Chef telefonierte - Mitarbeiterin hörte mit

Müssen anrufende Geschäftspartner in das Mithören einwilligen?

onlineurteile.de - Man sei sich über den Preis einig geworden, bekundete eine Bürokauffrau im Zivilprozess. Sie war Zeugin in einem Rechtsstreit ihres Arbeitgebers gegen eine Kundin. Das Gespräch ihres Chefs mit der Kundin - es ging um einen Bauvertrag - habe sie über einen laut gestellten Telefonapparat mitgehört, erklärte die Zeugin. Die auf Zahlung des vereinbarten Werklohns verklagte Kundin bestritt jedoch jede Preisabsprache.

Beim Oberlandesgericht Jena ging es vor allem um die Frage, ob die Aussage der Bürokauffrau im Prozess verwendet werden darf (8 U 861/04). Die Richter bejahten dies: Im geschäftlichen Bereich sei es üblich, dass bei der telefonischen Absprache vertraglicher Einzelheiten zuständige Mitarbeiter an laut gestellten Telefonapparaten zuhörten. Auch wenn der Gesprächspartner nicht ausdrücklich darüber informiert werde, könne man davon ausgehen, dass er gegen das Mithören nichts einzuwenden habe Dies gelte jedenfalls für Gespräche, bei denen nichts Vertrauliches besprochen werde.

Telefonate über einen Bauvertrag müsse man nicht geheimhalten. Hätte die Bürokauffrau die Kundin zurückgerufen, hätte sie von der Kundin dieselben Auskünfte erhalten wie der Chef. Das Telefonat sei auch nicht zu dem Zweck geführt worden, die Bürokauffrau bei späteren Streitigkeiten als Mithörzeugin anführen zu können. Das wäre unzulässig. Im Ergebnis musste die Kundin den laut Zeugenaussage vereinbarten Werklohn zahlen.