Brief als Testament?
onlineurteile.de - Wie so oft, wurde auch in diesem Fall hart um ein Erbe gekämpft. Der Verstorbene hatte eine Freundin ("S.") als Alleinerbin eingesetzt. Mit mehreren Briefen wollten Bruder und Schwägerin des Erblassers dem Nachlassgericht beweisen, dass er es sich vor seinem Tod anders überlegt hatte.
Das Bayerische Oberste Landesgericht stellte zunächst grundsätzlich fest, dass auch ein eigenhändig geschriebener und unterzeichneter Brief den letzten Willen enthalten könne (1Z BR 105/02). Das setze allerdings voraus, dass "ein eindeutiger Testierwille erkennbar" sei. Der Verstorbene müsse entweder die von ihm geschriebene Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen oder zumindest das Bewusstsein gehabt haben, der Brief könnte als Testament bewertet werden. Ob das zutreffe, sei eine Sache der Auslegung des Schreibens - dabei seien alle Umstände des Falles zu berücksichtigen.
Hier treffe dies nicht zu. Die Schwägerin habe einen Brief des Verstorbenen vorgelegt, in dem stehe: " ... wenn mir was passiert ... die Wohnung kannst Du dann verkaufen, wenn die S. nicht übernehmen will ...". Diese Formulierung beinhalte keinen Widerruf des Testaments. Denn die im Testament bedachte Frau werde auch hier vorrangig erwähnt. Auch die Tatsache, dass der Erblasser in dem Brief ausdrücklich Frau S. die Aufgabe zuweise, nach seinem Tod in seinem Sinne das Geldvermögen aufzuteilen, belege, dass der Erblasser an der im Testament vorgenommenen Erbeinsetzung festhalten wollte.