Facharzt geht pleite

Durfte die Bank seine Kreditverträge kündigen?

onlineurteile.de - Ein Facharzt hatte sich bei der Existenzgründung verkalkuliert. Um eine Praxis für Nuklearmedizin einzurichten, nahm er zwei Bankdarlehen auf (insgesamt 2 Mio. DM zu einem Jahreszins von 8%). Die Kredite wollte er im Lauf von 6 bzw. 10 Jahren zurückzahlen, vierteljährlich waren knapp 107.000 DM abzustottern. Die Praxis lief nicht so wie erwartet; der Arzt musste sich weiter Geld pumpen. Bei der Bank läuteten deshalb schon ein Jahr später die Alarmglocken. Als der Arzt sein Konto schließlich mit über 20.000 Mark überzogen hatte, sperrte sie ihm den Überziehungskredit und kündigte alle Darlehen. Der Facharzt musste seine Praxis schließen.

Schließlich verlangte die Bank die Rückzahlung von 1,26 Mio. DM. Der Mediziner revanchierte sich, indem er Schadenersatz für die unberechtigte Kündigung von Kreditverträgen forderte: Die Kassenärztliche Vereinigung habe später als erwartet abgerechnet, weshalb Honorarzahlungen verspätet eingetroffen seien. Die Patientenzahlen seien zuletzt gestiegen, was sich finanziell erst später auswirke. Es habe also gar nicht so schlecht ausgesehen, nur die Ungeduld der Bank habe ihn in die Pleite getrieben.

Der Bundesgerichtshof war nicht der Ansicht, dass die Darlehen "zur Unzeit gekündigt wurden" (XI ZR 50/02). Nach Einschätzung des Gerichtsgutachters sei die Praxis zum Zeitpunkt der Kündigung nicht rentabel gewesen: Der Mediziner hätte sie auch ohne Kündigung der Bank schließen müssen, weil seine Mittel nicht mehr ausreichten, um die laufenden Praxisausgaben zu bestreiten (Miete und Personalkosten). Man habe befürchten müssen, dass sich die Vermögenslage des Arztes weiter verschlechtere und er die Kredite nicht mehr bedienen könne. Bei unmittelbar drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dürfe die Bank Kreditverträge kündigen.