WEG muss überhängende Äste so weit zurückschneiden, wie es die Baumschutzverordnung erlaubt
Im Garten einer Wohnungseigentumsanlage steht eine mächtige Linde — direkt an der Grundstücksgrenze. Ihre ausladende Krone von ca. zwölf Metern ragt weit ins angrenzende Grundstück hinein und verschattet das Wohnhaus des Nachbarn. Wegen des Lichtmangels sind schon einige seiner Mieter vorzeitig ausgezogen. Die Wurzeln des Baums dringen im Nachbargrundstück an die Oberfläche, Wurzeln und Blätter verstopfen das Siel zum Kellereingang.
Nach vielen Beschwerden des Nachbarn beantragte die Eigentümergemeinschaft (WEG) beim Bezirksamt Hamburg-Altona die Erlaubnis, die Linde zu fällen. Das komme bei so einem gesunden Baum nicht in Frage, teilte die Behörde mit. Schatten auf dem Wohnhaus rechtfertige es nicht, eine vitale Linde abzuholzen. Das verstieße gegen die Baumschutzverordnung. Das Bezirksamt genehmigte nur einen Pflegeschnitt der Baumkrone.
Dem Nachbarn dauerten die Verhandlungen mit der Behörde zu lange, einen Pflegeschnitt hielt er sowieso für unzureichend. Er zog vor Gericht und verlangte von der WEG, die Äste und Wurzeln der Linde bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden — vorausgesetzt, dies werde vom Bezirksamt erlaubt. In Bezug auf die Äste setzte sich der Nachbar beim Amtsgericht Hamburg-Altona durch (317 C 18/22).
Grundsätzlich müssten Grundstückseigentümer dafür sorgen, dass überhängende Zweige die Nachbarn nicht beeinträchtigten, so das Amtsgericht. Allerdings dürften Eingriffe nicht gegen die Hamburger Baumschutzverordnung verstoßen: Naturschutz gehe vor, wenn ein Baum — wie die Linde — grundsätzlich erhaltenswert sei. Eingriffe würden nur ausnahmsweise genehmigt, wenn ein Baum das Eigentum des Nachbarn unverhältnismäßig beeinträchtige, d.h. massiver, als dies bei Bäumen üblich sei.
Nach dem Gutachten des Baumsachverständigen sei ein Rückschnitt der Krone akzeptabel, wenn keine Äste beschnitten würden, die dicker als fünf Zentimeter seien. Soweit dürfe und müsse die WEG die Lindenkrone stutzen. Ein Rückschnitt der Wurzeln würde dagegen die Standsicherheit des Baumes gefährden.
Auf diese Maßnahme habe der Nachbar keinen Anspruch, weil die Wurzeln keine besonderen Nachteile verursachten. Überirdisches Wurzelwachstum gehöre zu den typischen Begleiterscheinungen von Bäumen, die in der Regel hinzunehmen seien. Außerdem sei das Wachstum hier auch auf eine fehlerhaft verlegte Wurzelsperre zurückzuführen, die man eventuell korrigieren könne.