Fahrschullehrer als "Vordenker"
onlineurteile.de - Die 23 Jahre alte Fahrschülerin machte zunächst alles richtig: Sie sollte nach links abbiegen, setzte den Blinker und ordnete sich korrekt zur Mittellinie ein. Dort hielt sie an, weil ein rotes Auto entgegenkam. Aus unerfindlichen Gründen ließ die Fahrschülerin aber dann den Wagen weiterrollen, über die Mittellinie hinaus - bis der Fahrlehrer auf die Bremse trat. Der Fahrer des entgegenkommenden Fahrzeugs bremste abrupt, geriet dabei ins Schleudern und kam von der Fahrbahn ab. Für die Beulen am Auto forderte er Schadenersatz von Fahrschülerin und Fahrlehrer.
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz haften die beiden gemeinsam für drei Viertel der Reparaturkosten (12 U 772/02). Ein Fahrlehrer müsse seine Schüler ständig im Auge behalten, um sofort korrigieren zu können. Wenn sich auf der Gegenfahrbahn ein anderes Auto nähere, müsse er genau überwachen, ob der Fahrschüler stehenbleibe. Bei der ersten Bewegung des Schülers, die Gegenteiliges vermuten lasse, müsse der Fahrlehrer auf der Stelle eingreifen. Das habe er schuldhaft versäumt.
Doch auch die Fahrschülerin bekam ihr Fett ab: Ihr kreideten die Richter fahrlässiges Verhalten an. Auf Übungsfahrten gelte zwar der Fahrlehrer als Führer des Kraftfahrzeugs, dadurch sei der Fahrschüler aber nicht jede Verantwortung los. Gemessen an ihrem Ausbildungsstand hätte die junge Frau ihren Fahrfehler unschwer vermeiden können. In einer völlig eindeutigen und übersichtlichen Verkehrssituation - der Gegenverkehr hatte Vorfahrt und das wisse jeder Fußgänger - sei sie unvorsichtig weitergefahren.