Auffahrunfall an der Autobahnausfahrt

Schuld ist nicht immer und überall der Auffahrende ...

onlineurteile.de - Wie sich der Unfall genau ereignete, blieb umstritten. Fest steht: Der Fahrer eines VW-Busses und ein Opel-Fahrer wollten die Autobahn an der gleichen Ausfahrt verlassen. Etwa 300 Meter vor der Ausfahrt überholte der VW-Bus den Opel und wechselte dann die Fahrspur. Vor dem Opel schwenkte er nach rechts auf den Verzögerungsstreifen der lang gezogenen Ausfahrt und bremste gleichzeitig. Der Opel-Fahrer fuhr auf den VW-Bus auf.

Es folgte ein Prozess um Schadenersatz. Amtsgericht und Landgericht verneinten hier einen "typischen Auffahrunfall", bei dem der Auffahrende allein die Schuld trägt und für den Schaden haftet, weil er nicht aufgepasst hat, zu schnell fuhr oder zu wenig Abstand hielt.

Dagegen spreche schon der Unfallschaden: kein Frontalanstoß, sondern ein "Schräganstoß". Der VW-Bus sei hinten seitlich rechts, der Opel nur vorne seitlich links beschädigt. Die zwei Unfallbeteiligten müssten daher jeweils die Hälfte der Reparaturkosten tragen, entschieden die Gerichte.

Das bestätigte der Bundesgerichtshof (VI ZR 15/10). Autofahrer dürften nach dem Überholen die Fahrspur nur wechseln, wenn sie niemanden gefährdeten, d.h. in ausreichendem Abstand zum überholten Autofahrer. Im konkreten Fall habe der VW-Bus die Fahrspur gewechselt: Es sei aber strittig und nicht mehr aufzuklären, ob das direkt vor dem Zusammenstoß stattfand und diesen verursachte.

Jedenfalls unterscheide sich diese Verkehrssituation wesentlich vom typischen Auffahrunfall, der nur den Schluss auf ein Verschulden des Auffahrers zulasse. Wegen des Schräganstoßes liege hier der Schluss mindestens ebenso nahe, dass der überholende Fahrer äußerst knapp vor dem Opel auf die Verzögerungsspur der Ausfahrt gefahren sei. Dann habe der Hintermann den Zusammenstoß nicht vermeiden können. Da der genaue Unfallhergang nicht feststehe, sei der Schaden hälftig aufzuteilen.