BGH-Urteil zum nachehelichen Betreuungsunterhalt:
onlineurteile.de - Das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum nachehelichen Betreuungsunterhalt wurde allgemein als Votum für verschärfte Erwerbspflicht geschiedener Mütter gewertet (XII ZR 74/08). Damit konkretisierte der BGH allerdings nur das, was der Gesetzgeber schon Anfang 2008 festlegte.
Das starre "Altersphasenmodell", das den nachehelichen Unterhalt für den Kinder betreuenden Elternteil allein vom Alter des Kindes/der Kinder abhängig machte, wurde aufgegeben: Bis zum dritten Geburtstag des Kindes steht er dem betreuenden Elternteil zu. Ob und wie lange danach noch Betreuungsunterhalt gezahlt wird, hängt von den Umständen im Einzelfall ab - in erster Linie von der Möglichkeit, das Kind/die Kinder in einem Hort oder Kindergarten unterzubringen.
Der konkrete Fall: Eine Studienrätin, seit 2006 geschieden, betreut ihren derzeit sieben Jahre alten Sohn. Seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16 Uhr in einen Hort. Die Lehrerin hat an ihrer Schule 18 Wochenstunden (eine 70-Prozent-Stelle). Der Vater des Kindes wurde verurteilt, ihr monatlich 837 Euro nachehelichen Betreuungsunterhalt zu zahlen. Dagegen legte er Revision ein: Seine Ex-Frau müsse ganztags arbeiten.
Der BGH hob das Urteil der Vorinstanz auf, weil sie allein wegen des Alters des Jungen die volle Erwerbspflicht der Mutter verneint hatte. Wenn ein Kind eine Einrichtung wie einen Hort besuche (oder auch nur besuchen könnte), dürfe sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit berufen, das Kind persönlich zu betreuen, betonten die Bundesrichter - es sei denn, gesundheitliche oder psychische Probleme erforderten besondere Fürsorge. Der Gesetzgeber habe den Vorrang der persönlichen Betreuung durch die Eltern gegenüber anderen Möglichkeiten kindgerechter Betreuung aufgegeben.
Im konkreten Fall sei daher zu berücksichtigen, dass der Junge nach der Schule bis 16 Uhr in einem Hort untergebracht sei. Ob aus dem chronischen Asthma des Kindes besonderer Betreuungsbedarf folge, habe die Vorinstanz nicht geprüft. Das sei nachzuholen. Außerdem müsse geklärt werden, ob die Studienrätin, wenn sie eine Vollzeitstelle mit 26 Wochenstunden übernähme, nach 16 Uhr noch arbeiten müsste oder ob sie dann Zeit hätte, sich um das Kind zu kümmern.