Dauerlüften ist unzumutbar!
onlineurteile.de - Kaum hatte die fünfköpfige Familie die neue Mietwohnung bezogen, tauchten die schwarzen Flecken an den Wänden auf. Der Schimmel breitete sich in allen Räumen aus - vom Fußboden ausgehend bis zu einer Höhe von 80 Zentimetern. Die Mieter forderten die Vermieterin auf, die Ursache der Feuchtigkeitsschäden zu klären.
Doch ein Mitarbeiter der Immobiliengesellschaft drückte dem Ehepaar nur eine Broschüre in die Hand: "Richtiges Heizen und Lüften". Es könne nur am Verhalten der Mieter liegen, meinte er, denn das Haus sei nach den "anerkannten Regeln der Technik" gebaut. Nun zog die Mieterin vor Gericht und verlangte Abhilfe: Die Gesundheit der ganzen Familie stehe auf dem Spiel, die Atemwege seien bereits bei allen angegriffen.
Das Amtsgericht München beauftragte einen Bausachverständigen damit, die Wohnung zu begutachten (412 C 11503/09). Der Experte stellte fest, dass die Feuchtigkeit auch durch langes, intensives Lüften nicht dauerhaft abzog. Nur bei weit offenen Fenstern lagen die gemessenen Werte in einem Bereich, in dem kein Schimmel entsteht.
Fazit des Amtsrichters: Nur Durchzug rund um die Uhr schließe Feuchtigkeitsschäden aus. Damit sei die Wohnung unbewohnbar, zumindest für Leute, die berufstätig und daher tagsüber abwesend seien ... Eine Wohnung dürfe Mieter nicht in ihrem normalen Leben einschränken. Unzumutbar wäre z.B. der Zwang, auch im Winter nachts bei offenem Fenster zu schlafen. Solche Fragen müsse ein Mieter nach Belieben entscheiden können, andernfalls sei die Mietsache mangelhaft.
Das sei sie hier schon deshalb, weil der massive, großflächige Schimmelbefall die Gesundheit der Bewohner gefährde. Intensive Besiedlung mit Pilzen und extrem hohes Aufkommen von Milben schließe einen normalen Gebrauch der Mietwohnung aus. Die Mieter dürften deshalb - bis zur Beseitigung des Mangels - die Miete um 100 Prozent kürzen.