schmerz und Stress für die Tiere verbunden.

Beim Bolzenschuss müsse man das Rind fixieren und ruhigstellen — das sei für Freilandrinder extrem belastend. Zudem bestehe bei dieser Methode stets die Gefahr einer fehlerhaften Betäubung. Daher dürfe der Landkreis die Erlaubnis für den Kugelschuss nicht verweigern, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür im Prinzip vorlägen. Das sei hier der Fall: Die Rinder würden ganzjährig im Freien gehalten und der Züchter verfüge über den nötigen Sachkundenachweis.

Wenn nachts die Hähne krähen

Wird die nachts zulässige Lautstärke überschritten, können Nachbarn Schallschutzmaßnahmen verlangen

Einmal mehr musste sich die Justiz mit dem bayerischen Dorfleben befassen: In einer ländlich geprägten Gegend fühlte sich ein Hauseigentümer durch die drei Hähne des Nachbarn gestört: Sie krähten nämlich besonders gerne in der Nacht. Davon wachten der Hauseigentümer und seine Frau regelmäßig auf. Deshalb erhob er Unterlassungsklage und ließ den Geräuschpegel messen. Resultat: Die Hähne erreichten einen beachtlichen Höchstpegel von bis zu 65 dB (A).

Gemäß TA Lärm ("Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm") ist von 22 Uhr bis 6 Uhr nur eine Lautstärke von 60 dB (A) zulässig. Diesen Grenzwert überschritt also das Krähen, was auch das Amtsgericht einräumte. Es wies dennoch die Klage des Hauseigentümers ab, weil in einem ländlich geprägten Gebiet das Halten von Nutztieren zur Selbstversorgung ortsüblich sei. Der Nachbar müssten daher die Beeinträchtigung hinnehmen.

Der Nachbar legte gegen das Urteil Berufung ein und setzte sich beim Landgericht Mosbach durch (5 S 47/22). Anders als das Amtsgericht verneinte das Landgericht eine "Duldungspflicht": Man könne auch in ländlichen Gebieten nicht jeglichen Lärmschutz mit dem pauschalen Hinweis aushebeln, dass Tierhaltung ortsüblich sei und dass das auch für Tierhaltung aus Liebhaberei gelte.

Die Gesundheit der Anwohner, die unter ständigen Schlafstörungen leide, sei höher zu bewerten als der Wunsch der Nachbarn, ihr Hobby Hühnerzucht ungestört auszuüben. Die Nachbarn müssten dafür sorgen, dass nachts das Krähen unter dem zulässigen Höchstwert bleibe. Die vom Sachverständigen geschätzten Kosten für eine Schallisolierungsmaßnahme (ca. 4.000 Euro) seien für die Hühnerzüchter wirtschaftlich zumutbar.

Unfall beim Stapeln von Strohballen

Der verletzte Helfer unterstützte einen befreundeten Landwirt: Ein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung?

Im August 2021 waren Gewitter angekündigt. Der Landwirt musste eilig die Strohernte einfahren und die Ballen in der Scheune einlagern. Sohn und Bruder waren verhindert, deshalb rief er einen Bekannten an und bat ihn um Hilfe. Der Maschinenschlosser, dessen Schwester mit der Frau des Landwirts gut befreundet war, hatte auch seinem Onkel schon bei der Strohernte geholfen.

Der Mann sagte zu und unterstützte am nächsten Tag den Landwirt beim Stapeln der Strohballen in der Scheune. Dabei ereignete sich das Unglück: Vom Förderband, das die Strohballen nach oben transportierte, fiel ein ca. 20 Kilogramm schwerer Ballen herunter und traf den Helfer am Rücken. Er sackte zusammen und konnte nicht mehr aufstehen. Gebrochene Wirbel mussten langwierig behandelt werden.

Bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung beantragte der Unglücksrabe Leistungen: Es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, da er im Interesse des Landwirts eine "arbeitnehmerähnliche Tätigkeit" verrichtet habe. Doch die Unfallversicherung sah das anders: Gefälligkeiten unter Freunden seien nicht gesetzlich unfallversichert.

Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg verneinte einen Arbeitsunfall und wies die Klage des Verletzten ab (L 1 U 3333/22). Hier sei es um einen Hilfsdienst gegangen, dessen Motiv die freundschaftliche Verbundenheit zwischen der Familie des Verletzten und der Familie des Landwirts gewesen sei. Über eine Gegenleistung sei am Telefon nicht gesprochen worden, habe der Verletzte selbst betont: "Er helfe eben einfach auch so mal …".

So eine Hilfe diene dazu, eine Freundschaft zu festigen. Sie ähnle damit keineswegs einer Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Denn die sei nicht durch uneigennützige Hilfe, sondern durch gegenseitigen Austausch von Leistungen geprägt. Wenn die Pflege einer sozialen Beziehung zum Auftraggeber im Vordergrund stehe, liege keine "arbeitnehmerähnliche Tätigkeit" vor.

Der Schlosser habe den Landwirt ca. fünf Stunden bei der Arbeit unterstützen sollen. Dieser Umfang der Tätigkeit sei bei einer einmaligen Mithilfe in der Landwirtschaft nicht ungewöhnlich und gehe nicht über den Rahmen hinaus, den man unter Freunden erwarten könne.

Jagdschein wird nicht verlängert

Ein Jagdpächter nahm regelmäßig die Jagdwaffe in die Wohnung seiner Freundin mit

Bei einer unangekündigten Kontrolle der Waffenaufbewahrung wurde festgestellt, dass eine Repetierbüchse des Jagdpächters fehlte. Er sei in der vergangenen Nacht auf der Jagd gewesen, teilte der Mann mit. Gegen vier Uhr morgens sei er dann mit der Jagdwaffe in die Wohnung von Frau Z gefahren, seiner Freundin. Auch dort habe er einen abschließbaren Waffenschrank.

Daraufhin entzog ihm die zuständige Behörde die Waffenbesitzkarte und lehnte es ab, seinen Jagdschein zu verlängern. Begründung: Den zweiten Waffenschrank habe der Jäger nicht angezeigt. Zudem handle es sich um einen Schrank der Sicherheitskategorie A. In solchen Schränken Langwaffen und Munition aufzubewahren, sei laut Waffengesetz schon seit 2017 unzulässig.

Gegen die Sanktion wehrte sich der Jagdpächter und beantragte im Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz: Vorübergehend, nach der Jagd, dürfe man Waffen auch außerhalb des häuslichen Waffenschranks aufbewahren. Das müsse er doch nicht der Behörde melden. Den Jagdschein benötige er dringend, weil sein Jagdpachtvertrag noch bis 2027 laufe: Er sei alleiniger Jagdausübungsberechtigter und als solcher zum Jagdschutz und zum Bergen von Wild verpflichtet.

Beim Verwaltungsgericht (VG) Schwerin hatte der Jagdpächter jedoch keinen Erfolg mit seinem Antrag (3 B 510/23 SN). Das Jagdrecht könne er auch ohne Jagdschein auf Dritte übertragen, so das VG: Wenn er zuverlässige Unterpächter und Jäger auswähle, müsse er auch nicht fürchten, von der Jagdbehörde als Jagdpächter auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, weil seine Jäger die Jagd nicht korrekt ausübten.

Die Erlaubnis, Jagdgewehre vorübergehend nicht im häuslichen Waffenschrank aufzubewahren, beziehe sich nur auf Ausnahmesituationen — wie z.B. eine Jagdreise, während der Jäger Waffen im Hotelsafe deponieren dürften. Diese Erlaubnis gelte aber nicht, wenn ein Jäger nach der Jagd zur Wohnung seiner Freundin fahre, um dort zu übernachten. Außerdem sei dieser Verstoß gegen das Waffengesetz nicht ausnahmsweise erfolgt, sondern wiederholt!

Der Jagdpächter habe die Büchse regelmäßig in einem ungeeigneten Waffenschrank aufbewahrt. Darüber hinaus habe er dies der Waffenbehörde nicht angezeigt und ihr auf diese Weise eine unangekündigte Aufbewahrungskontrolle unmöglich gemacht. Das sei keine situationsbedingte Nachlässigkeit, sondern offenbare einen prinzipiell sorglosen Umgang mit Waffen und Munition. So ein Verhalten rechtfertige die Prognose, dass er Waffen auch künftig nicht sorgfältig verwahren werde.

Schallprognose für Windkraftanlage fehlerhaft?

Landwirt klagt vergeblich gegen die Genehmigung für die Anlage

Das Wohnhaus des Grundeigentümers befindet sich am Rand der Stadt W, einige Ackerflächen südlich davon gehören ihm. Auf einem angrenzenden Waldstück, ca. 800 Meter vom Wohnhaus entfernt, war der Bau einer weiteren Windenergieanlage geplant und vom Landkreis trotz eines nahen Naturschutzgebiets genehmigt worden: Es seien keine zusätzlichen Auswirkungen auf die Umwelt zu befürchten, so das Ergebnis der Umweltprüfung.

Dem widersprach der Landwirt, weil er die Schallprognose für das Bauvorhaben für fehlerhaft hielt: Der Standort sei bei zehn Grad Celsius schalltechnisch vermessen worden. Vor Ort herrschten aber im Winter nachts regelmäßig Temperaturen weit unter "Null". Das wirke sich auf die Ausbreitung des Schalls aus: Die Gesamtbelastung an seinem Haus werde deutlich über dem berechneten Wert liegen und 45 dB(A) überschreiten.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen konnte diese Befürchtungen nicht nachvollziehen und wies die Klage gegen die Genehmigung für die Windenergieanlage ab (7 D 316/21.AK). Das bei der Umweltprüfung benutzte Prognosemodell gehe von den für die Schallausbreitung günstigsten Witterungsbedingungen aus, erklärte das OVG: Kälte könne daher im Winter den Schallpegel nicht erheblich erhöhen.

Die Sorge des Grundeigentümers, die Lärmwerte könnten durch altersbedingten Verschleiß der Windenergieanlagen ansteigen, sei nicht ganz unberechtigt. Das bedeute aber ebenfalls nicht, dass die Genehmigung rechtswidrig wäre. Sollte sich Verschleiß auf diese Weise auswirken und die Anlagengeräusche den zulässigen Schallpegel überschreiten, wäre die zuständige Behörde des Landkreises verpflichtet, im Rahmen der Anlagenkontrolle einzuschreiten. Dasselbe gelte für den Fall, dass die älteren Windenergieanlagen in der Umgebung die nächtlichen Lärmrichtwerte überschreiten.

Taschenlampe an der Jagdflinte montiert

Das ist laut Waffengesetz verboten: Jäger muss Waffen und Waffenerlaubnisse abgeben

Bei einem Jäger wurde unangekündigt kontrolliert, ob er die Waffen vorschriftsmäßig aufbewahrte. Dabei stellten die Beamten fest, dass der Mann an einer Bockbüchsflinte mit Klebeband eine Taschenlampe montiert hatte. Vorrichtungen, die das Ziel beleuchten, sind laut Waffengesetz verboten. Deshalb und weil der Jäger auf sie einen "psychisch labilen" Eindruck machte, stellten die Kontrolleure seine Waffen sicher. Die Waffenerlaubnisse wurden widerrufen.

Der Jäger wehrte sich: Die Taschenlampe habe er montiert, um auf seinem Grundstück Zielübungen durchzuführen. Dass das gegen Waffen- und Jagdgesetz verstoße, habe er nicht gewusst. Schließlich dürfe man auch Nachtsichtgeräte und bei der Jagd auf Schwarzwild künstliche Lichtquellen benützen. Psychisch angeknackst sei er keineswegs. Er sei nur wegen seiner Scheidung und wegen der Kontrolle etwas "angespannt" gewesen, müsse zudem aufgrund gesundheitlicher Probleme Medikamente nehmen.

Gegen die Sanktionen zog der Jäger vor Gericht, seine Klage hatte beim Verwaltungsgericht (VG) Schwerin jedoch keinen Erfolg (3 A 807/22 SN). Auf die Ausnahmeregel, die das Jagdrecht für die Jagd auf Schwarzwild vorsehe, könne sich der Jäger nicht berufen, stellte das VG fest: Denn dabei dürfe die künstliche Lichtquelle nicht mit der Waffe verbunden sein, sondern müsse eigenständig verwendet werden.

Indem der Jäger eine Lampe fest auf dem Jagdgewehr montierte, habe er eine verbotene Waffe geschaffen, so das VG. Das stelle eine Straftat dar. Wer eine Straftat begehe, dem fehle es an der für Waffenerlaubnisse notwendigen Zuverlässigkeit. Der Jäger habe eine zentrale Vorschrift des Waffenrechts missachtet, die dem Schutz der Allgemeinheit vor missbräuchlichem Umgang mit verbotenen Waffen diene. Unwissenheit sei da keine Entschuldigung.

Zum einen sei so ein Irrtum leicht zu vermeiden. Über die Vorschriften des Waffenrechts im jeweiligen Bundesland, die man als Waffenbesitzer kennen müsse, könne sich jedermann unschwer auf der Webseite des Deutschen Jagdverbandes informieren. Zum anderen liege auch im Fall eines fahrlässigen Unwissens ein grober Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Auch dann drohe Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Fischottern getötet

Die Ausnahmegenehmigungen dafür waren trotz der Verluste der Fischzüchter rechtswidrig

Auf Antrag oberpfälzischer Fischzüchter hatte die Regierung der Oberpfalz 2021 im Rahmen eines Pilotprojekts ausnahmsweise erlaubt, in einigen Teichgebieten jeweils höchstens zwei Fischottermännchen lebend zu fangen und zu töten. Fischotter gefährdeten hier die Fischbestände, so die Begründung. Daher sei die Maßnahme notwendig, um weitere Schäden für die Teichwirtschaft zu verhindern.

Zwei Naturschutzverbände klagten gegen die Maßnahme, das Verwaltungsgericht Regensburg hob die bis Ende 2021 gültigen Ausnahmegenehmigungen im Sommer auf. Gegen diese Entscheidung legte der Freistaat Bayern Berufung ein. Als das Verfahren 2022 stattfand, waren zwar die Ausnahmeerlaubnisse schon abgelaufen. Da die Naturschutzverbände aber befürchteten, solche Genehmigungen könnten sich wiederholen, verlangten sie, die Bescheide nachträglich für unzulässig zu erklären.

Zu Recht, entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (14 B 22.1696). Eine nachträgliche Prüfung sei hier nicht überflüssig, da es nicht ausgeschlossen sei, dass die Behörde nochmals vergleichbare, rechtswidrige Bescheide erlassen könnte. Eine Ausnahmegenehmigung fürs Töten setze den Nachweis voraus, dass das Töten von — in Europa streng geschützten — Fischottern erforderlich und geeignet sei, ernsthafte ökonomische Nachteile für die Fischereiwirtschaft zu vermeiden.

So ein Nachweis auf Basis wissenschaftlicher Daten sei der Regierung der Oberpfalz jedoch nicht gelungen. Sie habe die Ausnahmegenehmigung widersprüchlich begründet. Einerseits gehe die Behörde davon aus, das Töten von Fischottern werde die Schäden in der Teichwirtschaft spürbar verringern. Andererseits formuliere sie selbst die Prognose, die so entstandene Lücke werde wohl bald durch andere Fischottermännchen gefüllt werden … Da läge es doch näher, nach anderen, effizienteren Methoden zu suchen, um die Fischbestände zu schützen.

Ackerfurchen für Kartoffeln angelegt

Haftet der Landwirt deshalb für Wasserschäden in einem weiter unten liegenden Haus?

Zwei Mal hatten Hauseigentümer nach starken Regenfällen Wasser aus ihrem Keller pumpen müssen. Verursacht habe den Schaden letztlich ein geänderter Anbau auf einem höher gelegenen Acker, erklärten sie und forderten Schadenersatz vom Landwirt. Dieser hatte auf dem Acker früher Getreide angebaut und dann auf Kartoffeln umgestellt. Für das Setzen der Kartoffeln hatte der Landwirt Ackerfurchen angelegt — hangabwärts ausgerichtet.

Für die Hauseigentümer stand damit fest, wie es zum Wasserschaden kam: Bei starkem Regen sei über die Furchen viel mehr Wasser abwärts geflossen als früher, quer über einen Wirtschaftsweg in eine Kuhle auf dem benachbarten städtischen Grundstück. Dort habe sich ein Teich gebildet, der dann Wasser durch ihre Kellermauern gedrückt habe.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf wies die Schadenersatzklage der Hauseigentümer ab: Möglicherweise habe der Kartoffelanbau den Wasserabfluss vom Acker etwas verstärkt. Wollte man jedoch in solchen Fällen eine Haftung bejahen, könnten Bauern in hügeligen Gegenden überhaupt nichts mehr anbauen, so die Begründung. Gegen diese Entscheidung legten die Nachbarn Revision ein.

Doch im Wesentlichen beurteilte der Bundesgerichtshof den Fall genauso (III ZR 92/22). Das Wasserhaushaltsgesetz verpflichte zwar die Eigentümer höher gelegener Grundstücke, Änderungen zu unterlassen, die für tiefer liegende Grundstücke nachteilig sein könnten. Im Bereich der Landwirtschaft müsse man diese Vorschrift aber eng auslegen, um Ackerbau nicht unmöglich zu machen: Werde der Wasserabfluss von einem Feld durch übliche landwirtschaftliche Nutzung erhöht, sei dies nicht als unzulässiger Eingriff ins Eigentum der Nachbarn anzusehen.

Landwirte müssten auf ihre Nachbarn Rücksicht nehmen, soweit wie das bei ihrer Art und Weise des Anbaus möglich sei. Sie müssten also nicht auf bestimmte Pflanzen oder Anbauarten verzichten. Eine Haftung für die Schäden käme nur in Betracht, wenn der Landwirt die Ackerfurchen ohne Notwendigkeit nach dem Gefälle ausgerichtet hätte. Ob das notwendig sei, um Kartoffelpflanzen zu kultivieren, müsse das OLG Düsseldorf noch prüfen und dann dem Ergebnis entsprechend über den Fall entscheiden.

Jagdgenossenschaft setzt Wildschongebiet durch

Leinenzwang: Pferdezüchter sieht seine Ausbildungsritte mit freilaufenden Hunden bedroht

Die niedersächsische Gemeinde Jesteburg hatte auf Antrag einer Jagdgenossenschaft ein Wildschongebiet ausgewiesen. Das bedeutete ganzjährigen Leinenzwang für Hunde auf einigen Feldern, Waldflächen und Wirtschaftswegen im Jagdrevier.

Die Jagdgenossenschaft hatte zunehmende Störungen durch freilaufende Hunde beklagt — die Folge dichterer Wohnbebauung. Die Störungen hätten zu einem erheblichen Rückgang des Bestands an Rehen, Hasen und Kaninchen geführt. Durch hohen Jagddruck im benachbarten Wald könne sich das Wild auch dorthin kaum noch zurückziehen.

Gegen das Wildschongebiet wehrte sich ein Mitglied der Jagdgenossenschaft, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Der Pferdezüchter bildet die Pferde auch aus. Sein Argument: Zur Ausbildung gehöre es, Ausritte mit freilaufenden Hunden zu unternehmen. Nur, wenn sie an Hunde gewöhnt seien, könne er Pferde gewinnbringend verkaufen. Vor allem einen Wirtschaftsweg auf seinem Grund benötige er dafür, der südlich das Schongebiet begrenzen solle. Der Leinenzwang für Hunde gefährde seinen Betrieb.

Beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen erreichte der Pferdezüchter nur einen vorläufigen Erfolg (10 KN 92/21). Es erklärte die kommunale Verordnung nur deshalb für unwirksam, weil die Grenzen des Wildschongebiets weder dem Verordnungstext, noch den veröffentlichten Karten wirklich exakt zu entnehmen waren. Die Grenzen müssten eindeutig feststehen, so das OVG. Doch der Sache nach hatte das OVG nichts gegen das Wildschongebiet einzuwenden.

Wenn es darum gehe, wild lebende Tiere vor freilaufenden Hunden und deren Jagdtrieb zu schützen, könnten Gemeinden bestimmen, dass Hunde im Gelände ganzjährig angeleint werden müssten und nicht nur in der Schonzeit. Hundehalter ließen ihre Tiere häufig wildern und streunen. Für Rehe und andere wild lebende Tiere Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen, sei daher notwendig. Dieses Ziel überwiege hier auch die betrieblichen Belange des Pferdezüchters.

Denn er habe nicht dargelegt, warum er die Pferde nicht auf anderen Wirtschaftswegen oder auf den Pferdeweiden rund um seine Hofstelle trainieren könne. Für die Ausritte mit Begleithunden könne der Züchter auch abgeerntete Äcker und Grünlandflächen nutzen, die nicht im Schongebiet lägen — er sei dafür nicht auf Wege und Flächen im Schongebiet angewiesen. Auf seinem Wirtschaftsweg dürfe er vom 1. April bis 15. Juli ohnehin nicht mit freilaufenden Hunden trainieren und müsse auf anderes Gelände ausweichen.

Auffahrunfall mit Traktor

Der schuldige Autofahrer haftet auch für gesundheitliche Spätfolgen beim Unfallgeschädigten

Der 40 Jahre alte Nebenerwerbslandwirt L arbeitete hauptberuflich als Versuchstechniker für die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er im März 2016 mit einem Traktor auf einer Landstraße unterwegs, als ein Autofahrer von hinten gegen den linken Hinterreifen des Traktors fuhr. Der Traktor wurde bei dem Auffahrunfall schwer beschädigt, dafür kam die Kfz-Versicherung des Verursachers auf.

Dagegen schien Herr L zunächst glimpflich davonzukommen: Er wurde mit der Diagnose "Schleudertrauma an der Halswirbelsäule" krankgeschrieben. Vier Monate später erlitt L jedoch bei der Arbeit einen Riss der Hauptschlagader (Aortendissektion), erhielt nach mehreren Operationen einen Herzschrittmacher und bekam eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Die Landwirtschaft musste er aufgeben.

Vom Unfallverursacher verlangte L Ersatz für alle Unfallschäden: Auch der Riss in der Hauptschlagader sei eine Folge des Auffahrunfalls, denn dabei sei er mit dem Oberkörper gegen das Lenkrad geschleudert worden. Diesen Zusammenhang bestritten der Autofahrer und seine Kfz-Versicherung: Der schwer übergewichtige Landwirt leide seit Jahren unter Bluthochdruck, nur dieses Problem könne die Aortendissektion verursacht haben.

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied den Streit zu Gunsten des Traktorfahrers L (7 U 24/22). Der medizinische Sachverständige habe erläutert, dass die nach dem Unfall durchgeführte Computertomographie keine Veränderungen an der Aortenwand zeige, wie sie in der Regel durch Bluthochdruck entstehen. Bluthochdruck komme als Grund für die Dissektion deshalb hier nicht in Frage. Herzbeschwerden müssten auch nicht sofort nach einem Unfall auftreten. Verletzungen der Hauptschlagader zeigten sich manchmal erst nach längeren Zeiträumen ohne Beschwerden.

Auch das Gutachten des Unfallsachverständigen, der den Traktor analysiert habe, spreche dafür, dass die Aorta von L beim Unfall traumatisch geschädigt worden sei. Der luftgefederte Traktorensitz habe sich demnach zum Unfallzeitpunkt in der so genannten Schwimmstellung befunden. Das bedeute: Der Sitz sei durch den Heckaufprall erst nach hinten und dann nach vorne geschleudert worden. Dass L durch den Aufprall nach vorne gegen das Lenkrad geschleudert worden sei, stehe also fest.

Daher müsse die Kfz-Versicherung des Autofahrers auch für die Folgen der Aortendissektion einstehen, die L Monate nach dem Auffahrunfall erlitten habe.

Forstwirt setzt Jagdzeitverlängerung durch

Vermehrter Wildverbiss stellte den Waldumbau hin zum klimafesteren Mischwald in Frage

Jäger S ist Inhaber eines forstwirtschaftlichen Betriebs in seinem Eigenjagdrevier. Beim Landratsamt beantragte er im Herbst 2022 wegen massiver Bissschäden in seinem Wald zum wiederholten Mal, die Jagdzeit zu verlängern. Genauer: die am 16. Januar beginnende Schonzeit für weibliches Rehwild und Kitze bis 15. Februar 2023 aufzuheben. Andernfalls könne er seine Rehwild-Abschussquote nicht erfüllen.

Das Wild bleibe mittlerweile bis in den Februar hinein auf den Feldern, erklärte Jäger S, und ernähre sich dort von Körnermais. Da könne man wegen der vielen Spaziergänger und anderer Freizeitaktivitäten nicht schießen. Erst im Spätwinter ziehe das Wild in den Wald, in der sensibelsten Zeit für neu angepflanzte Bäume. Knospen seien für Rehwild ein "gefundenes Fressen". In dieser Zeit drohe besonders hoher Schaden, umso wichtiger sei es, Wild zu schießen. Ansonsten werde es fast unmöglich, Laubhölzer neu aufzuforsten.

Das Landratsamt lehnte den Antrag ab: Der Jagdbeirat sei aus wildbiologischen Gründen dagegen, Ausnahmen von der Schonzeit zuzulassen und dem Wild im Winter die Ruhezeit zu nehmen. Das Abschuss-Soll sei bis 15. Januar problemlos zu erreichen, wenn man in der restlichen Jagdsaison richtig vorgehe. Außerdem verringere es den Wildverbiss nicht erheblich, wenn die Jagdzeit verlängert werde.

Das Verwaltungsgericht München stellte sich auf die Seite des Forstwirts (M 7 E 23.132). Er habe nachvollziehbar vorgetragen, dass ihm unzumutbare wirtschaftliche Schäden drohten. Auf Flächen mit Totalausfall könne dies rund 10.000 Euro je Hektar ausmachen, habe der gerichtliche Sachverständige errechnet. Da das Revier von S zwischen landwirtschaftlichen Flächen mit viel Maisanbau liege, ziehe das Rehwild erst in der Schonzeit vermehrt in den Wald und weide dort die ersten Sprösslinge der Forstkulturen ab.

Die Mischbaumarten litten besonders am Schalenwildverbiss. Dass gerade die Neupflanzungen beschädigt werden, störe den Waldumbau massiv, der aufgrund des Klimawandels dringend notwendig sei. Auf den Flächen mit Naturverjüngung sei jetzt schon zu erkennen, dass die Baumarten Eiche, Buche und Ahorn komplett ausfallen könnten. Deshalb müsse der Rehwildbestand im Revier dringend reduziert werden, wenn der angestrebte Wechsel zu Mischbeständen gelingen solle.

Aus der Tatsache, dass sich der Wildverbiss nach bisher erst einmaliger Verkürzung der Schonzeit nicht merklich verbessert habe, dürfe man nicht voreilig darauf schließen, dass die Maßnahme "nichts bringe", betonte das Gericht. Wie sich der vermehrte Abschuss auswirke, könne man frühestens nach Ablauf eines Jagdjahres bewerten.

Nachbarin möchte "Altenteilerhaus" verhindern

Die Baugenehmigung für den landwirtschaftlichen Betrieb war rechtmäßig

Nach einem landwirtschaftlichen Studium hat Frau H im Sommer 2021 den elterlichen Betrieb übernommen. Die Vollerwerbslandwirtin bewirtschaftet 33 ha Ackerland, auf dem das Futter für ca. 50 Pensionspferde angebaut wird. Mit den Eltern und ihrem Partner lebt sie in einem Haus auf dem Hof. Anfang 2022 beantragte Frau H bei der Baubehörde, den Bau eines behindertengerechten Altenteilerhauses für die Eltern zu genehmigen.

Das Bauvorhaben diene dem landwirtschaftlichen "Pensionspferdehaltungsbetrieb", erklärte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Daher sei es zulässig, obwohl das Grundstück im Außenbereich liege. In landwirtschaftlichen Betrieben sei es seit jeher üblich, dass mehrere Generationen auf dem Hof lebten und mitarbeiteten. Die Altenteiler seien in die Betriebsabläufe eingebunden, ihre Mithilfe sei notwendig. Insofern helfe das Altenteilerwohnhaus, die Existenz des Betriebs zu sichern.

Eine Nachbarin klagte gegen die Baugenehmigung: Das erst 2004 gebaute Haus an der Hofstelle sei für zwei Paare groß genug, wandte sie ein. Die Nachbarin bestritt auch, dass die Eltern noch auf dem Hof mitarbeiteten. Dass die Zufahrt zum Bauvorhaben über ihr Grundstück verlaufe, sei schon unzumutbar. Obendrein drohe nun auch Wasserrückstau auf ihrem Grund, wenn vom Baugrundstück Abwasser eingeleitet werde. Denn für die Entwässerung reichten die Kapazitäten nicht.

Das Verwaltungsgericht Ansbach ließ die Einwände nicht gelten (AN 3 S 22.02354). Nach dem Gutachten des bayerischen Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sei das Bauvorhaben "privilegiert", d.h. im Außenbereich zulässig, weil es für den landwirtschaftlichen Betrieb notwendig sei. So eine Stellungnahme der fachkundigen Stelle habe Gewicht. Die Nachbarin stelle die Privilegierung in Frage — dabei sollten die Rechtsvorschriften zum Bauen im Außenbereich nicht die Nachbarn schützen, sondern die Natur.

Ebenso wenig könne sich die Nachbarin darauf berufen, dass die Erschließung des Bauvorhabens und die Zufahrt nicht gesichert seien. Selbst wenn das zuträfe, könnte sie mit diesem Argument das Bauvorhaben nicht abwehren. Durch das Bauvorhaben ändere sich aber gar nichts: Schon bisher müsse sie es hinnehmen, dass die Zufahrt zum Pensionspferdebetrieb über ein Grundstück in ihrem Miteigentum verlaufe. Die Baugenehmigung verschlechtere die Lage also nicht.

Unbegründet und "ins Blaue hinein" behaupte die Nachbarin Probleme durch das Ableiten des Abwassers. Der Kanalisations-Zweckverband habe ihr bereits mehrmals mitgeteilt, dass das Bauvorhaben problemlos an die Kanalisation angeschlossen werden könne und eine Überlastung des Systems nicht zu befürchten sei. Rückstauprobleme am Wohnhaus der Nachbarin könnten schon deshalb nicht entstehen, weil ihr Hausgrundstück nicht direkt neben dem Baugrundstück liege.

Gülle ist bodennah auszubringen

Düngeverordnung: Landwirt kämpft vergeblich um eine Ausnahmeerlaubnis

Die Regeln der Düngeverordnung sollen die Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft verringern. Seit Februar 2020 ist es unter anderem vorgeschrieben, Düngemittel wie Gülle streifenförmig bodennah auszubringen oder sie direkt in den Boden einzuarbeiten.

Das bayerische Amt für Ernährung, Landwirtschaften und Forsten (AELF) hat Anfang 2020 geregelt, unter welchen Bedingungen Landwirte von dieser Vorschrift befreit werden können. Das ist z.B. der Fall, wenn sie einen kleinen Betrieb mit "weniger als 15 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche" führen.

Landwirt X, der in Bayern 30 Milchkühe hält und eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 37,6 ha bewirtschaftet, beantragte eine Ausnahmegenehmigung für sein gesamtes Ackerland. Für seinen Betrieb sei es unmöglich, Gülle bodennah auszubringen, erklärte er. Sein Güllefass könne er technisch nicht nachrüsten und die Investition in ein teures Gerät mit bodennaher Ausbringtechnik sei unwirtschaftlich. Außerdem setze er sowieso seit zehn Jahren Bio-Pulver ein, um die Ammoniakemissionen zu reduzieren.

Das AELF lehnte seinen Antrag ab. Die Klage des Landwirts gegen diesen Bescheid blieb beim Verwaltungsgericht (VG) Ansbach ebenfalls erfolglos (AN 14 K 20.01265). Der Gülle Bio-Pulver zuzusetzen, verringere die Ammoniakemissionen beim Ausbringen des Düngers nachweislich nicht so effektiv wie das bodennahe Arbeiten, so das VG.

Eine Ausnahmegenehmigung für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb komme nicht in Frage, weil Landwirt X mehr als 15 ha Nutzfläche bewirtschafte. Auf 15 ha — oder noch weniger — Ackerfläche Dünger mit unterschiedlichen Techniken auszubringen und dafür teure Geräte zu beschaffen, sei für Landwirte unzumutbar. Das gelte für Landwirt X jedoch nicht.

Allerdings könnte er eine Ausnahmeerlaubnis für einzelne Äcker mit Besonderheiten erhalten: Direkt an der Hofstelle lägen steile Hänge, an denen man einen Schlepper mit angehängtem hohem Gewicht aus Sicherheitsgründen nicht einsetzen könne. Auch seien einige Flächen mit großen landwirtschaftlichen Maschinen nicht oder nur sehr mühsam erreichbar.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft habe die von X bewirtschafteten Flächen, für die eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden könne, mit insgesamt 4,87 ha angegeben. Wenn man diese Flächen und zudem das Grünland abziehe, bewirtschafte Landwirt X immer noch Ackerland von ca. 17 ha Größe, die sich für das bodennahe Ausbringen von Düngemittel eigneten.

Forstunternehmer verletzte sich beim Holzspalten

Kein Arbeitsunfall: Holz für die Wohnung der Eltern dient nicht dem Forstbetrieb

Im September 2021 erlitt ein 52-jähriger Mann, der im Nebenerwerb einen forstwirtschaftlichen Betrieb führt, einen Unfall: Beim Bedienen des Holzspalters sprang ein größeres Holzscheit ab und gegen sein Schienbein. Die Risswunde musste mehrmals ärztlich behandelt werden. Der Forstunternehmer ist in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gesetzlich unfallversichert.

Doch die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, die Kosten für Behandlung und Reha-Maßnahmen zu übernehmen: Hier handle es sich nicht um einen Arbeitsunfall, so der Bescheid, denn das Holz stammte weder aus dem eigenen Wald, noch sei es für landwirtschaftliche Zwecke verarbeitet worden. Vielmehr habe der Forstunternehmer Holz zugekauft und gespalten, um damit seine Wohnung und die seiner Eltern zu heizen.

Dem widersprach der Versicherte: Von der Hofstelle aus werde der forstwirtschaftliche Betrieb organisiert, da gebe es einen betriebswirtschaftlichen Zusammenhang. Außerdem sei er laut Hofübergabevertrag verpflichtet, die Eltern ("Altenteiler") mit Brennholz für den Winter zu versorgen. Er sei also im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Forstwirt verunglückt.

Das Sozialgericht München wies die Klage des Forstwirts gegen die Berufsgenossenschaft ab (S 1 U 5029/22). Der Unfall sei zwar in seiner Scheune auf dem Betriebsgelände und mit einer Maschine seines Betriebs passiert. Der Versicherte habe aber keine Erzeugnisse seines Betriebs verarbeitet, sondern Holz für private Zwecke zugekauft und gespalten. Das Holz habe nicht dem Forstbetrieb dienen sollen, sondern dem Haushalt der Altenteiler.

Dass der Forstwirt damit Pflichten aus dem Übergabevertrag erfüllt habe, ändere daran nichts. Zwar diene eine möglichst umfassende Versorgung der Hofübergeber einer funktionierenden, generationenübergreifenden Landwirtschaft. Das bedeute aber nicht, dass man durch private Vereinbarungen zwischen den Hofübergebern und den Hofübernehmern — wie hier das Liefern von Brennholz — den Unfallversicherungsschutz beliebig erweitern könne. Nicht jede im "Altenteilervertrag" vereinbarte Pflicht stehe unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.