"Ausbeutende Zuhälterei"

Ob sich ein Bordellbesitzer strafbar macht, hängt von den Freiheiten der Prostituierten ab

onlineurteile.de - Die Staatsanwaltschaft Verden wollte drei Männer vor Gericht stellen, die mehrere Jahre lang in Norddeutschland Bordelle und "Love-Mobile" leiteten. Es ist zwar nicht mehr strafbar, derlei Etablissements zu betreiben. Die Zuhälter sollten den Frauen aber zu wenig Geld gelassen haben ("ausbeutende Zuhälterei").

Obendrein wurden die Prostituierten angeschrieen und beschimpft, wenn sie sich nicht an die preußisch-strenge Hausordnung hielten. Da die drei Männer diese penibel kontrollierten, gab es öfter mal Zoff im Bordell. Das nährte bei der Staatsanwaltschaft den Verdacht, dass die Männer ihre Mitarbeiterinnen schikanierten und ihre Abhängigkeit ausnutzten ("dirigierende Zuhälterei").

Das Landgericht lehnte es jedoch ab, das Verfahren zu eröffnen. Begründung: Die "leichten Mädchen" könnten ihre Arbeit dort jederzeit aufgeben und müssten auch nicht außergewöhnlich viel Geld an die Zuhälter abführen. Die Gesetzeshüter der Staatsanwaltschaft wollten sich damit nicht zufrieden geben und beschwerten sich postwendend beim Oberlandesgericht (OLG) Celle (2 Ws 313/12).

Erneut spielten sie vor dem OLG die abgehörten Telefongespräche ab, um die Schuld der Zuhälter zu beweisen. Doch auch das OLG kam zu dem Schluss, dass hier keine Straftat vorlag. Zwar knöpften die Bordellbesitzer den Frauen eine relativ hohe Miete ab. Aber es blieb den Prostituierten doch ein beträchtlicher Anteil an den Einnahmen. Sie seien nie wirtschaftlich "geknebelt" worden mit dem Ziel, ihnen den Ausstieg aus der Prostitution unmöglich zu machen.

Im Gegenteil: Niemand habe ihnen den Ausstieg verwehrt, wenn sie aussteigen wollten. Die Frauen hätten zu jeder Zeit das Etablissement wechseln können. In dieser Beziehung legten ihnen die Zuhälter keine Steine in den Weg. Vielmehr drohten sie den Prostituierten immer mal wieder mit Kündigung — wie auf den Tonbändern zu hören —, wenn sie gegen die Regeln verstießen.

Verschlief eines der Mädchen, kam unpünktlich zum "Dienst" oder zu spät aus dem Urlaub, war das Donnerwetter gewaltig. Aber ihnen blühte nur der Rausschmiss, es drohten keine Prügel oder andere Sanktionen, wie in dieser Branche durchaus üblich. Eine Zeugin sagte aus, dass die "Chefs" immer fragten, wie viele Tage man frei haben möchte. Erst dann machten sie den Einsatzplan. Wer gerade nicht arbeiten wollte, habe absagen können.

Aufgrund dieser Aussagen wies das OLG die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zurück. Und die gestrengen Zuhälter können weiterhin Pünktlichkeit und Sauberkeit in ihren Etablissements kontrollieren.