Ehefrau reichte vor dem Tod des Mannes die Scheidung ein
onlineurteile.de - Eine Ehefrau reichte beim Familiengericht die Scheidung ein: Die Ehe sei gescheitert und beide Partner wollten sie beenden. Ob das so stimmte, kam nie mehr ans Tageslicht: Ihr Ehemann hielt sich bedeckt und äußerte sich gegenüber dem Gericht nicht zu dem Scheidungsantrag. Als das Verfahren schon begonnen hatte, starb er.
Nun beantragte die Witwe — entsprechend dem Testament des Verstorbenen — einen Erbschein: zur Hälfte für sich selbst, zur Hälfte für den Sohn des Mannes aus erster Ehe. Das fand der Sohn unerhört: Die Frau habe sich scheiden lassen wollen, da könne sie den Vater doch nicht mehr beerben. Ihm habe der Vater gesagt, er werde bei der Anhörung im Scheidungstermin der Scheidung zustimmen. Also sei er als Sohn Alleinerbe.
Das träfe nur zu, wenn der Vater vor dem Tod die Scheidung selbst beantragt oder ihr wenigstens explizit zugestimmt hätte, erklärte das Oberlandesgericht Frankfurt (3 Wx 179/11). Damit hätte die Witwe ihr Erbrecht verloren. Das sei jedoch nicht geschehen. Der Verstorbene habe während des gerichtlichen Verfahrens keine Bemerkung zum Scheidungsantrag gemacht, die in diese Richtung interpretiert werden könnte.
Vielleicht sei die Behauptung des Sohnes wahr, dass der Vater ihm gegenüber sein Einverständnis mit der Scheidung zum Ausdruck gebracht habe. Es stehe aber nicht fest. Erklärungen des Erblassers außerhalb des gerichtlichen Verfahrens gegenüber anderen Personen (zumal gegenüber selbst beteiligten und interessierten Dritten) reichten nicht aus, um das Einverständnis zweifelsfrei zu belegen.