Arbeitslosengeld II

"Eheähnliche Gemeinschaft" setzt nicht zwingend drei Jahre Zusammenleben voraus

onlineurteile.de - Bis Ende 2004 bezog die alleinstehende Mutter Sozialhilfe, im Herbst hatte sie bereits Arbeitslosengeld II beantragt. Doch dann erhielt die städtische Behörde eine anonyme Anzeige: Die Frau lebe mit ihrem Vermieter zusammen. Die Behörde erkundigte sich beim Energieversorger nach dem Stromverbrauch - Resultat: "Drei-Personen-Haushalt" - und schickte Mitarbeiter zu einem Hausbesuch. Ihnen öffnete der Vermieter "in Unterhemd und Unterhose" die Tür. Badezimmer und Schlafzimmer wurden inspiziert ...

Hier wohnt ein Paar, befanden die städtischen Detektive. Daraufhin wurde der Antrag der Frau abgelehnt: Die Umstände sprächen dafür, dass sie mit H. in eheähnlicher Gemeinschaft lebe. Also müsse H. sein Einkommen einsetzen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit sei sie nicht mehr hilfsbedürftig.

Die Frau bestritt, in einer "eheähnlichen Gemeinschaft" zu leben und bekam vom Sozialgericht zunächst Recht: Der Mann habe bis 2004 in einem anderen Haus gewohnt. Von einer "eheähnlichen Gemeinschaft" könne man daher noch nicht sprechen, so der Richter, dazu lebe das Paar nicht lange genug zusammen (Richtschnur gemäß den Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit: ca. drei Jahre). Dem widersprach das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 9 B 6/05 SO ER). Wenn das Gesamtbild aller Tatsachen die Annahme einer "eheähnlichen Gemeinschaft" rechtfertige, müsse man nicht an starren Grenzen für die Dauer des Zusammenlebens festhalten.

Warum sollte der Vermieter eine eigene Wohnung aufgeben, um zwei Dachzimmer ohne Küche und Bad zu beziehen? Das mache nur Sinn, weil er die anschließende Wohnung seiner Freundin mitbenutze. Einrichtung und Schrankinhalt sprächen für eine enge Gemeinschaft. Offenkundig fühle sich der Mann dort zu Hause, ansonsten würde er sich dort nicht ungezwungen in Unterwäsche bewegen.