Anwalt beschimpft Richter als Rassisten

Die Unterstellung, wie ein Nazi zu denken, ist eine strafbare Beleidigung

onlineurteile.de - Herr S, ein nigerianischer Staatsangehöriger, lebte ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland — ihm drohte die Abschiebung. Die Ausländerbehörde hatte bei Ermittlungsrichter X sogar Sicherungshaft beantragt. Sie wird verhängt, um zu verhindern, dass sich Betroffene der Abschiebung entziehen. X war als Richter bekannt, der Anträge der Ausländerbehörde "hundertprozentig" umsetzte.

Sicherungshaft sei hier vollkommen unnötig, meinte der Anwalt des S, da der Nigerianer eine deutsche Lebensgefährtin und mit dieser eine acht Monate alte Tochter habe. Das teilte er dem Richter vor der Verhandlung auf dem Flur des Gerichtsgebäudes mit. Dafür hatte X wenig Verständnis und meinte sinngemäß, der S hätte sich zuerst eine Aufenthaltsgenehmigung beschaffen und dann Vater werden sollen. Wie prekär sein Status sei, habe er doch gewusst.

Der Anwalt verstand das so, als bräuchte sein Mandant eine behördliche Erlaubnis, um mit einer deutschen Frau ein Kind zu zeugen. Das machte ihn so wütend, dass er den Richter aufforderte, folgenden Satz nachzusprechen: S als Afrikaner sei berechtigt, eine deutsche Frau zu "ficken" und ihr ein Kind zu machen. Diesen Satz "entschärfte" der Anwalt mehr oder weniger, indem er bei einer zweiten Aufforderung das Wort "ficken" durch "vögeln" ersetzte.

X zeigte keine Reaktion, weshalb sich der aufgeregte Anwalt zu einer weiteren Provokation hinreißen ließ: "Sie werden diesen Satz nicht über ihre Lippen bringen, weil er gegen ihre Auffassung verstößt. Sie vertreten hier Auffassungen, die in diesem Staat zuletzt 1934 mit den Nürnberger Rassegesetzen vertreten worden sind." Nun beendete der Richter das Gespräch. Er lehnte zwar die Sicherungshaft für den Nigerianer ab, zeigte aber den Anwalt wegen Beleidigung an.

Auch das Oberlandesgericht Bremen wertete dessen Attacke als strafbare Beleidigung, die mit einer Geldstrafe zu ahnden sei (2 Ss 35/13). Ein Anwalt habe sich als Organ der Rechtspflege "zurückhaltend, ehrenhaft und würdig" zu verhalten. Stattdessen habe er die "Ebene der Sachlichkeit vollständig verlassen" und dem X unterstellt, er teile "die im höchsten Maße menschenverachtende Auffassung der Nationalsozialisten." So ein Angriff auf die Ehre des Richters sei nicht hinnehmbar.

Zu solcher Missachtung habe der Richter keinen Anlass gegeben, die herabsetzenden Äußerungen hingen nicht mit dem Rechtsstreit zusammen. Am Ende sei es dem Anwalt nur noch um die vermeintliche Einstellung des X zu Geschlechtsverkehr mit Ausländern gegangen. Das sei keine sachliche Auseinandersetzung über die mögliche Festnahme des Nigerianers gewesen, der Anwalt habe vielmehr den Richter als Person diffamiert.