Verbraucherschutz

Sittenwidriger Ratenkredit

Arbeitnehmer geriet durch weit überhöhte Zinsen in die "Schuldenfalle"

Ein Arbeitnehmer schloss mit einer Bank einen Darlehensvertrag ab, den er online über einen Internet-Marktplatz beantragt hatte. Er lieh sich netto 10.548 Euro. Der Betrag wuchs allerdings durch den effektiven Jahreszins von 18,40 Prozent und eine Restschuldversicherung auf einen Gesamtkredit von 19.339 Euro an. Bei einem Einkommen von 2.000 Euro netto im Monat und einer Miete von 700 Euro war letztlich von vornherein klar, dass sich der Kreditnehmer die Monatsraten von 322 Euro auf Dauer nicht leisten konnte.

Als er tatsächlich mit der Schuldentilgung in Rückstand geriet, zog die Bank vor Gericht und forderte die restliche Kreditsumme (11.548 Euro). Ihr Argument: Die Zinsen seien keineswegs überhöht, denn auf dem Internet-Marktplatz könnten Kreditsuchende die konkreten Konditionen für das Darlehen selbst anhand einiger Vorschläge aussuchen. Außerdem müsse es sich ja für ein Kreditinstitut lohnen, ein so hohes Risiko auf sich zu nehmen. Andere Banken würden einem so wenig kreditwürdigen Kunden gar kein Darlehen gewähren.

Das Landgericht Erfurt wies die Klage der Bank ab (9 O 101/23). Der Kreditvertrag sei wegen sittenwidrig überhöhter Zinsen nichtig. Der vereinbarte effektive Jahreszins (18,40%) stehe in einem auffälligen Missverhältnis zum Marktzins (4,31%), der beim Vertragsschluss für Verbraucherkredite mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren gegolten habe. Von einem auffälligen Missverhältnis sei schon dann auszugehen, wenn die Vertragszinsen doppelt so hoch seien wie der marktübliche Zins.

Hier seien sie vier Mal so hoch. Angesichts eines so massiven Missverhältnisses sei zu vermuten, dass die Bank vorsätzlich oder grob fahrlässig die ökonomisch schwache Lage des Kunden für sich ausgenutzt habe. Dass sich der Kreditnehmer auf dem Internet-Marktplatz selbst für eben dieses Darlehen entschieden habe, ändere daran nichts. Denn online werde die Kreditwürdigkeit der Antragsteller so gut wie nicht überprüft.

Doch die Bank sei dazu verpflichtet. Der Gesetzgeber schreibe "verantwortliche Kreditvergabe" vor (§ 505a Abs.1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Das bedeute: Banken dürften Kreditverträge nur abschließen, wenn es keine erheblichen Zweifel daran gebe, dass Kreditnehmer die Raten aufbringen könnten. Einen erhöhten Zinssatz zu vereinbaren, um die von vornherein fehlende Kreditwürdigkeit eines Kunden auszugleichen, sei unzulässig.

Kein Mobilfunknetz in der Wohnung

Der Mobilfunkanbieter muss den Kunden für zehn Monate Netzausfall entschädigen

Ein Mobilfunkkunde konnte in seiner Wohnung nicht mehr telefonieren. Nach ein paar Wochen meldete er dem Unternehmen die Störung: Da sei wohl ein Mobilfunkmast ausgefallen. Neun Monate später funktionierte das Netz immer noch nicht. Nun reichte es dem Kunden: Seit zehn Monaten zahle er für nichts! Der Kunde zog vor Gericht und verlangte finanziellen Ausgleich.

Der Mobilfunkanbieter sah das überhaupt nicht ein: Der Sendemast vor Ort sei gar nicht ausgefallen, sondern nur ausgelastet gewesen, weil andere Basisstationen gestört waren. Und im Übrigen hätte der Kunde ja über WLAN telefonieren können. Mit dieser Argumentation kam das Unternehmen jedoch beim Landgericht Göttingen nicht durch: Es muss dem Kunden 2.800 Euro Entschädigung zahlen (4 O 78/23).

Wenn nach einer Kundenbeschwerde eine Störung nicht innerhalb von zwei Tagen beseitigt werde, könnten Verbraucher laut Telekommunikationsgesetz Entschädigung verlangen: ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls der vereinbarten Dienstleistungen. Eine Störung liegt nach Ansicht des Landgerichts auch vor, wenn nicht der Sendemast am Wohnort des Kunden ausfällt, sondern andere Basisstationen.

Um eine Störung anzunehmen, sei kein Mindestradius für einen Ausfall des Funkdienstes erforderlich. Letztlich sei der für den Kunden "zuständige" Sendemast nicht funktionsfähig gewesen — nur darauf komme es an. Der Mobilfunkanbieter könne Kunden erst recht nicht auf die Möglichkeit verweisen, ersatzweise mit per WLAN zu telefonieren: Angesichts der Mängel bei der WLAN-Versorgung sei das WLAN kein gleichwertiger Ersatz für das Telefonieren mit Mobilfunk.

Maklervertrag abgeschlossen?

Der Hauskäufer hatte auf der Makler-Webseite einen mit "Senden" beschrifteten Button angeklickt

Auf der Suche nach einem Einfamilienhaus fand Herr B die Makleranzeige einer Sparkasse auf einem Internetportal: Das Objekt interessierte ihn. Er vereinbarte mit einem Sparkassenmitarbeiter und der Hauseigentümerin einen Besichtigungstermin, bekam vom Mitarbeiter Unterlagen zum Haus. Ein Kaufangebot von B über 900.000 Euro lehnte die Sparkasse ab. B gab ein Wertgutachten in Auftrag und bot nach einer zweiten Besichtigung direkt der Verkäuferin einen Kaufpreis von 985.000 Euro an.

Als der Kaufvertrag zustande gekommen war, forderte die Sparkasse von B 29.303 Euro Provision (3,57% des Kaufpreises). Doch der Immobilienkäufer zahlte nicht und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen: Er habe mit der "Maklerin" keine Provisionszahlung vereinbart. Dagegen pochte die Sparkasse auf einen Maklervertrag: Nach dem Besichtigungstermin habe ihr Mitarbeiter dem Kaufinteressenten eine E-Mail mit Link zu ihrer Maklerwebseite mit folgenden Vertragsformular geschickt:

"Ich bestätige, den Maklervertrag, die Informationen für Verbraucher und die Widerrufsbelehrung vollständig gelesen und verstanden zu haben. Ich nehme das Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags … an". Diese Willenserklärung habe B durch das Anklicken der Schaltfläche "Senden" an den Mitarbeiter zurückgeschickt und damit einen Maklervertrag geschlossen.

Dem widersprach das Landgericht Stuttgart (30 O 28/22). Die Online-Willenserklärung binde den Käufer nicht, da sich die Sparkassen-Maklerin nicht an die gesetzlichen Vorschriften zum elektronischen Geschäftsverkehr gehalten habe, die Verbraucher vor Kostenfallen im Internet schützen sollten. Demnach müssten Unternehmer — also auch Makler — Schaltflächen so beschriften, dass es für den Verbraucher eindeutig klar sei, wenn er mit einem "Klick" einen Vertrag schließe bzw. sich zu einer Zahlung verpflichte.

Diesen Anforderungen entspreche das Wort "Senden" nicht, daher könne die Sparkasse keine Maklerprovision verlangen. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn ein Maklervertrag durch individuelle Kommunikation per Mail ausgehandelt worden wäre. Hier habe es sich aber um einen Link zur Internetseite der Sparkasse mit einer vorformulierten Willenserklärung gehandelt. Wenn der Kunde nur die Möglichkeit habe, eine von der Maklerin vorgegebene Willenserklärung auszuwählen, handle es sich nicht um individuelle Kommunikation.

Irreführende E-Mail von der Fluggesellschaft

Kunde klickt die Option "Ich möchte eine Erstattung anfordern" an und storniert damit die Flugbuchung

Herr H hatte bei einer Fluggesellschaft einen Hin- und Rückflug von Nürnberg über Zürich nach Miami gebucht und dafür rund 4.000 Euro gezahlt. Ein halbes Jahr vor dem USA-Urlaub teilte das Unternehmen per E-Mail mit, in Nürnberg werde die Maschine eineinhalb Stunden später starten als geplant. Der Kunde könne die geänderte Buchung akzeptieren, die Reise verschieben oder eine Erstattung anfordern. Diesen drei Optionen waren Buttons zugeordnet, per Mausklick sollte H eine Option wählen.

H klickte Button 3 an, dessen Text lautete: "Ich möchte eine Erstattung anfordern". Eine Warnung, dass er damit den Beförderungsvertrag kündigte, erfolgte nicht. Die Airline bestätigte auch nicht, dass nun die Buchung storniert war. Zwei Tage später erhielt H ohne weitere Hinweise eine Erstattung von 432 Euro. Er meldete sich beim Online-Service-Center und wurde informiert. Nun forderte er die Airline auf, die Buchung wiederherzustellen: Das sei ja wohl ein Irrtum gewesen.

Da das Unternehmen darauf nicht reagierte, kam es zum Streit über die Ticketkosten. Die Fluggesellschaft müsse sie zurückzahlen, entschied das Amtsgericht Köln: H habe mit dem Klick auf Button 3 die Buchung nicht wirksam storniert (133 C 189/22). Formulierungen auf Buttons zum Anklicken müssten eindeutig sein. Die Regeln für Online-Verbraucherbestellungen seien auch auf standardisierte E-Mails anwendbar, in denen Unternehmen Verbrauchern per Auswahl-Button die Vertragsbeendigung ermöglichten.

Zum Schutz der Verbraucher müssten in beiden Fällen die Schaltflächen verständlich sein und korrekt auf alle Konsequenzen des Klicks hinweisen. Gegen diese Regel werde hier im E-Mail-Text und mit dem Button-Text krass verstoßen. Die Formulierung "Ich möchte eine Erstattung anfordern" sei komplett irreführend: Denn der Kunde erhalte nach den Tarifbedingungen des Unternehmens nicht den Ticketpreis zurück, sondern nur Steuern und Gebühren.

Dabei sei im Begleittext der Mail sogar vom "Recht auf eine Erstattung des Ticketpreises" die Rede. Erst bei Prüfung der Reiseunterlagen könnten Kunden entdecken, dass damit in Wahrheit nicht der Ticketpreis, sondern Steuern und Gebühren gemeint seien. Der E-Mail-Text lasse auch keinen Schluss darauf zu, dass der Kunde mit einem Klick auf Option 3 den Beförderungsvertrag kündige — ohne dazwischen geschaltete Sicherheitsabfrage (Wollen Sie die Buchung wirklich stornieren?) und ohne Aussicht auf Erstattung des Flugpreises.

Flug-Handgepäck nur begrenzt kostenfrei

Kurzartikel

Eine Fluggesellschaft kann die kostenfreie Mitnahme von Handgepäck beschränken auf Gepäckstücke einer gewissen Größe (hier: 40 cm x 30 cm x 25 cm). Für das Befördern von Handgepäck dürfen Flugunternehmen prinzipiell keinen Aufpreis verlangen, wenn Gewicht und Größe vernünftigen Anforderungen entsprechen. Das ist hier aber der Fall: Die von der Airline vorgegebenen Maße sind so angemessen, dass sie nicht dazu führen, dass Passagiere praktisch immer Zuschlag für Gepäck zahlen müssen.

Energieversorger gab Kundendaten weiter

Die "anlasslose Übermittlung von Daten" an Auskunfteien ist unzulässig

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beanstandete die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Stromanbieters Eprimo, genauer: die Datenschutzhinweise des Energieversorgers. Demnach war das Unternehmen berechtigt, bei der Schufa oder anderen Auskunfteien Bonitätsauskünfte über potenzielle Kunden einzuholen. Zudem räumte sich Eprimo das Recht ein, auch selbst Kundendaten an Auskunfteien zu übermitteln, z.B. über das Ende einer Geschäftsbeziehung.

Letzteres verstoße gegen die Datenschutz-Grundverordnung, kritisierten die Verbraucherschützer und forderten, diese AGB-Klausel nicht mehr zu verwenden. Der Energieversorger behalte es sich nicht nur vor, Daten von Kunden weiterzugeben, die sich vertragswidrig verhielten. Vielmehr sei die einschlägige AGB-Klausel so allgemein formuliert, dass Eprimo personenbezogene Daten auch ohne einen derartigen Anlass übermitteln dürfe.

Der vzbv könne als Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen auch gegen Datenschutzverstöße vorgehen, betonte das Landgericht Frankfurt (2-24 O 156/21). Datenschutz und Verbraucherschutz hingen sachlich zusammen. Laut Datenschutz-Grundverordnung dürften Daten nur aus einem anerkannten Grund verarbeitet und weitergegeben werden.

So ein Grund liege vor, wenn Energieversorger bei Auskunfteien die Verletzung vertraglicher Pflichten meldeten, z.B. verzögerte Zahlungen von Kunden. Solche Informationen seien wichtig, um Bonität und Zahlungsmoral von Kunden zu bewerten. Daten dürften auch übermittelt werden, wenn dies für die Vertragsabwicklung notwendig sei oder um berechtigte Interessen des Stromanbieters zu wahren.

Kundendaten ohne so einen Anlass an Schufa und Kollegen weiterzugeben, sei dagegen unzulässig. Die strittige AGB-Klausel sei unwirksam, weil sie so weit gefasst sei, dass man von einer grundlosen "Vorratsdatensammlung" sprechen könne. Eprimo dürfte so den Auskunfteien auch Informationen wie den Stromverbrauch und Vertragslaufzeiten melden. Das könne sogar für vertragstreue Kunden negative Folgen haben. Wer öfter den Anbieter wechsle, werde dadurch geringere Chancen auf einen neuen Vertragsabschluss haben.

Vertragsklauseln von DAZN unwirksam

Der Streaming-Anbieter darf intransparente AGB-Klauseln nicht mehr verwenden

Der Verbraucherzentrale Bundesverband beanstandete mehrere Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Streaming-Anbieters DAZN, darunter Klauseln zur Preisanpassung und zur Vertragsänderung. Beim Landgericht München I hatten die Verbraucherschützer mit ihrer Unterlassungsklage Erfolg (12 O 6740/22).

In einer Vertragsklausel behielt es sich das Unternehmen vor, die Preise an "sich verändernde Marktbedingungen" anzupassen. Das Landgericht fand die Formulierung unklar: Für Verbraucher sei nicht ersichtlich, welcher Markt hier gemeint sei. Zudem berücksichtige DAZN die Kundeninteressen nicht: Für den Fall verringerter Kosten sei keine Preissenkung vorgesehen.

Preisanpassungsklauseln seien unwirksam, wenn sie einseitig dem Anbieter das Recht einräumten, die Preise zu erhöhen — umgekehrt aber keine Pflicht des Anbieters enthielten, im Falle geringerer Kosten die Preise nach unten "anzupassen". Einseitig zu Ungunsten der Kunden falle auch die Klausel zu Vertragsänderungen aus, so das Landgericht.

Gemäß den Nutzungsbedingungen bestehe das Angebot von DAZN in einem Online-Videodienst: DAZN übertrage Sportereignisse und berichte darüber. "Gestaltung und Verfügbarkeit dieses Vertragsinhalts" könnten sich mit der Zeit ändern, stehe in den AGB. Die Formulierung sei unbestimmt: Sie würde es dem Streaming-Anbieter im Extremfall ermöglichen, den Vertrag soweit zu verändern, dass überhaupt keine Sportveranstaltungen mehr übertragen werden.

DAZN hat gegen das Urteil des Landgerichts München I Berufung eingelegt. Trotzdem hat das Unternehmen mittlerweile vorsorglich schon mal einige AGB-Klauseln geändert.

Bestellbutton im Online-Handel

Die Aufschrift auf dem Bestellbutton muss die Zahlungspflicht deutlich machen

Erneut zog der Verbraucherzentrale Bundesverband wegen der Gestaltung des Bestellbuttons gegen eine Onlineplattform vor Gericht. Die "Digistore24 GmbH" verkauft im Internet Bücher, Informationsmaterial und Seminare. Um ein Produkt zu bestellen, mussten die Internetnutzer — nach Eingabe der Adressdaten — in der Rubrik "Bezahloptionen" eine Zahlungsmöglichkeit auswählen.

Die grünen Schaltflächen trugen z.B. die Aufschrift "Mit Kreditkarte bezahlen" oder "Bezahlen mit SOFORT-Überweisung". Wer auf eine dieser Schaltflächen klickte, bestätigte damit aber nicht nur die Auswahl des Zahlungsmittels, sondern bestellte gleichzeitig kostenpflichtig das Produkt. Die Schaltflächen seien unzulässig beschriftet, beanstandeten die Verbraucherschützer.

So sah es auch das Landgericht Hildesheim (6 O 156/22). Laut Gesetz dürfe ein Bestellbutton nur mit den Worten "zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer ähnlich eindeutigen Formulierung beschriftet sein, betonte das Landgericht. Ein Bestellbutton müsse unmissverständlich darauf hinweisen, dass ein Klick auf die Schaltfläche den Bestellvorgang auslöse.

Formulierungen wie "Mit Kreditkarte bezahlen" seien aber nicht eindeutig. Sie könnten von Verbrauchern auch so verstanden werden, dass sie mit dem Klick nur das Zahlungsmittel auswählten und die Ware noch nicht verbindlich bestellten.

Darüber hinaus verbot das Landgericht der "Digistore24 GmbH", ein Video-Abonnement anzubieten und die wesentlichen Informationen dazu weit entfernt vom Bestellbutton zu platzieren — anstatt vorschriftsmäßig direkt vor der Bestellung. (Das Unternehmen hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Unsaubere Tricks eines Mobilfunkanbieters

Das Unternehmen wollte die Kündigung eines Kunden per E-Mail nicht akzeptieren

Verbraucher können einen Mobilfunkvertrag ohne Weiteres per E-Mail kündigen. Doch die Primamobile GmbH spielte einem Kunden übel mit, der sich auf diese Weise von seinem Vertrag lösen wollte. Für eine rechtmäßige Kündigung müsse der Kunde statt einer E-Mail eine "unterschriebene Originalkündigung" vorlegen, damit man die Kündigung verifizieren könne, erklärte der Mobilfunkanbieter dreist.

Damit nicht genug: Das Unternehmen schickte dem Mann obendrein eine neue SIM-Karte zu und buchte dafür Geld von seinem Konto ab. Als er sich beschwerte, behauptete die GmbH, er hätte nur den Tarif, aber nicht den Mobilfunkvertrag gekündigt.

Ein übler Trick, erklärte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie zog vor Gericht und verlangte vom Mobilfunkanbieter, derartige Täuschungsmanöver künftig zu unterlassen.

Das Landgericht Berlin gab den Verbraucherschützern Recht (97 O 99/21). Eine Vertragskündigung per E-Mail sei wirksam, so das Landgericht — und zwar ohne eine zusätzliche Bestätigung. Weder sei eine "Originalkündigung" per Brief notwendig, noch ein "Bestätigungsanruf" beim Mobilfunkanbieter. Wenn die Primamobile GmbH versuche, kündigungswilligen Kunden das Gegenteil weiszumachen und sie so hinters Licht zu führen, handle es sich um rechtswidriges Geschäftsgebaren.

EuGH stärkt Verbraucherrechte

Übers Widerrufsrecht nicht informiert: Kunde muss Elektrikerleistungen nicht bezahlen

Ein Hauseigentümer erteilte einem Elektriker den Auftrag, die Elektroinstallation seines Hauses zu erneuern. Wenn so ein Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Handwerkers bzw. Dienstleisters geschlossen wird, steht dem Verbraucher 14 Tage lang das Recht zu, den Vertrag zu widerrufen. Im konkreten Fall traf das zu — die Handwerksfirma versäumte es aber, den Kunden über sein Widerrufsrecht zu informieren.

Diesen Fehler nutzte der Hauseigentümer und widerrief den Vertrag, nachdem der Elektriker den Auftrag erfüllt und seine Leistungen in Rechnung gestellt hatte. Die Handwerksfirma habe wegen der unterlassenen Information über das Widerrufsrecht keinen Anspruch auf Vergütung, argumentierte der Kunde. Bei so einem Versäumnis verlängere sich die Widerrufsfrist um ein Jahr. Der Elektriker habe also die Arbeiten vor Ablauf der Frist ausgeführt. Er, der Kunde, habe deshalb den Vertrag noch widerrufen dürfen.

Das deutsche Gericht, das über die unbezahlte Elektrikerrechnung zu entscheiden hatte, legte den Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Der EuGH sollte die Frage beantworten, ob gemäß EU-Recht in so einem Fall der Anspruch des Handwerkers auf Vergütung ausgeschlossen ist — obwohl der Verbraucher den Vertrag erst widerrief, als die Arbeit bereits getan war.

Der Verbraucher sei in diesem Fall nicht verpflichtet, die Leistungen zu vergüten, lautete die Antwort des EuGH (C-97/22). Wenn außerhalb von Geschäftsräumen über Verträge verhandelt werde (auf Messen, an der "Haustüre"), seien Verbraucher leichter unter Druck zu setzen oder zu überraschen. Das Widerrufsrecht solle Verbraucher davor schützen und die 14-Tage-Frist gewährleiste, dass sie sich den Vertragsschluss in Ruhe noch einmal überlegen könnten.

Daher sei die Information über das Widerrufsrecht für Verbraucher von großer Bedeutung. Wenn ein Dienstleister Kunden darüber nicht aufkläre, könnten sie den Vertrag auch dann noch widerrufen, wenn ihn der Dienstleister bereits erfüllt habe. Der Verbraucher sei dann von jeder Zahlungspflicht befreit. Der Unternehmer müsse auch die Kosten selbst tragen, die er aufwenden musste, um den Auftrag zu erfüllen.

Wieder eine Niederlage für die Sparda-Bank

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kämpft weiterhin gegen unzulässige Bankgebühren

Der Verbraucherzentrale Bundesverband setzt seinen Kampf gegen unzulässige Bankgebühren konsequent fort und erwirkte erneut ein Urteil gegen die Sparda-Bank. Sie hatte im Sommer 2021 von den Kunden verlangt, eine Vertragsklausel zu billigen, nach der sie Verwahrentgelte für Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten erheben konnte. Darüber hinaus sollten die Kontoinhaber ausdrücklich darauf verzichten, Bankgebühren zurückzufordern.

Das Landgericht Berlin erklärte beide Regelungen für unwirksam (52 O 103/22). Verwahrentgelte für Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten seien rechtswidrig, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligten. Bei Girokonten sei das Verwahren des Geldes eine notwendige und selbstverständliche Nebenleistung der Bank, die sie den Kunden aufgrund des Girovertrags schulde. Dafür stehe dem Kreditinstitut kein eigenes Entgelt zu.

Unzulässig sei es auch, wenn die Sparda-Bank den Kunden vorformulierte Formulare vorlege, mit denen sie ihnen eine "Verzichtsvereinbarung" abverlange. Mit ihrer Unterschrift unter dieses Formular sollten die Kontoinhaber bestätigen, dass sie auf alle Ansprüche verzichteten, die ihnen "infolge des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27.4.2021 zustehen".

Weder dem Formular, noch dem Anschreiben der Sparda-Bank könnten Verbraucher Hinweise auf den Inhalt des angeführten Urteils entnehmen. Die meisten Kunden wüssten jedoch über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Bankgebühren nicht Bescheid. Sie könnten daher die Vertragsunterlagen der Bank auch nicht unter diesem Gesichtspunkt auf mögliche Mängel hin prüfen. Die Kontoinhaber würden mit ihrer Unterschrift, ohne es zu wissen, auch auf die Erstattung von Gebühren verzichten, die die Bank zu Unrecht einbehalten habe. (Die Sparda-Bank hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Streit über die Gasabrechnung

Kurzartikel

Bei einem Streit mit Kunden über den Umfang des Gasverbrauchs muss das Energieversorgungsunternehmen die Richtigkeit seiner Abrechnung beweisen. Hat eine staatlich anerkannte Prüfstelle festgestellt, dass ein geeichter, technisch einwandfrei funktionierender Zähler installiert war und ordnungsgemäß abgelesen wurde, ist aber davon auszugehen, dass die berechnete Gasmenge tatsächlich verbraucht wurde. Ungewöhnlich hohe Verbrauchswerte allein können die Annahme nicht erschüttern, dass ein geprüfter und geeichter Zähler den Verbrauch zuverlässig misst.

Information über Fluggastrechte

Kurzartikel

Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssen Fluggesellschaften den Fluggästen schriftliche Informationen zu ihren Rechten zur Verfügung stellen. Schickt eine Airline einem Passagier nur eine E-Mail mit einem Link zu Informationen über Fluggastrechte auf ihrer Webseite, genügt dies nicht. Denn damit wird dem Kunden unzulässigerweise eine Mitwirkung abverlangt, nämlich den Link anzuklicken und sich die Informationen herunterzuladen.

Unzulässige Vertragsklausel eines Fertighausanbieters

Für mangelhafte Bauteile wollte er nur haften, wenn sie gemäß den Herstellervorschriften gewartet wurden

Ein Verbraucherschutzverband beanstandete mehrere Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Fertighausanbieters, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligten. Darunter diese Klausel: Für Bauteile, die regelmäßig gewartet werden müssen, übernimmt die Firma Gewährleistung nur dann, "wenn hierfür entsprechende Wartungen gemäß den Herstellervorschriften nachgewiesen werden".

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz erklärte die Klausel für unwirksam (2 U 63/22). Die Gewährleistung für Mängel per AGB-Klausel auszuschließen, sei unzulässig. Und so, wie die betreffende Klausel formuliert sei, komme sie einem Ausschluss gleich, stellte das OLG fest. Denn die Firma mache ihre Haftung für einzelne Bauteile von einer Bedingung abhängig, die vom Gesetz überhaupt nicht vorgesehen sei.

Bei Mängeln einzelner Bauteile — sofern sie regelmäßig gewartet werden müssen — unterlaufe die Firma mit dieser Klausel die Rechte der Bauherren, indem sie ihre Haftung an den Nachweis der Wartung gemäß Herstellervorschriften knüpfe. Laut Gesetz lägen dann zwar die Voraussetzungen für eine Haftung vor — nach der AGB-Klausel hätten die Bauherren trotzdem kein Recht auf Nachbesserung.

Werbung für Meditonsin versprach zu viel

Kurzartikel

Die NRW-Verbraucherzentrale setzte das Verbot einiger Werbeaussagen durch, mit denen der Anbieter des homöopathischen Mittels Meditonsin im Internet geworben hatte. Das betraf die Aussage, Meditonsin reduziere die "Intensität der typischen Erkältungssymptome" "rasch und zuverlässig" sowie ähnliche Behauptungen. Dies sei irreführend, so das Landgericht Dortmund. Solche Aussagen erweckten den falschen Eindruck, erkältete Patienten könnten mit Gewissheit Besserung erwarten, wenn sie das Mittel einnehmen.

Unwirksame Klausel im Mobilfunkvertrag

Verbraucher können das Endgerät frei wählen, mit dem sie das Internet nutzen

Ein Verbraucherschutzverband beanstandete eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Mobilfunkanbieters. Demnach sollten sich die Kunden nur mit Endgeräten ins Internet einklinken, die eine "mobile Nutzung unabhängig von einem permanenten, kabelgebundenen Stromanschluss" ermöglichten. Kunden sollten also mit Smartphones, Tablets etc. im Netz surfen, aber nicht mit stationären LTE-Routern.

Das Telekommunikationsunternehmen dürfe diese Klausel in seinen Mobilfunkverträgen künftig nicht mehr verwenden, forderten die Verbraucherschützer. Sie widerspreche EU-Recht: Verbraucher hätten das Recht, den Internetzugang mit Endgeräten ihrer Wahl zu benützen. Der Verband gewann den Streit mit dem Mobilfunkanbieter in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (III ZR 88/22).

Mobilfunkanbieter könnten die Wahlfreiheit der Verbraucher bei den Endgeräten nicht per AGB-Klausel wirksam einschränken, urteilten die Bundesrichter. Wenn sich Geräte technisch dafür eigneten, über das Mobilfunknetz eine Internetverbindung herzustellen, dürften sie nicht von der Nutzung des Internetzugangs ausgeschlossen werden. Ob dem Internetzugangsdienst ein Mobilfunkvertrag, ein Festnetzvertrag oder ein anderer Vertragstyp zugrunde liege, spiele dabei keine Rolle.

Corona-Test vor dem Training

Die Corona-Schutzvorschriften rechtfertigten es nicht, einen Fitnessstudio-Vertrag zu kündigen

Im Frühjahr 2021 hatte Frau D mit der Inhaberin eines Fitnessstudios einen Vertrag abgeschlossen. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 18 Monaten mit Beginn am 1. Juli, das monatliche Entgelt betrug 74 Euro. Im Juli begann Frau D mit dem Training. Doch schon nach einem Monat überlegte es sich die Kundin anders und kündigte. Ab August zahlte sie keinen Mitgliedsbeitrag mehr, obwohl sie mehrmals abgemahnt wurde.

Ihre Kündigung begründete Frau D im folgenden Rechtsstreit mit den Corona-Vorschriften: Sie habe sich aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen nicht gegen Corona impfen lassen können. Deshalb habe sie den Vertrag außerordentlich kündigen dürfen.

Die Studioinhaberin hielt die Kündigung für unwirksam und forderte von Frau D die Zahlung der Mitgliedsbeiträge: Die Kundin hätte jederzeit im Studio trainieren können, wenn sie sich an die staatlichen Auflagen gehalten hätte. Wer sich nicht impfen lassen wollte, habe sich testen lassen können.

Das Amtsgericht München gab der Studioinhaberin Recht (161 C 2028/22). Die Kundin müsse die ausstehenden Beiträge (insgesamt 1.184 Euro) zahlen. Auch für Kunden, die sich nicht impfen lassen konnten oder wollten, habe während der Pandemie kein außerordentliches Kündigungsrecht bestanden, so das Amtsgericht.

Frau D hätte nämlich auch ohne Corona-Impfung trainieren können. Corona-Tests durchzuführen, um das Studio nutzen zu können, sei für die Kunden während der Pandemie durchaus zumutbar gewesen. Das Fitnessstudio habe im fraglichen Zeitraum allen Kunden offen gestanden, die bereit waren, die Corona-Schutzvorschriften einzuhalten.

Sparkassentrick bei Bankgebühren

Bankkunden mussten mit der Unterschrift auf Überweisungen auch den AGB der Sparkasse zustimmen

Im April 2021 hat der Bundesgerichtshof Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank für unwirksam erklärt. Es ging um Klauseln, nach denen ein "Schweigen" der Kunden zu Änderungen der AGB und/oder der Bankgebühren als Zustimmung gewertet wurde (onlineurteile-Artikel Nr. 56828). Wenig überraschend verfielen Banken und Sparkassen nach diesem Urteil auf andere dubiose Methoden, um die Bankkunden zum Einverständnis mit Preiserhöhungen zu bewegen.

Neues Beispiel: Die Sparkasse Wittenberg hat ihre Überweisungsformulare so gestaltet, dass Kontoinhaber mit ihrer Unterschrift unter die Überweisung zugleich in die AGB und in das Preis- und Leistungsverzeichnis der Sparkasse einwilligten. Dieses aggressive geschäftliche Handeln verstoße gegen Grundsätze des Vertragsrechts, kritisierte der Verbraucherzentrale Bundesverband: Verbraucher könnten dadurch eine vertraglich vereinbarte Leistung des Kreditinstituts, das Überweisen von Beträgen, nicht mehr nutzen, ohne einer Vertragsänderung zuzustimmen.

Auf diese Weise bringe die Sparkasse ihre Kunden in eine Zwangslage, fand auch das Landgericht Dessau-Roßlau (4 O 643/22). Ohne Unterschrift führe die Sparkasse keine Überweisungsaufträge aus. Damit setze sie die Kontoinhaber unter Druck, den Änderungen zuzustimmen — diese Praxis sei unzulässig. Die Sparkasse enge die Entscheidungsfreiheit der Kunden ein und beeinträchtige sie in der Ausübung ihrer Rechte. Mit solchen Zusätzen im Unterschriftsfeld des Überweisungsformulars müssten Verbraucher nicht rechnen.

Bremst der Tesla-Tempomat zu "selbständig"?

Ein Mangel liegt nur vor, wenn der Autopilot nicht dem aktuellen "Stand der Technik" entspricht

Der Käufer eines Tesla Model 3 forderte vom Hersteller ein Ersatzfahrzeug, weil er seinen 45.990 Euro teuren Wagen mangelhaft fand. Der Tempomat halte die eingestellte Geschwindigkeit häufig nicht, beanstandete der Käufer. Vielmehr bremse der Autopilot selbständig, ohne vorherige Warnung und auch ohne erkennbare Hindernisse oder Verkehrszeichen.

Der Autohersteller sah darin keinen Mangel, lehnte eine Nachlieferung ab und ließ es auf eine Klage ankommen. Das Landgericht München I und das Oberlandesgericht (OLG) München gaben ihm Recht (8 U 1627/22). Mangelhaft wäre der Wagen nur, wenn er nicht so beschaffen wäre wie bei "Sachen der gleichen Art üblich" und wie es "der Käufer nach Art der Sache erwarten" könne. Vergleichen könne man den Tesla nur mit Fahrzeugen, die ebenfalls mit GPS-unterstützten Abstands-Tempomaten ausgestattet seien, erklärte das OLG.

Der Autohersteller habe die Gründe für die angeblichen "Phantombremsungen" vor Gericht nachvollziehbar dargelegt und diese auch in ausführlichen Benutzerinformationen erläutert. Die Funktionsweise des Tempomaten hänge u.a. vom Kartenmaterial ab und damit von Drittanbietern, die die GPS-Daten zur Verfügung stellten. Verkehr verändere sich durch Umbaumaßnahmen und neue Verkehrsschilder ständig, das Kartenmaterial sei nicht immer 100-prozentig aktuell.

Deswegen könne bisher kein Hersteller garantieren, dass GPS-unterstützte Abstands-Tempomaten die eingestellte Geschwindigkeit immer einhalten. Einen völlig fehlerfreien Betrieb könnten die Käufer solcher Systeme (noch) nicht erwarten. Der Autohersteller habe aber die vom Käufer angegebenen "Problemstellen", an denen der Wagen unversehens bremste, korrigiert und das Kartenmaterial online verändert.

Der GPS-unterstützte Autopilot von Tesla entspreche damit dem derzeitigen "Stand der Technik". Wenn der "Stand der Technik" die Hoffnungen des Käufers enttäusche, stelle das keinen Mangel des Tesla dar. Im Übrigen rate das Tesla-Benutzerhandbuch: Bei selbständigem Bremsen des Tempomaten könne der Fahrer gegensteuern, indem er manuell beschleunige, also das Gaspedal betätige.

Verwahrentgelt für Girokonto-Guthaben zulässig?

Kurzartikel

Anders als z.B. die Landgerichte Berlin und Düsseldorf hat das OLG Dresden das so genannte Verwahrentgelt für zulässig erklärt und eine Klage der Verbraucherzentrale Sachsen abgewiesen: Die beklagte Sparkasse dürfe den Kunden gemäß ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Entgelt dafür abverlangen, dass sie Guthaben auf dem Girokonto verwahrt. Das gilt laut den Sparkassen-AGB für neu eröffnete Girokonten bzw. bei Kontomodell-Wechseln und nur für Guthaben über 5.000 Euro. Das OLG ließ wegen der unterschiedlichen Rechtsprechung die Revision zum Bundesgerichtshof zu.