Gericht setzte zu hohen Unterhalt für Ex-Frau fest ...

BVerfG kippt Urteil: Das ihm zugerechnete Einkommen kann der Unterhaltspflichtige nicht erzielen

onlineurteile.de - Der gelernte Bohrwerksdreher hatte 1973 geheiratet. Acht Jahre lang arbeitete er als selbständiger Versicherungsmakler; später gründete er eine Bauträgerfirma, die 2001 Insolvenz anmelden musste. Schon vorher hatte er sich von seiner Frau getrennt und die Scheidung eingereicht. Zweieinhalb Jahre lang (von 2000 bis Ende 2003) war er wegen einer Krankheit arbeitsunfähig und bezog in dieser Zeit Krankengeld von 3.067 Euro monatlich.

Jahrelang stritten die Ex-Partner um die Höhe des Unterhalts für die Ehefrau. Zuletzt verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Jena den Mann dazu, ihr monatlich 758 Euro zu zahlen: Maßstab sei das Einkommen zum Zeitpunkt der Scheidung (3.067 Euro). Daran sei festzuhalten, auch wenn der ehemalige Dreher jetzt weniger verdiene. Wenn er sich um eine besser dotierte Stelle bemühen würde, könnte er dieses Einkommen ohne weiteres wieder erzielen.

Gegen dieses Urteil erhob der Mann erfolgreich Verfassungsbeschwerde. Der Unterhalt dürfe den Unterhaltspflichtigen nicht unverhältnismäßig belasten, so das Bundesverfassungsgericht, das schränke seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit rechtswidrig ein (1 BvR 125/06). Deshalb sei das Urteil aufzuheben.

Ob der ehemalige Dreher wirklich zu krank sei, um voll zu arbeiten - wie er behauptete -, könne offen bleiben. Jedenfalls habe ihm das OLG ein Einkommen zugerechnet, das er objektiv nicht verdienen könne. Das (Ende 2003 entfallene) Krankengeld sei höher gewesen als sein vorheriger Verdienst. Als Geschäftsführer habe er 6.000 DM brutto verdient, netto 4.423 DM; als Versicherungsmakler noch weniger (belegt durch Steuerbescheide).

Die Höhe des Krankengelds als Maßstab für seine Zahlungsfähigkeit zu nehmen, gehe also an den Tatsachen vorbei: Da habe das OLG die Möglichkeiten des Mannes überschätzt. Es habe sich auch nicht an den tatsächlichen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt orientiert. Die Annahme, der 55-Jährige könnte nach langer Krankheit (und mit Beschwerden, die ihn nach wie vor beeinträchtigten) einen Job als angestellter Makler mit einem weit überdurchschnittlichen Gehalt finden, sei wenig realistisch.