Gericht darf ortsübliche Vergleichsmiete schätzen
onlineurteile.de - In einem Berliner Mietshaus, Baujahr 1953, hatte ein Ehepaar eine ca. 60 qm kleine Wohnung gemietet. Dafür zahlte es 308,30 Euro (brutto kalt - 5,15 Euro pro qm). Im Dezember 2002 kam Post von der Vermieterin, die eine Mieterhöhung ankündigte: Im Berliner Mietspiegel 2000 seien für vergleichbare Wohnungen 5,65 Euro pro qm veranschlagt, daher werde sie die monatliche Miete auf 338,55 Euro heraufsetzen.
Die Mieter legten sich jedoch quer und ließen es auf einen Rechtsstreit ankommen, den die Vermieterin verlor. Die Richter schätzten die ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen dieser Kategorie tiefer ein. Sie dürften die Miete nicht selber schätzen, meinte die Vermieterin, sie hätten ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben müssen. Angesichts der Summe, um die es hier gehe (eine Mieterhöhung von 30,25 Euro), wäre der Aufwand unangemessen hoch, urteilte der Bundesgerichtshof (VIII ZR 110/04).
Ein Sachverständiger müsse die Wohnung begutachten und eine ausreichend große, repräsentative Stichprobe vergleichbarer Wohnungen ermitteln. Ein Riesenaufwand - nur um die Wohnung in die entsprechende Spanne im Mietspiegel einzuordnen. Außerdem enthalte der Mietspiegel auch eine Orientierungshilfe, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln: gemäß fünf Merkmalsgruppen (Ausstattung von Bad/WC, Küche, Wohnung sowie Gebäude und Wohnumfeld), von denen die Miethöhe abhänge. Eine Schätzung durch das Gericht auf Basis eines qualifizierten Mietspiegels und dieser Orientierungshilfe sei zulässig. Sie garantiere im Interesse beider Parteien eine rasche Entscheidung und vermeide überflüssige Kosten.