Gesellenstück eines Tischlerlehrlings
onlineurteile.de - Drei Jahre lang hatte der Lehrling in der Werkstatt Bau- und Möbeltischler gelernt. Zum Abschluss seiner Ausbildung fertigte er 1999 als Gesellenstück einen Holzschrank mit Glasteil an. Das Material dafür bekam er vom Ausbilder. Nach Ablauf der Ausbildungszeit forderte der Tischler jedoch vom frischgebackenen Gesellen Ersatz für die Materialkosten. Dies war so nicht vereinbart und leuchtete dem Gesellen auch überhaupt nicht ein. Da wurde er von seinem Meister verklagt.
Beim Landgericht Cottbus bekam der Tischlermeister einen Korb (1 S 300/02). Der Ausbilder habe dem Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, vor allem Werkzeuge und Werkstoffe zur Verfügung zu stellen (laut Berufsbildungsgesetz). Dieser klaren Vorschrift suche nun der Handwerker zu entgehen, indem er so argumentiere: Wenn der Lehrling das Material verarbeite und eine neue Sache herstelle, erwerbe er daran das Eigentum. Dadurch erleide er als Ausbilder aber einen Verlust, sprich: die Kosten des verarbeiteten Materials. Dafür müsse er entschädigt werden.
Wollte man diese Logik gelten lassen, wäre das Berufsbildungsgesetz gegenstandslos, befanden die Richter. Dann müsste der Ausbilder seinen Azubis zwar das Material kostenlos zur Verfügung stellen, könnte hinterher aber auf finanziellem Ausgleich bestehen. So würden die Vorstellungen des Gesetzgebers in Bezug auf die Berufsausbildung ausgehebelt.