Baustelle nahe der Wohnung

LG Gießen: Bei einer Baulücke im Stadtzentrum ist das kein Mangel der Mietsache

onlineurteile.de - Der Mieter wohnte schon einige Jahre in seiner Wohnung im Stadtzentrum. Seit Beginn des Mietverhältnisses standen auf dem verwahrlosten Nachbargrundstück abrissreife Gebäude. Eines Tages wurden sie tatsächlich abgebrochen und ein großer Wohn- und Gewerbekomplex gebaut.

Nun beschwerte sich der Mieter über Staub und Lärm durch die Baustelle, vor allem über die Tag und Nacht laufenden Pumpen. Er kürzte wegen Mietmangels die Miete. Der Vermieter verklagte ihn auf Zahlung des vollen Betrags und setzte sich beim Landgericht Gießen durch (1 S 210/10).

Wer im Stadtzentrum eine Wohnung neben einer Baulücke miete, könne sich nicht darauf berufen, dass beim Abschluss des Mietvertrags keine Baumaßnahmen vorhersehbar waren, so das Gericht. Nach der Lebenserfahrung blieben Baulücken im Stadtkern nicht jahrzehntelang bestehen.

Befinde sich das Grundstück in der Nähe eines Flusses, sei während der Bauzeit auch mit Pumpeneinsatz zu rechnen. Daher liege kein Mangel der Mietsache vor. Dass der Mieter wegen baubedingter Lärm- und Staubbelastung die Miete gemindert habe, sei nicht gerechtfertigt.

Wer in so einer Lage miete, erkläre sich stillschweigend mit künftiger Bautätigkeit auf dem Nachbargrundstück einverstanden. Der Abschluss des Mietvertrags sei unter diesen Umständen als eine Art "Beschaffenheitsvereinbarung" anzusehen - inklusive aller Nachteile, die mit ortsüblichen Baumaßnahmen verbunden seien.

Urteil des Landgerichts Gießen
Aktenzeichen: 1 S 210/10
Entscheidungsdatum: 15.12.2010
Urteilnummer: 51973

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