"Entziehung Minderjähriger"
onlineurteile.de - 1992 war der Ägypter nach Deutschland eingereist und hatte ein Jahr später eine deutsche Frau geheiratet. Die Frau trat zum Islam über, 1998 nahm der Mann die deutsche Staatsbürgerschaft an. Doch bald darauf kriselte es in der Ehe: Nachdem der Mann seine Frau körperlich misshandelt hatte, trennte sie sich im Jahr 2000 von ihm.
Während des Scheidungsprozesses wurde dem Vater vom Gericht verboten, mit den zwei gemeinsamen Kindern Deutschland zu verlassen. Das Verbot machte wenig Eindruck: Als die (damals zweieinhalb und fünf Jahre alten) Kinder bei ihm zu Besuch waren, übergab er sie unbekannten Mittätern, die sie nach Ägypten brachten. Einen Tag später flog er selbst dorthin. Die jahrelange Suche der Mutter nach den Kindern blieb erfolglos.
Einige Jahre später kehrte der Mann nach Deutschland zurück und wurde festgenommen. Über den Aufenthaltsort seiner Kinder schwieg sich der Vater vor Gericht aus. Vom Landgericht wurde er wegen "Entziehung Minderjähriger" zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und zur Zahlung von 50.000 Euro Schmerzensgeld an seine Ex-Frau verurteilt. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung (5 StR 564/05).
Eine noch höhere Strafe, wie vom Staatsanwalt gefordert, wäre nur angebracht, wenn durch den fremden Kulturkreis konkrete Gefahr für die Entwicklung der Kinder drohte. Abgesehen davon, dass man über den derzeitigen Zustand der Kinder nichts wisse, dürfte sich jedoch im konkreten Fall der Kulturschock in Grenzen halten. Auf vielen Reisen zur Familie des Vaters hätten die Eltern den Kindern Ägypten als zweite Heimat nahegebracht. Sohn und Tochter seien zweisprachig aufgewachsen und nach islamischen Lebensregeln erzogen.
Wenn der Vater weiterhin durch Schweigen die Rückholung der Kinder verhindere, drohe ihm allerdings eine erneute Verurteilung nach Ablauf der Freiheitsstrafe.