Freiwilliges Soziales Jahr
onlineurteile.de - Im Sommer 2011 beendete der 19-jährige (der bei der mittellosen, geschiedenen Mutter wohnt) die Realschule mit erweitertem Abschluss. Seither absolviert er ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Pflegediensteinrichtung, die für ihn gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge zahlt plus 198 Euro Taschengeld. Nach diesem Jahr möchte der junge Mann das Fachabitur machen. Den Vater, der seit seinem 18. Geburtstag kein Geld mehr herausrückte, wollte er auf Unterhalt verklagen — auch während des Sozialen Jahres.
Mangels Erfolgsaussicht verweigerte ihm das Amtsgericht Prozesskostenhilfe: Wer ein Soziales Jahr absolviere, habe nur Anspruch auf Unterhalt, wenn die Pflegetätigkeit (z.B. als Altenpfleger) notwendige Voraussetzung für den weiteren Ausbildungsweg sei. Diese Ansicht werde in der Rechtsprechung allgemein geteilt, räumte das Oberlandesgericht Celle ein: Doch seit 2008 — seit das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten gelte — sei die Lage anders einzuschätzen (10 WF 300/11).
Seitdem werde das Freiwillige Soziale Jahr nicht mehr nur als praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen angesehen. Der Gedanke einer "an Lernzielen orientierten" Ausbildung trete mehr in den Vordergrund. Pädagogisch begleitet, solle die Hilfstätigkeit den Teilnehmern auch "soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen vermitteln". In den Gesetzesmaterialien der Bundesregierung sei von Schlüsselkompetenzen die Rede, die auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbesserten.
Demnach sei das Freiwillige Soziale Jahr als Abschnitt der angemessenen Gesamtausbildung einzustufen, die Eltern ihren Kindern schuldeten. Als eine Art von Orientierungsphase verbessere es die Bildungsfähigkeit Jugendlicher und ihre Berufschancen. Sie könnten sich hier Klarheit darüber verschaffen, ob sie sich für einen sozialen Beruf eigneten.
Im konkreten Fall sei der Vater außerdem mit einem Nettoverdienst von 2.084 Euro durchaus leistungsfähig. Er müsse den Unterhaltsbedarf des Sohnes (abzüglich Kindergeld) decken. Im eigentlichen Unterhaltsprozess müsse dann geklärt werden, wie weit das Taschengeld des Sohnes und ausbildungsbedingter Mehrbedarf zu berücksichtigen seien. Vermutlich laufe es auf ca. 353 Euro Unterhalt hinaus.