Augenärztin mahnt nicht zu nötiger Kontrolluntersuchung
onlineurteile.de - Es schien, als sprühten in seinem linken Auge Funken. Sofort ging der Mann zum Augenarzt. Die Ärztin stellte außer einer leichten Glaskörperabhebung nichts Auffälliges fest, über die möglichen Konsequenzen der "Lichtblitze" verlor sie kein Wort. Sie forderte den Mann auch nicht auf, noch einmal zur Kontrolle zu kommen, wenn sich die Symptome verschlimmerten. Einige Tage später löste sich am linken Auge des Mannes die Netzhaut ab. Trotz zweier Operationen blieb er auf diesem Auge stark sehbehindert.
Hätte man das nicht abwenden können? Schwere Versäumnisse kreidete der Patient der Augenärztin an und verlangte eine Entschädigung. Sicher sei es ein Behandlungsfehler gewesen, ihn nicht zu einer Kontrolluntersuchung zu bestellen oder zumindest auf deren Notwendigkeit hinzuweisen, erklärten die Gerichte. Doch es stehe nicht fest, ob eine weitere Untersuchung die Netzhautablösung verhindert hätte, also der Schaden wirklich durch den Fehler der Ärztin entstanden sei.
Mit diesem Argument wurde die Klage des Mannes auf Schmerzensgeld abgelehnt. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil der Vorinstanz auf: Ein grober Behandlungsfehler wie dieser führe zu einer Umkehr der Beweislast (VI ZR 328/03). Das bedeutet: Nicht mehr der Patient muss die Schuld des Arztes, sondern der Arzt muss beweisen, dass zwischen seinem Fehler und dem Gesundheitsschaden des Patienten kein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Im konkreten Fall habe der versäumte Hinweis auf das Risiko einer Netzhautablösung den Sehschaden (wenn nicht verursacht, dann doch zumindest) wahrscheinlich gemacht. Denn der Patient sei so gar nicht erst auf den Gedanken gekommen, nochmals zum Arzt zu gehen und habe damit die Chance verpasst, die schlimmen Folgen zu vermeiden oder zu vermindern. Die Forderung nach Schmerzensgeld sei daher berechtigt, über dessen Höhe müsse nun wieder die Vorinstanz entscheiden.