Bayerische Dickschädel ...
onlineurteile.de - Seit Jahrzehnten lagen die beiden Bauern im Streit. Meist ging es um Grenzen und Wegerechte, denn ihre Einödhöfe und Äcker lagen nah beieinander. Eines Tages brachte Bauer A Gülle auf einem Acker aus, der an eine Straße grenzte. Daneben lag ein Grundstück von B. Bauer A pendelte an diesem Tag einige Male zwischen seinem Hof und dem Acker hin und her, um seinen Gülleanhänger aufzufüllen. Wiederholt fuhr er dabei über das Grundstück des Nachbarn, obwohl es deutlich mit einem Grenzpfahl markiert war und A die Straße ebensogut anders erreichen konnte. Beschwerden von B und dessen Sohn fruchteten nichts.
Da stellten die Nachbarn ihren alten Traktor als Hindernis neben den Grenzpfahl. Das schien Bauer A nur noch mehr anzustacheln: Beim nächsten Mal fuhr er den Grenzpfahl an. B richtete ihn wieder auf und blieb selbst dort stehen. Als A zurückkam, wollte er die Durchfahrt zwischen Grenzpfosten und Traktor erzwingen und fuhr eisenhart auf den Nachbarn zu. Während sein Sohn wegspringen konnte, wurde Bauer B vom Traktor erfasst und schwer verletzt.
Neben einem Strafverfahren gegen A wegen fahrlässiger Körperverletzung ging es in einem Zivilprozess um Schmerzensgeld. Das Landgericht verurteilte A und seine Haftpflichtversicherung dazu, Bauer B mit 120.000 Mark zu entschädigen. Das Oberlandesgericht München bestätigte diese Entscheidung (20 U 2068/02). Vergeblich hatte A versucht, im Prozess die Schuld auf sein Opfer abzuwälzen: Wegen eines ökonomisch wertlosen Streifens Grund habe sich der Nachbar unnötig selbst gefährdet, behauptete er. "Unnötig" sei es für ihn gewesen, über das Grundstück von B zu fahren, hielten ihm die Richter entgegen. Wer seine Rechte gegenüber einem Rechtsbrecher zu wahren suche, so wie hier Bauer B, setze sich zwar einer gewissen Gefahr aus. Trotzdem sei immer noch der Aggressor schuld an dem Unfall und nicht derjenige, der sich gegen die Verletzung seines Eigentums wehre.
Als sich die Versicherung mit dem Argument, A habe vorsätzlich gehandelt, das Schmerzensgeld ersparen wollte, winkten die Richter jedoch ab. Der Versicherer müsse zahlen. Denn es sei nicht bewiesen, dass A es in diesem Nervenkrieg von vornherein darauf angelegt hatte, den Nachbarn zu verletzen.