Ein Arbeitnehmer schloss mit einer Bank einen Darlehensvertrag ab, den er online über einen Internet-Marktplatz beantragt hatte. Er lieh sich netto 10.548 Euro. Der Betrag wuchs allerdings durch den effektiven Jahreszins von 18,40 Prozent und eine Restschuldversicherung auf einen Gesamtkredit von 19.339 Euro an. Bei einem Einkommen von 2.000 Euro netto im Monat und einer Miete von 700 Euro war letztlich von vornherein klar, dass sich der Kreditnehmer die Monatsraten von 322 Euro auf Dauer nicht leisten konnte.
Als er tatsächlich mit der Schuldentilgung in Rückstand geriet, zog die Bank vor Gericht und forderte die restliche Kreditsumme (11.548 Euro). Ihr Argument: Die Zinsen seien keineswegs überhöht, denn auf dem Internet-Marktplatz könnten Kreditsuchende die konkreten Konditionen für das Darlehen selbst anhand einiger Vorschläge aussuchen. Außerdem müsse es sich ja für ein Kreditinstitut lohnen, ein so hohes Risiko auf sich zu nehmen. Andere Banken würden einem so wenig kreditwürdigen Kunden gar kein Darlehen gewähren.
Das Landgericht Erfurt wies die Klage der Bank ab (9 O 101/23). Der Kreditvertrag sei wegen sittenwidrig überhöhter Zinsen nichtig. Der vereinbarte effektive Jahreszins (18,40%) stehe in einem auffälligen Missverhältnis zum Marktzins (4,31%), der beim Vertragsschluss für Verbraucherkredite mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren gegolten habe. Von einem auffälligen Missverhältnis sei schon dann auszugehen, wenn die Vertragszinsen doppelt so hoch seien wie der marktübliche Zins.
Hier seien sie vier Mal so hoch. Angesichts eines so massiven Missverhältnisses sei zu vermuten, dass die Bank vorsätzlich oder grob fahrlässig die ökonomisch schwache Lage des Kunden für sich ausgenutzt habe. Dass sich der Kreditnehmer auf dem Internet-Marktplatz selbst für eben dieses Darlehen entschieden habe, ändere daran nichts. Denn online werde die Kreditwürdigkeit der Antragsteller so gut wie nicht überprüft.
Doch die Bank sei dazu verpflichtet. Der Gesetzgeber schreibe "verantwortliche Kreditvergabe" vor (§ 505a Abs.1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Das bedeute: Banken dürften Kreditverträge nur abschließen, wenn es keine erheblichen Zweifel daran gebe, dass Kreditnehmer die Raten aufbringen könnten. Einen erhöhten Zinssatz zu vereinbaren, um die von vornherein fehlende Kreditwürdigkeit eines Kunden auszugleichen, sei unzulässig.