Diabetes-Arzneimittel mit "geringer Gewichtszunahme"
onlineurteile.de - Zwei Arzneimittelhersteller kamen sich in die Quere. Firma A produziert ein Medikament gegen Diabetes mit dem Wirkstoff Insulinglargin, während Unternehmen B ein Präparat verkauft, das den Wirkstoff Insulindetemir enthält. Diabetes-Patienten, die sein Mittel wählten, nähmen weniger zu als Patienten, die das Basisinsulin Insulinglargin "schluckten", behauptete Unternehmen B in einem Werbeblatt. Das habe eine medizinische Studie belegt.
Gegen diese Reklame zog Firma A gerichtlich zu Felde: Sie sei irreführend und müsse künftig unterbleiben. Denn die Ergebnisse der besagten Studie seien wissenschaftlich nicht abgesichert. Der Einwand treffe zu, fand der Bundesgerichtshof (I ZR 62/11). Trotzdem sei die Werbung zulässig — sie dürfe sich allerdings nicht auf die Studienergebnisse stützen.
Werbeaussagen, die sich auf die Gesundheit beziehen, müssten grundsätzlich gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Um zu belegen, dass sie richtig seien, müsse der Unternehmer aber nicht zwingend wissenschaftliche Werke anführen. Er könne sich auch auf den Inhalt der arzneimittelrechtlichen Zulassung und auf die im Zulassungsverfahren geprüfte Fachinformation berufen.
Im konkreten Fall könne man diesen Unterlagen entnehmen, dass die Werbeaussage des Unternehmen B stimme: Sein Medikament sei, was die Gewichtszunahme angehe, für die Patienten vorteilhaft.
Der Vorwurf der Irreführung sei allenfalls in einem Punkt berechtigt: Denn die Reklame zitiere als "Autorität" eine Studie, deren wissenschaftliche Aussagekraft beschränkt sei — ohne die Patienten darauf hinzuweisen. Das müsse nun die Vorinstanz beurteilen.
Ob die Studienergebnisse nach anerkannten Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung zustande kamen, sei eher zweifelhaft. Es handelte sich jedenfalls nicht um eine "placebokontrollierte Doppelblindstudie", bei der eine Gruppe von Patienten das Medikament erhält, eine Kontrollgruppe nur ein wirkungsloses Placebo.