18-bändiges Lexikon angedreht
onlineurteile.de - Ein Vertreter war auf Werbetour für einen Lexikonvertrieb. Telefonisch angekündigt, besuchte er eine türkische Familie in deren Wohnung. Es gehe um eine "Schulaktion", behauptete er. Sein Beratungsgespräch mit dem Hausherrn war erfolgreich: Der Mann, der nur schlecht deutsch sprach, bestellte ein Brockhaus-Lexikon mit 18 Bänden (Kostenpunkt: 1.898 Euro). Später besann sich der Käufer eines Besseren und focht den Kaufvertrag an.
Das Amtsgericht Ibbenbüren erklärte den Vertrag für nichtig, weil der Vertreter den Kunden arglistig getäuscht habe (3 C 514/04). Bei der Beurteilung spielten die mangelhaften Sprachkenntnisse des türkischen Käufers eine wesentliche Rolle. Zunächst hatte der Vertreter am Telefon gesagt, die Kinder hätten an einer Schulaktion teilgenommen und einen Schülerduden erhalten; im Rahmen dieser Aktion werde er die Eltern besuchen. Schon bei einem Menschen, der die deutsche Sprache einwandfrei beherrsche, erst recht aber für jemanden mit Verständnisschwierigkeiten entstehe so der Eindruck, er habe es mit einem Vertreter der Schule zu tun, tadelte der Amtsrichter.
Im Gespräch habe der Verkäufer dann so getan, als biete er von der Schule empfohlenes Lehrmaterial an, das für die Schulausbildung der Kinder notwendig sei. Dabei sei ein derart umfangreiches Nachschlagewerk für Haupt- oder Realschüler völlig untauglich. Dass der Vater sich nur auf "sprachlich sehr einfacher Ebene" unterhalten könne, habe der Vertreter zu einem bewussten Täuschungsmanöver genutzt und den gutwilligen, aber sachunkundigen Mann über den Tisch gezogen.