Chronische Dickdarmentzündung verschwiegen

Nach dem Tod des Versicherungsnehmers erhalten Angehörige Lebensversicherungen nicht ausgezahlt

onlineurteile.de - 1996 und 1999 schloss ein Unternehmer zu Gunsten von Ehefrau, Sohn und Vater drei Lebensversicherungen ab. In den Antragsformularen beantwortete er die Frage nach Krankheiten mit einem Hinweis auf eine "Darminfektion 1983". Bei seinem Hausarzt Dr. F. habe er jährlich "Routineuntersuchungen" absolviert. Als ein Mitarbeiter der Versicherung sich telefonisch genauer nach der Darminfektion erkundigte, behauptete der Antragsteller, die Krankheit sei ausgeheilt.

Tatsächlich litt der Versicherungsnehmer an einer chronischen Entzündung des Dickdarms und wurde deswegen (seit dem Klinikaufenthalt 1983) ständig ärztlich behandelt. 1996 suchte er den Hausarzt fast 40 Mal auf, nahm die ganze Zeit Medikamente. Als der Mann 2003 an Dickdarmkrebs starb, verweigerte der Versicherer die Auszahlung der Versicherungssummen und focht die Verträge an: Der Versicherungsnehmer habe ihn arglistig getäuscht. Bekanntlich steige das Risiko eines Dickdarm-Karzinoms je nach Dauer und Ausdehnung der Dickdarmentzündung ("Colitis ulcerosa").

Die Familie bestritt die Täuschung: Der Verstorbene habe als Laie den Fachbegriff nicht gewusst, aber immerhin "Colitis" angegeben. Im Telefonat mit dem Versicherer habe er gesagt, er sei kein Mediziner - man solle sich bei seinem Hausarzt erkundigen. Die Versicherung habe aber keine weiteren Recherchen durchgeführt. Deshalb könne sie sich jetzt nicht auf "arglistige Täuschung" berufen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken sah dies jedoch anders (5 U 82/05 - 9).

Der Versicherungsnehmer habe seine schwere Krankheit bewusst verschwiegen und die Behandlung als "Routineuntersuchungen beim Hausarzt" verharmlost. Der Verweis auf den Hausarzt ändere daran nichts: Dass eine so schwere chronische Erkrankung für die Risikobeurteilung des Versicherers maßgeblich sei, habe der Mann wissen müssen. Hätte er die damit verbundenen, erheblichen Beschwerden geschildert (wenn auch nur laienhaft) und/oder wahrheitsgemäß mitgeteilt, welche Arzneimittel er ständig einnehme (die teils unter das Betäubungsmittelgesetz fielen!), hätte der Versicherer allen Anlass gehabt, beim Hausarzt nachzufragen. Dazu sei er aber nicht verpflichtet, wenn der Antragsteller unmissverständlich bekräftige, die Erkrankung sei "folgenlos ausgeheilt". Der Versicherer habe in diesem Punkt also nichts versäumt.