Frist versäumt: Hochwasser legt Anwaltsbüro lahm
onlineurteile.de - In den Fluten des letzten Sommers ging vieles unter. Das bekam auch ein Arbeitnehmer zu spüren, der sich mit einer Klage gegen seine Entlassung wehrte. Man hatte sich im Prozess darauf geeinigt, das Arbeitsverhältnis (gegen Zahlung einer Abfindung) zu beenden. Allerdings wurde eine Bedenkzeit vereinbart; beide Seiten behielten sich das Recht vor, den gerichtlichen Vergleich bis zum 2. September 2002 zu widerrufen.
Der Widerruf des Arbeitnehmers erreichte das Gericht jedoch erst am 16. September. Sein Anwalt beschwor, das Hochwasser habe seine Kanzleiräume in Pirna geflutet und ihn daran gehindert, die vereinbarte Frist einzuhalten. Nach den üblichen Regeln eines Gerichtsverfahrens bleibe bei einer so guten Entschuldigung das Versäumnis folgenlos, stellte das Landesarbeitsgericht Bremen fest (3 Ta 80/02). Das gelte allerdings nur für gesetzlich festgelegte Fristen.
Sei die Frist zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden - so wie hier bei dem Vergleich vor Gericht - gebe es die Möglichkeit der Entschuldigung nicht (außer die Vertragspartner hätten sich zusätzlich darauf geeinigt, eine unverschuldete Fristverletzung zu ignorieren). Hier müsse sich der Vertragspartner darauf verlassen können, dass die Vereinbarung Bestand habe.
Nur ein Schlupfloch sah das Landesarbeitsgericht noch für den Arbeitnehmer: Er könnte in einer mündlichen Verhandlung prüfen lassen, ob es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, wenn sich der Arbeitgeber auf den Fristablauf berufe, obwohl beim Anwalt der Gegenseite kein geregelter Kanzleibetrieb möglich gewesen sei.