"Der Überlebende darf nicht mehr heiraten!"

Zusatzklausel nicht unterschrieben - Testament ist nichtig

onlineurteile.de - Seit 1949 war das Paar verheiratet und hatte zwei Kinder. 1993 verfassten die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Erst nach beider Tod sollten die Kinder das Vermögen bekommen. Beide Partner unterschrieben das Testament. Darunter setzte die Ehefrau später noch einen handschriftlichen Zusatz: "P.S. Der überlebende Teil darf nicht mehr heiraten!" Dieser Zusatz war nicht unterschrieben. Nach dem Tod der Ehefrau 2001 bestätigte der Mann vor Gericht, er habe mit seiner Frau vereinbart, dass der Nachlass auf die Kinder übergehen solle, wenn der überlebende Partner eine neue Ehe eingehe.

Als er einige Monate später erneut heiratete, beantragten seine Kinder, den Erbschein des Vaters einzuziehen und ihnen - gemäß dem Testamentszusatz - das Erbe zu übertragen. Der Antrag wurde vom Bayerischen Obersten Landesgericht verworfen (1Z BR 71/03). Die Unterschrift eines Testaments müsse zwingend unter dem Text stehen. Denn es müsse klar sein, dass der Erblasser sich zu dem gesamten Text bekenne. Im konkreten Fall enthalte der Zusatz sogar eine gravierende Änderung: Bei Wiederheirat werde das Alleinerbrecht des überlebenden Partners aufgehoben. Bei solchen Ergänzungen sei im Interesse der Rechtssicherheit eine gesonderte Unterschrift notwendig. Ohne sie sei der Zusatz unwirksam.

Andererseits: Streiche man nur den Zusatz, entspräche das Ergebnis nicht dem Willen der Verstorbenen. Dann würde nämlich ihr Gatte trotz der neuen Ehe Alleinerbe. Wegen dieses Widerspruchs sei das gesamte Testament nichtig. Nun müsse das Nachlassgericht über die Erbfolge entscheiden und - da heftige Auseinandersetzungen in der Familie zu befürchten seien - einstweilen auch das Vermögen verwalten.