Blutergüsse durch Heparinspritzen

Medizinisch wäre es unvernünftig, Heparin abzulehnen: Schmerzensgeld für Patientin?

onlineurteile.de - Eine 57 Jahre alte Patientin, die an einer Entzündung des Nervensystems litt, unterzog sich im Krankenhaus einer Therapie mit Cortison. Begleitend wurde ihr Heparin gespritzt, weil Cortison das Risiko von Thrombosen und Embolien erhöht und Heparin dem entgegen wirkt. Im Verlauf der Behandlung stellten sich bei der Patientin Beschwerden im Bauch ein.

Eine Magnetresonanztomographie ergab Blutergüsse (Hämatome) im Bereich der Bauchwandmuskeln und am Becken — eine Folge der Heparin-Injektionen. Daraufhin forderte die Frau 30.000 Euro Schmerzensgeld vom Krankenhaus: Die Klinikärzte hätten sie nicht über die Risiken einer Behandlung mit Heparin aufgeklärt. Also sei diese rechtswidrig erfolgt.

Selbst wenn die nötige Information versäumt wurde, begründe das im konkreten Fall keine Haftung des Krankenhauses, urteilte das Oberlandesgericht Hamm (3 U 54/12). Denn es wäre bei objektiver Betrachtung sehr unvernünftig gewesen, die Heparinspritzen abzulehnen. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Patientin der Behandlung auch dann zugestimmt hätte, wenn sie korrekt über das Risiko informiert worden wäre (juristisch: "hypothetische Einwilligung").

Die Patientin habe infolge der Nervenentzündung unter großen Beschwerden gelitten und drohende Nervenschäden unbedingt vermeiden wollen. Sie sei daher subjektiv "stark motiviert" gewesen, die objektiv notwendige Cortisontherapie durchzuführen. Damit müsse — nach Aussage des medizinischen Sachverständigen — zwingend eine Behandlung mit Heparin einhergehen, um den Nebenwirkungen der Cortisontherapie vorzubeugen.

Verglichen mit dem hohen Risiko, dass sich durch Cortison Thrombosen oder Embolien bildeten, sei das mit Heparingaben verbundene Risiko sehr überschaubar: kleine Hautverhärtungen, Blutergüsse, kleine Verletzungen beim Einstich, eventuell eine allergische Reaktion. Ein Hämatom im Bereich der Bauchwandmuskeln trete extrem selten auf und heile zudem in aller Regel folgenlos aus.

Obendrein habe die Patientin im gleichen Krankenhaus schon ein Jahr vorher ohne Komplikationen Heparinspritzen bekommen. Deshalb habe sie auch beim letzten Mal auf diese Behandlung vertraut. Das spreche eindeutig dafür, dass die Frau die Injektionen auch akzeptiert hätte, wenn man ihr die möglichen Folgen erläutert hätte. Unter diesen Umständen bestehe kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen versäumter Risikoaufklärung.