"Anpassungsschmerz"
onlineurteile.de - Mit Zahnschmerzen erschien die Patientin in der Praxis ihres Zahnarztes. Er führte an zwei Zähnen Wurzelbehandlungen durch und erneuerte die Keramikfüllungen der Zähne. Doch die Schmerzen blieben. Noch einmal widmete sich der Zahnmediziner einem Wurzelkanal. Doch die Patientin klagte weiterhin über Schmerzen und erschien so oft, dass der Zahnarzt schließlich entnervt forderte, "sie solle sich nicht so anstellen". Das bestritt er zwar später; fest steht jedoch, dass er die Schmerzen mehrfach als Anpassungsschmerzen abtat. Nach einer Füllung mit Keramikinlays könne "so ein Phänomen übergangsweise auftreten".
Wütend brach die Patientin die Behandlung ab und suchte sich einen anderen Zahnarzt. Dieser zog die zwei entzündeten Zähne und versorgte die Patientin mit Implantaten. Vom ersten Zahnarzt forderte die Frau Schadenersatz und Schmerzensgeld: 7.000 Euro hielt das Oberlandesgericht (OLG) Köln für angemessen: 5.500 Euro Kostenersatz für Implantate, 1.500 Euro Ausgleich für die Schmerzen (5 U 148/04).
Dabei hatte das OLG keinen ärztlichen Kunstfehler festgestellt. Aber der Mediziner habe nicht richtig auf die Schmerzzustände der Patientin reagiert, erklärten die (von Experten beratenen) Richter. Wenn Schmerzen länger als vier Tage anhielten, dürfe er nicht mehr von einem "Anpassungsschmerz" ausgehen. Dann müsse der Zahnarzt die Ursache der Schmerzen durch eine neue Röntgenkontrolle abklären. Dass dies versäumt wurde, sei ein Behandlungsfehler, der schließlich zum Verlust zweier natürlicher Zähne führte und zu langer, peinvoller Nachbehandlung.