Umweltfragen

Hauseigentümer will Hecke nicht stutzen

Kurzartikel

Verlangt die Kommune von einem Hauseigentümer den Rückschnitt einer Hecke, die in den schmalen Gehweg hineinragt und so die Verkehrssicherheit gefährdet, kann er den Eingriff nicht mit dem Verweis auf Naturschutz verweigern. Zwar sind von März bis September nur schonende Pflegeschnitte erlaubt. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn eine behördlich angeordnete Maßnahme der Verkehrssicherheit dient.

Fischottern getötet

Die Ausnahmegenehmigungen dafür waren trotz der Verluste der Fischzüchter rechtswidrig

Auf Antrag oberpfälzischer Fischzüchter hatte die Regierung der Oberpfalz 2021 im Rahmen eines Pilotprojekts ausnahmsweise erlaubt, in einigen Teichgebieten jeweils höchstens zwei Fischottermännchen lebend zu fangen und zu töten. Fischotter gefährdeten hier die Fischbestände, so die Begründung. Daher sei die Maßnahme notwendig, um weitere Schäden für die Teichwirtschaft zu verhindern.

Zwei Naturschutzverbände klagten gegen die Maßnahme, das Verwaltungsgericht Regensburg hob die bis Ende 2021 gültigen Ausnahmegenehmigungen im Sommer auf. Gegen diese Entscheidung legte der Freistaat Bayern Berufung ein. Als das Verfahren 2022 stattfand, waren zwar die Ausnahmeerlaubnisse schon abgelaufen. Da die Naturschutzverbände aber befürchteten, solche Genehmigungen könnten sich wiederholen, verlangten sie, die Bescheide nachträglich für unzulässig zu erklären.

Zu Recht, entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (14 B 22.1696). Eine nachträgliche Prüfung sei hier nicht überflüssig, da es nicht ausgeschlossen sei, dass die Behörde nochmals vergleichbare, rechtswidrige Bescheide erlassen könnte. Eine Ausnahmegenehmigung fürs Töten setze den Nachweis voraus, dass das Töten von — in Europa streng geschützten — Fischottern erforderlich und geeignet sei, ernsthafte ökonomische Nachteile für die Fischereiwirtschaft zu vermeiden.

So ein Nachweis auf Basis wissenschaftlicher Daten sei der Regierung der Oberpfalz jedoch nicht gelungen. Sie habe die Ausnahmegenehmigung widersprüchlich begründet. Einerseits gehe die Behörde davon aus, das Töten von Fischottern werde die Schäden in der Teichwirtschaft spürbar verringern. Andererseits formuliere sie selbst die Prognose, die so entstandene Lücke werde wohl bald durch andere Fischottermännchen gefüllt werden … Da läge es doch näher, nach anderen, effizienteren Methoden zu suchen, um die Fischbestände zu schützen.

Einzelhändler darf den Kunden leere Kartons mitgeben

Das verstößt nicht gegen die Verpackungsverordnung

Die Verpackungsverordnung soll den Hausmüll reduzieren, Abfallverwertung und -vermeidung fördern. Bei der Umsetzung gibt es aber immer wieder Probleme.

So wehrte sich der Inhaber eines Lebensmittelgeschäfts dagegen, dass er in Zukunft seinen Kunden nicht mehr die leeren Kartons zur Verfügung stellen durfte. Er nahm die zum Verkauf angebotenen Waren jeweils aus den Transportverpackungen, weil diese nicht in die Regale seines Ladens passten. Nun befürchtete er ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, weil er glaubte, es verstoße gegen die Verpackungsverordnung, wenn er Kunden die leeren Kartons mitgab.

Das Verwaltungsgericht Münster stellte jedoch klar, dass der Lebensmittelhändler kein Bußgeld zu befürchten hat (8 K 371/93). Er sei weder Hersteller, noch Vertreiber der Kartons. Nur die genannten Adressaten seien verpflichtet, Transportverpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und einer erneuten Verwendung oder einer Verwertung zuzuführen. Die Verpackungsverordnung sehe keine Pflicht zur Rückgabe der Kartons durch Einzelhändler vor.

Bei Bauarbeiten Nachbars Baum beschädigt

Die Baugenehmigung enthielt detaillierte Auflagen zum Schutz der Bäume

Im Garten von Ehepaar A stand nahe an der Grundstücksgrenze ein über 40 Jahre alter Walnussbaum. Teilweise waren seine Wurzeln mit denen eines Urweltmammutbaums auf dem Grundstück von Ehepaar B verwachsen. Die Stadt genehmigte ein Bauvorhaben der Architektin B auf ihrem eigenen Grund. Dafür durfte sie auch geschützte Bäume fällen: Allerdings war die Erlaubnis verknüpft mit Auflagen des Gartenbauamts zum Schutz der Bäume im Nachbarsgarten.

Im Auftrag von Frau B begann eine Baufirma mit dem Roden von Sträuchern und Bäumen. Bei den Erdarbeiten riss ein Arbeiter mit einer Baggerschaufel auch eine Wurzel des Walnussbaums ab. Daraufhin verhängte das Bauordnungsamt vorübergehend einen Baustopp, was den Baum aber nicht mehr rettete. Die Nachbarn A ließen ihn schließlich fällen. Vom Ehepaar B forderten sie Schadenersatz für den wertvollen Baum und die Beseitigungskosten von 2.261 Euro.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (12 U 92/22). Zwar hätten Eigentümer im Prinzip das Recht zur Selbsthilfe, wenn vom Nachbargrundstück aus Zweige und Wurzeln eindringen. Doch das Recht, über die Grundstücksgrenze hinüberwachsende Zweige und Wurzeln geschützter Bäume abzuschneiden, werde von der kommunalen Baumschutzsatzung eingeschränkt.

Hätte die Baufirma die daraus abgeleiteten Auflagen beachtet, wäre das Wurzelsystem des Walnussbaums durch die Bauarbeiten kaum beeinträchtigt worden. Für den Verlust des Baums hafte allerdings nicht die Firma, sondern das Ehepaar B. Die Bauherren treffe nämlich auch selbst die Pflicht, die behördlichen Auflagen einzuhalten und die in der Baugenehmigung vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen für die Bäume umzusetzen.

Das gelte auch dann, wenn sie eine fachkundige Baufirma beauftragten. Und im konkreten Fall erst recht, denn Architektin B habe als verantwortliche Bauleiterin den Baufortschritt nahezu täglich im Detail verfolgt. Sie hätte auf der Baustelle erkennen können und müssen, dass die Baufirma nicht die geforderten Maßnahmen zum Schutz der Bäume an der Grundstücksgrenze ergriffen habe (z.B. Berliner Verbau).

Forstwirt setzt Jagdzeitverlängerung durch

Vermehrter Wildverbiss stellte den Waldumbau hin zum klimafesteren Mischwald in Frage

Jäger S ist Inhaber eines forstwirtschaftlichen Betriebs in seinem Eigenjagdrevier. Beim Landratsamt beantragte er im Herbst 2022 wegen massiver Bissschäden in seinem Wald zum wiederholten Mal, die Jagdzeit zu verlängern. Genauer: die am 16. Januar beginnende Schonzeit für weibliches Rehwild und Kitze bis 15. Februar 2023 aufzuheben. Andernfalls könne er seine Rehwild-Abschussquote nicht erfüllen.

Das Wild bleibe mittlerweile bis in den Februar hinein auf den Feldern, erklärte Jäger S, und ernähre sich dort von Körnermais. Da könne man wegen der vielen Spaziergänger und anderer Freizeitaktivitäten nicht schießen. Erst im Spätwinter ziehe das Wild in den Wald, in der sensibelsten Zeit für neu angepflanzte Bäume. Knospen seien für Rehwild ein "gefundenes Fressen". In dieser Zeit drohe besonders hoher Schaden, umso wichtiger sei es, Wild zu schießen. Ansonsten werde es fast unmöglich, Laubhölzer neu aufzuforsten.

Das Landratsamt lehnte den Antrag ab: Der Jagdbeirat sei aus wildbiologischen Gründen dagegen, Ausnahmen von der Schonzeit zuzulassen und dem Wild im Winter die Ruhezeit zu nehmen. Das Abschuss-Soll sei bis 15. Januar problemlos zu erreichen, wenn man in der restlichen Jagdsaison richtig vorgehe. Außerdem verringere es den Wildverbiss nicht erheblich, wenn die Jagdzeit verlängert werde.

Das Verwaltungsgericht München stellte sich auf die Seite des Forstwirts (M 7 E 23.132). Er habe nachvollziehbar vorgetragen, dass ihm unzumutbare wirtschaftliche Schäden drohten. Auf Flächen mit Totalausfall könne dies rund 10.000 Euro je Hektar ausmachen, habe der gerichtliche Sachverständige errechnet. Da das Revier von S zwischen landwirtschaftlichen Flächen mit viel Maisanbau liege, ziehe das Rehwild erst in der Schonzeit vermehrt in den Wald und weide dort die ersten Sprösslinge der Forstkulturen ab.

Die Mischbaumarten litten besonders am Schalenwildverbiss. Dass gerade die Neupflanzungen beschädigt werden, störe den Waldumbau massiv, der aufgrund des Klimawandels dringend notwendig sei. Auf den Flächen mit Naturverjüngung sei jetzt schon zu erkennen, dass die Baumarten Eiche, Buche und Ahorn komplett ausfallen könnten. Deshalb müsse der Rehwildbestand im Revier dringend reduziert werden, wenn der angestrebte Wechsel zu Mischbeständen gelingen solle.

Aus der Tatsache, dass sich der Wildverbiss nach bisher erst einmaliger Verkürzung der Schonzeit nicht merklich verbessert habe, dürfe man nicht voreilig darauf schließen, dass die Maßnahme "nichts bringe", betonte das Gericht. Wie sich der vermehrte Abschuss auswirke, könne man frühestens nach Ablauf eines Jagdjahres bewerten.

Gülle ist bodennah auszubringen

Düngeverordnung: Landwirt kämpft vergeblich um eine Ausnahmeerlaubnis

Die Regeln der Düngeverordnung sollen die Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft verringern. Seit Februar 2020 ist es unter anderem vorgeschrieben, Düngemittel wie Gülle streifenförmig bodennah auszubringen oder sie direkt in den Boden einzuarbeiten.

Das bayerische Amt für Ernährung, Landwirtschaften und Forsten (AELF) hat Anfang 2020 geregelt, unter welchen Bedingungen Landwirte von dieser Vorschrift befreit werden können. Das ist z.B. der Fall, wenn sie einen kleinen Betrieb mit "weniger als 15 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche" führen.

Landwirt X, der in Bayern 30 Milchkühe hält und eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 37,6 ha bewirtschaftet, beantragte eine Ausnahmegenehmigung für sein gesamtes Ackerland. Für seinen Betrieb sei es unmöglich, Gülle bodennah auszubringen, erklärte er. Sein Güllefass könne er technisch nicht nachrüsten und die Investition in ein teures Gerät mit bodennaher Ausbringtechnik sei unwirtschaftlich. Außerdem setze er sowieso seit zehn Jahren Bio-Pulver ein, um die Ammoniakemissionen zu reduzieren.

Das AELF lehnte seinen Antrag ab. Die Klage des Landwirts gegen diesen Bescheid blieb beim Verwaltungsgericht (VG) Ansbach ebenfalls erfolglos (AN 14 K 20.01265). Der Gülle Bio-Pulver zuzusetzen, verringere die Ammoniakemissionen beim Ausbringen des Düngers nachweislich nicht so effektiv wie das bodennahe Arbeiten, so das VG.

Eine Ausnahmegenehmigung für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb komme nicht in Frage, weil Landwirt X mehr als 15 ha Nutzfläche bewirtschafte. Auf 15 ha — oder noch weniger — Ackerfläche Dünger mit unterschiedlichen Techniken auszubringen und dafür teure Geräte zu beschaffen, sei für Landwirte unzumutbar. Das gelte für Landwirt X jedoch nicht.

Allerdings könnte er eine Ausnahmeerlaubnis für einzelne Äcker mit Besonderheiten erhalten: Direkt an der Hofstelle lägen steile Hänge, an denen man einen Schlepper mit angehängtem hohem Gewicht aus Sicherheitsgründen nicht einsetzen könne. Auch seien einige Flächen mit großen landwirtschaftlichen Maschinen nicht oder nur sehr mühsam erreichbar.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft habe die von X bewirtschafteten Flächen, für die eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden könne, mit insgesamt 4,87 ha angegeben. Wenn man diese Flächen und zudem das Grünland abziehe, bewirtschafte Landwirt X immer noch Ackerland von ca. 17 ha Größe, die sich für das bodennahe Ausbringen von Düngemittel eigneten.

Lärmgeplagter Anwohner kämpft gegen Altglascontainer

Welche Behörde ist für das "Duale System" zuständig?

Wer sich gegen Lärm in der Nachbarschaft seiner Wohnung zur Wehr setzt, muss nicht nur belegen, dass die Belästigung unzumutbar ist. Er muss seine Beschwerde auch bei der richtigen Stelle vorbringen und das ist gar nicht so einfach.

Diese Erfahrung machte ein Bürger aus Hessen, dem die Wertstoff-Sammelanlage in der Nähe seiner Wohnung ein Dorn im Auge war. Er verklagte die Stadt und den Landkreis in der Hoffnung, eine von beiden Verwaltungsebenen werde schon dafür zuständig sein, das störende Geklirre am Altglascontainer abzustellen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof wies seine Klage jedoch ab (14 TG 2482/93). Nach der Verpackungsverordnung solle die öffentliche Hand entlastet und die Produkthersteller mehr in die Pflicht genommen werden. Dementsprechend sei in dem Landkreis das Duale System Deutschland für das Sammeln und Sortieren des Mülls verantwortlich. Der Landkreis sei nur noch bei einem Entsorgungsnotstand zuständig, gegen "Lärmimmissionen" müsse er nicht einschreiten.

Der Kläger müsse sich stattdessen an das Staatliche Amt für Immissions- und Strahlenschutz (früher: Gewerbeaufsichtsamt) wenden, da die Wertstoffsammelstelle zu den gewerblichen Anlagen zähle.

"Verbrauch und Emissionen" in der Autowerbung

Münchner Autobauer gestaltete Reklame so, als seien die Abgaswerte nach WLTP berechnet

Die Abkürzung WLTP steht für "Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedures": Das ist ein europäisches Prüfverfahren zur Bestimmung von Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen bei Kraftfahrzeugen. WLTP hat 2018 das Prüfverfahren NEFZ ("Neuer Europäischer Fahrzyklus") abgelöst, beruht auf engeren Testintervallen mit strengeren Vorgaben und bildet daher den Verbrauch besser ab als das NEFZ.

Ein Umweltverein verklagte einen Münchner Autokonzern wegen irreführender Werbung. Das Unternehmen hatte 2022 auf seiner Internetseite für eines seiner Modelle geworben. In der Rubrik "Verbrauch und Emissionen" wurden Abgaswerte des Modells angegeben, die nach dem NEFZ berechnet, jedoch direkt neben der Abkürzung WLTP platziert waren.

Das führe die Leser der Reklame in die Irre, fand der Umweltverein: Denn die nach NEFZ berechneten Abgaswerte lägen regelmäßig niedriger als diejenigen, die gemäß der WLTP-Methode bestimmt worden seien. So beschönige man die Emissionen: Der Konzern müsse offiziell erklären, diesen Werbetrick künftig zu unterlassen. Das Landgericht München I gab dem Verein Recht: Die Werbung sei irreführend und unzulässig (1 HK O 4969/22).

Vor allem Verbraucher, die wüssten, dass es sich bei der Abkürzung WLTP um eine strengere Prüfmethode handle, könnten angesichts der Gestaltung der Webseite auf den Irrtum verfallen, die angegebenen Werte seien nach dem WLTP-Verfahren berechnet worden, erklärte das Landgericht. Die Abkürzung sei zwar verlinkt mit einer anderen Seite, auf der die WLTP-Werte ständen. Das sei aber nicht klar zu erkennen. Verbraucher merkten das höchstens zufällig, wenn sie mit der Maus über das Zeichen WLTP wischten.

Obendrein müssten sie aus den verlinkten Angaben erschließen, dass die auf der vorherigen Internetseite angegebenen Werte NEFZ-Werte seien — obwohl dort keinerlei Erklärung dazu stehe. Nirgends werde dem interessierten Kunden klar mitgeteilt, dass die zuerst genannten Werte nach NEFZ berechnet wurden. Die Gefahr, dass eine falsche Vorstellung über Verbrauch und Abgaswerte die Kunden beeinflusse, sei hier eindeutig zu bejahen, betonte das Landgericht.

Seit dem "Dieselskandal", der manipulierte Abgaswerte im Prüfverfahren NEFZ betraf, werde das Thema in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Nicht nur die Automobil-Fachpresse habe es aufgegriffen, sondern mehr oder weniger alle Medien. Verbrauch und Abgaswerte seien beim Kauf ein wichtiges Kriterium. Viele Verbraucher bevorzugten aus Umweltgründen ein "saubereres" Auto. Gehe der Verbraucher irrtümlich von besseren Werten aus, treffe er seine Entscheidung auf Basis falscher Angaben. (Das Unternehmen hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

EU-Landwirtschaftsprämien gekürzt

Landwirtin hatte im Naturschutzgebiet Grünland "gefräst" und damit gegen Auflagen verstoßen

Eine Landwirtin bewirtschaftet in Niedersachsen landwirtschaftliche Flächen, die in einem FFH-Gebiet liegen (d.h. in einem Naturschutzgebiet gemäß Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie). Wegen Cross-Compliance-Verstößen wurden ihr diverse EU-Prämien gekürzt. Cross-Compliance bedeutet: Landwirte erhalten Direktzahlungen von der EU, sofern sie Auflagen in Sachen Umweltschutz und Tierschutz erfüllen.

Der Landwirtin wurde von der zuständigen Behörde vorgeworfen, ihre Mitarbeiter hätten mehrere Grünlandflächen des Betriebs im FFH-Gebiet "totgespritzt", anschließend gefräst und damit die Grünlandnarbe zerstört. Gegen die Kürzung klagte die Betriebsinhaberin beim Verwaltungsgericht Lüneburg erfolglos. Auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg bestätigte die Entscheidung (10 LA 23/22).

Im FFH-Gebiet "Ilmenau mit Nebenbächen" sollten die feuchten Standorte und artenreiches Grünland erhalten werden, so das OVG: Dieses Ziel werde durch das Umbrechen von Grünland gefährdet, es sei daher verboten. Fräsen zerstöre tendenziell die Grasnarbe und verringere die biologische Vielfalt. Kontrolleure der Unteren Naturschutzbehörde hätten die Verstöße festgestellt und mit Fotos dokumentiert.

Der Vortrag der Landwirtin dazu sei unklar und widersprüchlich. Einmal behaupte sie, sie habe den Boden überhaupt nicht umgebrochen bzw. nur mit Schlitzdrillingen bearbeitet. Dann wieder habe die Landwirtin erklärt, es sei wegen Wildschäden notwendig gewesen, einzelne Teilflächen zu fräsen, was aber die Grünlandnarbe nicht zerstöre: Denn eine Fräse arbeite nur zwei, drei Zentimeter tief im Boden, kratze also nur die Oberfläche an.

Das sei allerdings unzutreffend: Beim Fräsen werde der Boden nicht nur oberflächlich gelockert. Die meist ca. 15 cm langen Messer dieses Bodenbearbeitungsgeräts rotierten und holten auch stark durchwurzelte Erde aus dem Boden.

Die Sanktionen seien gerechtfertigt, weil die Landwirtin zumindest bei den Bodenarbeiten auf einer Inselfläche vorsätzlich gehandelt habe. Als hier gefräst worden sei, habe sie gewusst, dass sich die Fläche im FFH-Gebiet befinde und der Umbruch hier untersagt sei.

Über die Grundstücksgrenze wachsende Bäume

Der Nachbar hat keinen Anspruch auf Rückschnitt, wenn er zum Absterben der Gehölze führen könnte

Die beiden Grundstücke lagen untereinander an einem Hang. An der Grundstücksgrenze standen auf dem oberen Grundstück einige Bäume, die ins Nachbargrundstück hineinragten: Kastanien, Schwarz-Erlen und Ahornbäume, teilweise über 30 Jahre alt und sehr hoch. Nachbar A, Eigentümer des unteren Grundstücks, ärgerte sich über den Abfall von Laub und Früchten in seinem Garten. Er forderte Eigentümer B auf, den Überhang zu beseitigen und die Bäume zurückzuschneiden.

B unternahm jedoch nichts. Deshalb brachte A ein Schlichtungsverfahren in Gang. Die zuständige Schlichtungsstelle versuchte vergeblich, den Streit beizulegen. Daraufhin zog Grundstückseigentümer A vor Gericht. Doch auch mit seiner Klage hatte er keinen Erfolg: Das Landgericht Köln entschied den Streit zu Gunsten des Baumbesitzers B (6 S 27/20).

Ein Rückschnitt wäre im konkreten Fall unverhältnismäßig, so das Landgericht. Laub und Baumfrüchte störten die Nutzung des unteren Grundstücks nur geringfügig. Maßgeblich sei dabei nicht das persönliche Empfinden des Grundstückseigentümers. Vielmehr gehe es darum, wie sehr das Grundstück — objektiv betrachtet — beeinträchtigt werde. Und im Vergleich zum Effekt eines Rückschnitt falle dies hier kaum ins Gewicht.

Wie ein Baumsachverständiger überzeugend erläutert habe, könnte ein drastischer Rückschnitt bis zur Grundstücksgrenze dazu führen, dass die Bäume absterben. Zumindest würde er sie massiv schädigen und so das Risiko erhöhen, dass die Gehölze eingehen. Also liefe der Eingriff im Endeffekt auf eine nach der Baumschutzverordnung verbotene Beseitigung der Bäume hinaus.

Öl im Erdreich versickert?

Sachverständiger widerlegt den Verdacht: Grundstückseigentümer muss das Gutachten nicht bezahlen

Auf einem Abstellplatz für Lkws und Baumaschinen wurden schwarze Brocken im Erdreich gefunden. Das Landratsamt befürchtete, das Grundwasser könnte verseucht sein: Möglicherweise sei Öl versickert. Ein Ingenieur wurde beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Die Angelegenheit entpuppte sich jedoch als harmlos: Nur bis zur Tiefe von zehn Zentimetern fanden sich Ölspuren, eine Umweltgefährdung konnte ausgeschlossen werden.

Das hinderte das Landratsamt jedoch nicht daran, dem Grundstückseigentümer die Gutachterkosten aufzuerlegen. Begründung: Er sei der Anlass für die Untersuchung gewesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob diese Kostenentscheidung auf (22 B 91.3523). Es sei zwar richtig, dass man einen Grundstückseigentümer sozusagen als "Veranlasser" von Kosten einstufen könne, wenn sich auf seinem Grund eine Gefahrenquelle befinde.

Da ihre Befürchtungen aber durch das Gutachten entkräftet worden seien, müsse die Behörde die Kosten tragen. Sie sei in diesem Fall nämlich im Interesse der Allgemeinheit tätig geworden. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Grundstückseigentümer das Einschreiten der Behörde provoziert hätte. Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte.

Umstrittene Schottergärten

OVG: Niedersächsische Baubehörde durfte die Beseitigung von Kiesbeeten im Vorgarten anordnen

Ehepaar B besitzt in Diepholz (Niedersachsen) ein Einfamilienhaus. Im Vorgarten haben die Hauseigentümer zwei je 50 qm große Kiesbeete angelegt, in die sie vereinzelt Koniferen und Bodendecker einsetzten. Die kommunale Bauaufsicht verlangte von ihnen, den Schottergarten zu beseitigen: Nicht überbaute Flächen müssten nach der niedersächsischen Bauordnung Grünflächen sein.

Ihre Kiesbeete seien doch Grünflächen, konterten die Eheleute: Sie hätten schließlich ein paar Sträucher im Vorgarten angepflanzt. Wenn man außerdem den Rasen und die Pflanzen hinter dem Wohnhaus berücksichtige, sei ihr Garten insgesamt ein "ökologisch wertvoller Lebensraum". Die Hauseigentümer wehrten sich gegen die Anordnung der Baubehörde, den Vorgarten zu begrünen, scheiterten jedoch mit ihrer Klage beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg (1 LA 20/22).

"Grünflächen" müssten grün sein, stellte das OVG fest. Damit seien naturbelassene oder angelegte, auf jeden Fall mit Pflanzen bewachsene Flächen gemeint. Das schließe einzelne Steinelemente im Garten nicht aus, wenn sie das Gesamtbild nicht dominierten. Beim Vorgarten von Ehepaar B handle es sich dagegen um Kiesflächen, in die die Hauseigentümer nur punktuell Koniferen, Sträucher und Bodendecker eingepflanzt hätten.

So ein Schottergarten erfülle die Anforderungen der Bauordnung nicht. Wie es hinter dem Haus aussehe, spiele dabei keine Rolle. Diese Interpretation der Bauordnung widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, die "Versteinerung der Stadt" so gering wie möglich zu halten.

Nicht nur Diepholz, auch einige andere niedersächsische Kommunen haben, um diese Absicht umzusetzen, Schottergärten verboten. Allerdings fehlt ihnen häufig das Personal für die Kontrolle der Vorgärten. Während Naturschutzverbände den Beschluss des OVG als Signal gegen die zunehmende Bodenversiegelung begrüßten, weil diese Lebensraum für Tiere und Pflanzen zerstöre, kritisierte der Eigentümerverband "Haus und Grund" den Beschluss als unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsrechte.

Mächtige Linde stört den Nachbarn

WEG muss überhängende Äste so weit zurückschneiden, wie es die Baumschutzverordnung erlaubt

Im Garten einer Wohnungseigentumsanlage steht eine mächtige Linde — direkt an der Grundstücksgrenze. Ihre ausladende Krone von ca. zwölf Metern ragt weit ins angrenzende Grundstück hinein und verschattet das Wohnhaus des Nachbarn. Wegen des Lichtmangels sind schon einige seiner Mieter vorzeitig ausgezogen. Die Wurzeln des Baums dringen im Nachbargrundstück an die Oberfläche, Wurzeln und Blätter verstopfen das Siel zum Kellereingang.

Nach vielen Beschwerden des Nachbarn beantragte die Eigentümergemeinschaft (WEG) beim Bezirksamt Hamburg-Altona die Erlaubnis, die Linde zu fällen. Das komme bei so einem gesunden Baum nicht in Frage, teilte die Behörde mit. Schatten auf dem Wohnhaus rechtfertige es nicht, eine vitale Linde abzuholzen. Das verstieße gegen die Baumschutzverordnung. Das Bezirksamt genehmigte nur einen Pflegeschnitt der Baumkrone.

Dem Nachbarn dauerten die Verhandlungen mit der Behörde zu lange, einen Pflegeschnitt hielt er sowieso für unzureichend. Er zog vor Gericht und verlangte von der WEG, die Äste und Wurzeln der Linde bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden — vorausgesetzt, dies werde vom Bezirksamt erlaubt. In Bezug auf die Äste setzte sich der Nachbar beim Amtsgericht Hamburg-Altona durch (317 C 18/22).

Grundsätzlich müssten Grundstückseigentümer dafür sorgen, dass überhängende Zweige die Nachbarn nicht beeinträchtigten, so das Amtsgericht. Allerdings dürften Eingriffe nicht gegen die Hamburger Baumschutzverordnung verstoßen: Naturschutz gehe vor, wenn ein Baum — wie die Linde — grundsätzlich erhaltenswert sei. Eingriffe würden nur ausnahmsweise genehmigt, wenn ein Baum das Eigentum des Nachbarn unverhältnismäßig beeinträchtige, d.h. massiver, als dies bei Bäumen üblich sei.

Nach dem Gutachten des Baumsachverständigen sei ein Rückschnitt der Krone akzeptabel, wenn keine Äste beschnitten würden, die dicker als fünf Zentimeter seien. Soweit dürfe und müsse die WEG die Lindenkrone stutzen. Ein Rückschnitt der Wurzeln würde dagegen die Standsicherheit des Baumes gefährden.

Auf diese Maßnahme habe der Nachbar keinen Anspruch, weil die Wurzeln keine besonderen Nachteile verursachten. Überirdisches Wurzelwachstum gehöre zu den typischen Begleiterscheinungen von Bäumen, die in der Regel hinzunehmen seien. Außerdem sei das Wachstum hier auch auf eine fehlerhaft verlegte Wurzelsperre zurückzuführen, die man eventuell korrigieren könne.

Verbotene Pflanzenschutzmittel

Der Schutz der Bienen darf nicht durch eine Notfallzulassung für Pestizide ausgehebelt werden

Die Pestizide Clothianidin und Thiamethoxam waren 1991 von der Europäischen Union (EU) als Pflanzenschutzmittel zugelassen worden. Doch 2018 wurden sie von der EU verboten, weil inzwischen klar geworden war, dass sie für Bienen eine große Gefahr darstellen. Die Wirkstoffe sollen für das Bienensterben (mit-)verantwortlich sein. Seit 2018 dürfen daher Pflanzen aus Saatgut, das mit diesen Wirkstoffen besprüht wurde, nur im Gewächshaus gezogen werden und keinesfalls ins Freiland gelangen.

Trotzdem genehmigte das belgische Landwirtschaftsministerium den Einsatz beider Stoffe und erklärte dies zur "Notfallzulassung": Gemüsebauern dürften sie vorbeugend bei Saatgut von Zuckerrüben, Kopfsalat, Chicorée und anderem Gemüse anwenden, das fürs Freiland bestimmt sei.

Dagegen klagten ein Imker und einige Naturschutzverbände. Der belgische Staatsrat legte das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vor, der in dieser Frage ein eindeutiges Stoppschild aufstellte (C-162/21): EU-Mitgliedstaaten dürften Pflanzenschutzmittel, die die EU ausdrücklich verboten habe, auch nicht per Notfallzulassung genehmigen.

Belgien verweise damit zwar auf eine Ausnahmevorschrift in der Pflanzenschutzmittelverordnung. Doch die Ausnahmeregel sei nur auf Wirkstoffe anwendbar, die in dieser Verordnung nicht ausdrücklich genannt seien. Ziel der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung sei es, die Gesundheit von Menschen und Tieren zu schützen. Diese Aufgabe habe Vorrang vor dem Ziel, die Pflanzenproduktion zu effektivieren.

Vier Eichen gefällt und Hecke entfernt

Verstoß gegen das Naturschutzgesetz: Landwirt muss die Gehölze wieder anpflanzen

Ein Landwirt hatte auf seinen Ackerflächen eine 110 Meter lange Weißdornhecke abgeholzt und vier alte Eichen fällen lassen. Das Holz verwertete er als Brennholz und für einen Zaun. Die Hecke pflanzte er am Rand einer Bundesstraße neu. Dennoch brachte ihm der Kahlschlag Ärger mit der Naturschutzbehörde ein.

Der Landwirt müsse die Bäume, die Teil eines Biotops gewesen seien, neu anpflanzen, lautete der Bescheid. Auf intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen seien Hecken und Bäume Unterschlupf für viele Tierarten. Das Naturschutzgesetz verbiete es, ohne vernünftigen Grund wilde Pflanzen zu beseitigen und "Lebensstätten wild lebender Tiere" zu zerstören. Dafür sei zumindest eine Ausnahmeerlaubnis zu beantragen.

Gegen die "Pflicht zur Wiederherstellung" zog der Landwirt vor Gericht: Hier gehe es nicht um wilde Pflanzen, sondern um eine von ihm kultivierte Hecke und um Bäume, die dem landwirtschaftlichen Betrieb dienten. Mit Bedacht habe er reife, alte Bäume gewählt, das Holz "geerntet" und bestimmungsgemäß verwendet. Er müsse auch Landschaftselemente verändern und dem Bedarf anpassen können. Die Behörde dürfe auf Nutzflächen keine absolute Veränderungssperre erlassen.

Doch auch beim Verwaltungsgericht (VG) Hannover ging die Abwägung zwischen Naturschutz und den Interessen des Landwirts zu dessen Ungunsten aus (12 A 2491/18). Eichen seien keine angebauten Nutzpflanzen wie Obstbäume, so das VG: Hecken und Baumreihen seien wild lebende Pflanzen und Fortpflanzungs- und Ruhestätten für viele Vögel und Insekten. "Lebensraum" für diverse Tierarten abzuholzen, sei rechtswidrig.

Der Landwirt habe Natur in Kulturlandschaft umgewandelt. In erster Linie habe er die Gehölze entfernt, um die Bewirtschaftung des Ackerlands zu effektivieren — Fläche dazuzugewinnen und zwei Teilflächen zu vereinen. Nach den Maßstäben des Naturschutzgesetzes stelle das keinen "vernünftigen Grund" für das Beseitigen von Bäumen dar. Auch nach den Leitlinien der Landwirtschaftskammer seien solche "naturbetonten Strukturelemente" zu erhalten, weil sie wichtige Funktionen für das biologische Gleichgewicht und den Klimaschutz erfüllten.

Wenn die strengen Vorschriften Landwirte wirtschaftlich übermäßig belasteten, müssten sie Befreiung beantragen. Sinn dieses Verfahrens: Sie sollten nicht eigenmächtig in die Natur eingreifen. Und wenn ein Eingriff im landwirtschaftlichen Interesse ausnahmsweise genehmigt werde, solle die zuständige Fachbehörde zugleich über geeignete Ausgleichsmaßnahmen entscheiden.

Zoff um Abgase in der Tiefgarage

BMW-Fahrer darf den Motor nur noch 90 Sekunden lang warmlaufen lassen

In einer privaten Tiefgarage gerieten zwei Nutzer benachbarter Stellplätze aneinander. Herr A fand es unmöglich, dass Herr B seinen BMW 525 in der Garage mehrere Minuten lang warmlaufen ließ, bevor er wegfuhr. Er wies ihn auf den Ausstoß von Kohlenmonoxid hin, mit dem er die Garage "verpeste". Da stieß Herr A aber bei Herrn B auf wenig Verständnis. Nach einigen Streitereien zog A vor Gericht, um sein Anliegen durchzusetzen.

Andere Nutzer von Stellplätzen müssten die von B verursachten Abgase nicht unbeschränkt dulden, bestätigte das Landgericht Berlin (67 S 44/22). Abgase konzentrierten sich in einer Tiefgarage schneller als auf offener Straße und beeinträchtigten die Luftqualität, vom Lärm einmal ganz abgesehen. B dürfe den Motor also nicht unnötig laufen lassen. Unnötig sei der Betrieb eines Motors allerdings nur, wenn dafür kein technischer Grund vorliege.

Herr B habe eingeräumt, dass er den Motor jeweils ein bis zwei Minuten warmlaufen lasse, und betont, das sei technisch notwendig, wenn der Wagen länger gestanden habe. Denn nach der Starthilfe sorge das Leerlaufventil erst ca. 60 bis 70 Sekunden, nachdem das Fahrzeug angesprungen sei, für gleichmäßigen Leerlauf. Ein gewisser zeitlicher Vorlauf, bevor der BMW-Besitzer den Wagen bewege, sei ihm also zuzubilligen.

Das schließe aber die Forderung von A nicht aus, dass B möglichst "abgasarm" starten solle. Herr B müsse künftig seinen BMW baldmöglichst nach der Starthilfe aus der Tiefgarage herausfahren — höchstens aber 90 Sekunden nach der Zündung des Motors. Länger als 90 Sekunden dürfe er den Motor nicht mehr warmlaufen lassen.

Keine Freizeitfischerei im "Fehmarnbelt"

Im Naturschutzgebiet in der Ostsee soll vor allem der Dorsch geschützt werden

Zwischen der deutschen Ostseeinsel Fehmarn und der dänischen Ostseeinsel Lolland liegt das Naturschutzgebiet Fehmarnbelt, das zum europäischen ökologischen Netz "Natura 2000" gehört. Auf 23 Prozent der Fläche des Naturschutzgebiets, genannt "Zone", ist Freizeitfischerei verboten.

Dagegen klagten Fischer, die mit ihren Fischkuttern gegen Entgelt Angelfahrten für Freizeitfischer anbieten: Das Verbot gefährde ihre wirtschaftliche Existenz, so ihr Argument. Die Kunden seien in erster Linie daran interessiert, in der "Zone" Dorsche zu angeln.

Das zu verhindern, sei gerade der Sinn des Verbots, erklärte das Verwaltungsgericht Köln (14 K 325/20). Schutzwürdig und schutzbedürftig sei das gesamte Naturschutzgebiet aufgrund seiner Riffstrukturen, vor allem aber der Dorsch. Er halte sich vorwiegend in diesem Gebiet auf und befinde sich bereits in einem äußerst schlechten Erhaltungszustand. Das Verbot der Freizeitfischerei sei rechtmäßig, denn es geeignet und erforderlich, um die Dorsche zu schützen.

Umweltschutz besitze Verfassungsrang und überwiege hier das Recht der Kläger, ihr Gewerbe uneingeschränkt zu betreiben. In weiten Teilen des Schutzgebietes und auch außerhalb sei im Rahmen der EU-Vorschriften Freizeitfischerei zulässig. Die Anbieter von Angelfahrten hätten nicht belegen können, dass das Ausweichen auf andere Fanggründe ihren Gewinn wirklich in existenzgefährdendem Umfang reduziert habe. Träfe das zu, könnten sie beim Bundesamt für Naturschutz eine Ausnahmeerlaubnis beantragen.

"Klimaneutraler" Müllbeutel

Ist so eine Werbeaussage auf der Müllbeutel-Verpackung irreführend?

Ein Unternehmen produziert und vertreibt Haushalts- und Hygieneartikel, unter anderem Müllbeutel. Unter dem Markennamen X werden die Beutel in unterschiedlichen Varianten angeboten, darunter auch eine Produktserie "X klimaneutral". "X klimaneutral" steht über der Reklame und auf der Verpackung der Müllbeutel. Daneben findet sich ein blau unterlegter Hinweis, dass das Unternehmen zertifizierte Klimaschutzprojekte unterstützt.

Verbraucherschützer beanstandeten die Werbung als unlauter: Ohne CO²-Ausstoß könne man keine Müllbeutel herstellen. Deshalb müssten die Werbung und der Aufdruck auf der Verpackung als irreführend verboten werden. Zumindest seien sie um zusätzliche Informationen zu ergänzen.

Die Angabe "klimaneutral" sei nicht irreführend, fand dagegen das Oberlandesgericht Schleswig: Es wies die Klage ab (6 U 46/21). Die Werbeaussage behaupte nicht, dass das Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziere. Diesen falschen Schluss könne der Verbraucher schon deshalb nicht ziehen, weil der Hersteller in den Supermärkten neben den "klimaneutralen" Müllbeuteln auch deutlich preiswertere Müllbeutel der Marke X ohne den Zusatz "klimaneutral" anbiete.

Vor allem enthalte der Begriff "klimaneutral" — anders als der unscharfe und durchaus erläuterungsbedürftige Begriff "umweltfreundlich" — eine eindeutige Aussage. "Klimaneutral" bedeute, dass die so beworbene Ware eine ausgeglichene CO²-Bilanz aufweise. Damit sei nichts Unmögliches gemeint, da werde keineswegs eine emissionsfreie Produktion versprochen.

Vielmehr werde auf der Verpackung gut sichtbar darauf aufmerksam gemacht, dass Klimaneutralität durch Kompensation, also durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten erreicht werde. Genauere Erläuterungen zu den Projekten fänden sich auf einer Internetseite, die auf der Verpackung ebenfalls angegeben sei.

Biotope fast trockengelegt?

Landwirt muss Entwässerungsmaßnahmen im Naturschutzgebiet rückgängig machen

2018 hatte ein Landwirt in einem Naturschutzgebiet mit drei geschützten Biotopen Grund gepachtet, den er als Grünlandfläche nutzte. Flache Gräben (Grüppen) dienen auf dem Grundstück der Entwässerung, eingerahmt wird es von größeren Gräben (Vorfluter). Im Herbst 2020 reinigte der Landwirt die Grüppen mit einer Fräse und installierte an ihren Enden fünf Meter lange Rohre, um sie mit den Vorflutern direkt zu verbinden.

Die Naturschutzbehörde ordnete an, die ungenehmigt eingebauten Rohre zu entfernen und den ursprünglichen Zustand der Entwässerung wiederherzustellen. Die verrohrten Grüppen befänden sich teils in direkter Nähe zu den Biotopen und sogar innerhalb einer Sumpfdotterblumenwiese. Biotope seien auf feuchte Umgebung angewiesen. Durch die Rohre würden sie zunehmend entwässert und so beeinträchtigt. Beim Einbau habe der Pächter zudem Pflanzen zerstört.

Vergeblich wehrte sich der Landwirt gegen die Anordnung. Sie sei gerechtfertigt, entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (4 ME 95/22). Anders als der Pächter meine, hätte die Naturschutzbehörde nicht konkret nachweisen müssen, dass seine Entwässerungsmaßnahmen die Feuchtgrünlandbiotope bereits zerstört hätten. Vielmehr sei es so: Das Bundesnaturschutzgesetz verbiete alle Maßnahmen, deren Folgen ein geschütztes Biotop auch nur "wahrscheinlich" beeinträchtigen könnten.

Da die Entwässerung mit den Rohren über das bisherige Maß hinausgehe, werde sich diese Maßnahme sogar sehr wahrscheinlich negativ auswirken. Die auf dem vom Landwirt gepachteten Flurstück vorhandenen Feuchtgrünlandbiotope benötigten eine feuchte Umgebung — das liege in der Natur der Sache. Wenn er nun die Entwässerungsmaßnahmen rückgängig machen müsse, werde das aber keineswegs die landwirtschaftliche Nutzung des Flurstücks verhindern.

Bevor der Landwirt die Rohrverbindung zu den Gräben hergestellt habe, sei es ihm ja offenbar auch möglich gewesen, die Fläche zu bewirtschaften. Zudem sehe das Naturschutzgesetz selbst Kompromisse zwischen Landwirtschaft und Naturschutz vor: Sollte die Anordnung der Behörde den Landwirt tatsächlich unzumutbar belasten, könne er bei der Naturschutzbehörde Befreiung vom "Biotop-Zerstörungsverbot" beantragen. Wenn dies nicht möglich sei, könne er finanzielle Entschädigung beantragen.

Wärmedämmung für den Klimaschutz

Berliner Hauseigentümer müssen auch grenzüberschreitende Dämmschichten dulden

Eine Berliner Wohnbaugesellschaft wollte die Fassade eines 1906 gebauten Gebäudes sanieren lassen. Unter anderem sollte an der Giebelwand des Altbaus eine 16 Zentimeter dicke Dämmschicht angebracht werden, die allerdings über die Grundstücksgrenze ins Nachbargrundstück hineingeragt hätte. Als die Eigentümerin des Nachbarhauses der Maßnahme widersprach, pochte das Wohnbauunternehmen auf das Berliner Nachbargesetz: Demnach müssen Nachbarn auch grenzüberschreitende Dämmschichten akzeptieren.

Diese Regelung greife rechtswidrig in ihr Eigentumsrecht ein und sei verfassungswidrig, argumentierte die Nachbarin. Doch ihre Klage gegen die Wärmedämmung scheiterte in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (V ZR 23/21). Das rigide Berliner Nachbargesetz sei gerade noch mit dem Schutz des Eigentums vereinbar, fanden die Bundesrichter.

Die Regelungen anderer Bundesländer seien weniger strikt: Dort könnten Nachbarn grenzüberschreitende Dämmung abwehren, wenn sie "unzumutbar" sei. Das berücksichtige die Interessen der betroffenen Nachbarn besser, während das Berliner Gesetz ganz klar auf Energieeinsparung im Gebäudebestand und damit auf mehr Tempo beim Klimaschutz abziele. In Berlin könnten Nachbarn die Dämmung nicht abwehren, bekämen dafür aber eine finanzielle Entschädigung. So habe Berlin langwierige Streitigkeiten um Dämmmaßnahmen verhindern wollen.

Denn hier gehe es eben nicht nur um gegensätzliche Interessen zweier Grundstückseigentümer, sondern vor allem um Klimaschutz und damit um das Allgemeinwohl. Um im Interesse aller Bürger Heizenergie einzusparen, sollten so viele Bestandsgebäude so schnell wie nur möglich wärmegedämmt werden.

Klimaschutz habe Verfassungsrang: Weil das Ziel des Wohnbauunternehmens, Energiekosten zu sparen, mit dem Interesse der Allgemeinheit am Klimaschutz übereinstimme, habe im konkreten Nachbarschaftsstreit dieses Ziel Vorrang vor dem Eigentumsrecht der Nachbarin.