Autoschlüssel vom Tresen geklaut

Hat der Gastwirt den Diebstahl seines Wagens grob fahrlässig herbeigeführt?

onlineurteile.de - Gleich, als Herr R. das Lokal betrat, fiel er dem Restaurantbesitzer auf. Der Gastwirt wies den Kellner an, dem Betrunkenen höchstens ein Bier auszuschenken. Er selbst saß auf seinem "Stammplatz" am Tresen. Von da aus übersah er den ganzen Gastraum, in dem kurz vor Mitternacht nicht mehr viel los war. Sein Schlüsselbund lag die ganze Zeit neben ihm auf dem Tresen. Ihm gegenüber saß Herr R. und trank sein Bier.

Erst als der Gastwirt gegen 0.30 Uhr das Lokal abschließen wollte, merkte er, dass sein Schlüsselbund verschwunden war. Mit einem Zweitschlüssel sperrte er das Restaurant zu und sah nach seinem Auto, das in der Nähe geparkt war. Dort traf er R., den er sofort nach dem Schlüsselbund fragte. R. tat, als wisse er von nichts und trollte sich. Der Wagen stand noch da. Da ging der Gastwirt kurz ins Lokal zurück, um seine Frau anzurufen, die ihm den Zweitschlüssel für das Auto bringen sollte. Fünf Minuten später war das Auto verschwunden.

Im Lauf der Nacht fand die Polizei das Fahrzeug mit Totalschaden auf: R. hatte es gestohlen und damit einen Unfall gebaut. Nun begann für den Gastwirt ein Tauziehen mit seiner Kfz-Versicherung. Sie verweigerte ihm Versicherungsschutz, weil er mit dem Schlüssel so nachlässig umgegangen war. Ihrem Vorwurf grober Fahrlässigkeit mochte sich das Oberlandesgericht Schleswig jedoch nicht anschließen (16 U 92/03). Es verurteilte die Versicherung, den Schaden des Versicherungsnehmers (14.123 Euro) zu übernehmen.

Der Gastwirt habe seinen Schlüsselbund ständig im Auge gehabt. Natürlich hätte er ihn besser aufbewahren sollen, doch um unentschuldbares Fehlverhalten handle es sich hier nicht. Das Risiko für den Dieb, vom Gastwirt ertappt zu werden, sei so groß gewesen, dass dieser nicht mit einem Diebstahl habe rechnen müssen. Draußen auf der Straße habe er sofort R. als Tatverdächtigen angesprochen. R. musste also davon ausgehen, dass ihn der Lokalbesitzer nach einem Diebstahl anzeigen und genau beschreiben würde. Deshalb habe der Gastwirt einen Diebstahl für unwahrscheinlich gehalten. Besser wäre es natürlich gewesen, den Wagen zu bewachen - doch grob fahrlässig habe sich der Gastwirt nicht verhalten.