Autounfall: Geschätzte Reparaturkosten sind zu ersetzen ...

... wenn der Geschädigte mit dem Wagen noch mindestens ein halbes Jahr lang fährt

onlineurteile.de - Nach dem Autounfall folgte, wie so oft, der Ärger mit dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers. Der schuldlose Autofahrer benutzte seinen (beschädigten, aber noch verkehrssicheren) Wagen weiter, ohne ihn reparieren zu lassen. Ein Kfz-Sachverständiger schätzte die Reparaturkosten auf 3.216,35 Euro. Der Haftpflichtversicherer ersetzte dem Autobesitzer jedoch nicht die Reparaturkosten, sondern nur die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert (5.086 Euro netto) und dem Restwert (3.460 Euro), also 1.626 Euro.

Der Autobesitzer forderte die Reparaturkosten in voller Höhe. Grundsätzlich stehe ihm die gesamte Summe zu, urteilte der Bundesgerichtshof (VI ZR 192/05). Der BGH widersprach damit der Vorinstanz, die die Klage mit der Begründung abgewiesen hatte, dass der Wagen nicht repariert wurde. Solange der Fahrzeugschaden den Wiederbeschaffungswert des Autos nicht übersteige, könne der Unfallgeschädigte die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten in voller Höhe (ohne Abzug des Restwerts) verlangen, so der BGH. Auf Qualität und Umfang der Reparatur komme es dabei nicht an, er könne auch ganz auf eine Reparatur verzichten.

Das gelte aber nur unter der Bedingung, dass der Unfallgeschädigte nachhaltig daran interessiert sei, das Auto weiterhin zu nutzen. Wer den Restwert realisiere (d.h. das Auto verkaufe), könne nicht gleichzeitig die vollen Reparaturkosten ersetzt verlangen. Deshalb verlor der Autobesitzer den Prozess, denn er hatte den Wagen vier Monate nach dem Unfall verkauft. Mindestens ein halbes Jahr müsse der Geschädigte das Auto nach dem Unfall behalten, erklärten die Bundesrichter, wenn er die vollen Reparaturkosten ersetzt haben wolle. Andernfalls dürfe der Versicherer so abrechnen, wie hier geschehen, also: Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert.