Behinderter lässt sich vom Krankenwagen zur Kneipe bringen

Betreuer verweigert Einwilligung - Transportdienst bekommt kein Geld

onlineurteile.de - Für einen Rollstuhlfahrer war ein Betreuer bestellt worden, der sich um dessen Vermögensangelegenheiten kümmern sollte. Weil man dem Behinderten nicht mehr zutraute, die Konsequenzen von geschäftlichen Transaktionen zu überblicken, ordnete das Amtsgericht auch einen so genannten "Einwilligungsvorbehalt" an. Das bedeutet: Ohne Einwilligung des Betreuers sind die vom Betreuten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte nichtig, abgesehen vom Kauf von Zahnbürsten und ähnlichen Dingen des täglichen Gebrauchs.

Das kümmerte den fidelen Rollstuhlfahrer nicht weiter: Er bestellte in regelmäßigen Abständen einen Krankentransportwagen, um sich zu seinen Lieblingskneipen bringen zu lassen. Der Krankentransportdienst schickte schließlich für zehn Fahrten eine Rechnung über rund 370 Euro (die Einzelfahrt kostete zwischen 20 und 60 Euro). Nun kam der Betreuer ins Spiel: Er bezahlte weder die Rechnung, noch genehmigte er die Ausflugsfahrten. Schließlich klagte der Krankentransportdienst das Geld ein - ohne Erfolg.

Er habe keinen Anspruch auf die Fahrtkosten, entschied das Landgericht Gießen (1 S 313/02). Die vom Betreuten abgeschlossenen "Beförderungsverträge" seien mangels Einwilligung des Betreuers unwirksam. Diese Regelung solle den Betreuten davor schützen, sein Vermögen zu vergeuden bzw. sein Geld für sinnlose Dinge auszugeben. Zwar bleibe dem Betreuten ein Entscheidungsspielraum für die kleinen Dinge des täglichen Lebens, für die Beförderung mit dem Krankentransportdienst sei aber die Zustimmung des Betreuers erforderlich. Denn für einen behinderten Sozialhilfeempfänger sei der Fahrpreis des Krankentransporters keineswegs "geringfügig". Kein Durchschnittsverdiener würde so ohne Weiteres 20 bis 60 Euro für Fahrten zu einer Bar ausgeben.