Chronisches Müdigkeitssyndrom

In Ausnahmefällen muss die private Krankenversicherung auch für "Behandlungen mit Versuchscharakter" aufkommen

onlineurteile.de - Eine Gastwirtin erkrankte 1996, war ständig erschöpft und konnte nicht mehr arbeiten. Lange Zeit war die Ursache unklar, bis die Ärzte schließlich ein "chronisches Müdigkeitssyndrom" diagnostizierten. Dafür waren viele Laboruntersuchungen nötig, anschließend unterzog sich die Frau einer Immunbehandlung. Die Kosten der fast zwei Jahre lang dauernden Erkrankung beliefen sich auf 90.000 Mark. Von ihrer privaten Krankenversicherung sah die Frau allerdings kein Geld, das Unternehmen verweigerte die Kostenübernahme.

Zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe urteilte (12 U 197/00). Die Mediziner hätten erforschen müssen, an welcher Krankheit die Versicherungsnehmerin litt und anschließend versucht, eine Besserung ihres Zustandes zu erreichen. Da die Ursachen eines Chronischen Müdigkeitssyndroms noch nicht feststünden, seien für die Diagnose breit gefächerte Untersuchungen nötig. Natürlich sei das aufwändiger als die Behandlung einer in Ursache, Symptomen, Wirkung und Therapie geläufigen Krankheit.

Wenn es für eine Krankheit keine wissenschaftlich gesicherte und anerkannte Therapie gebe, komme der Behandlung zwangsläufig ein gewisser "Versuchscharakter" zu. Der Nachweis medizinischer "Richtigkeit" sei dann vielleicht nicht zwingend zu führen. Trotzdem könne diese Behandlung medizinisch notwendig im Sinne der Versicherungsbedingungen sein: Wenn es darum gehe, eine schwere, lebensbedrohende oder gar lebenszerstörende Krankheit zu bekämpfen, sei auch eine Therapie mit eher vager Erfolgsaussicht akzeptabel, von der sich die Ärzte Hilfe versprächen.