Getrenntes Paar lebt in einem Haus

Gerichtsbeschluss im Unterhaltsverfahren landet im gemeinsamen Briefkasten ...

onlineurteile.de - Ein Ehepaar hatte sich getrennt, lebte aber mit den drei minderjährigen Kindern weiterhin im Einfamilienhaus. Der Ehemann beantragte und erreichte einen Gerichtsbeschluss, der die Höhe des Unterhalts für die minderjährigen Kinder festsetzte. Demnach war seine Ehefrau unterhaltspflichtig. Der Gerichtsbeschluss sollte der Ehefrau mit der Post zugestellt werden. Da der Postbote sie nicht antraf, steckte er den Umschlag mit den Schriftstücken in den Hausbriefkasten. Dort holte ihn der Ehemann heraus, gab ihn jedoch erst drei Wochen später seiner Frau.

Deshalb kam ihre Beschwerde gegen den Beschluss zu spät bei Gericht an: Die Frist war bereits abgelaufen. Ihr Anwalt argumentierte, man müsse sie behandeln, als wäre die Frist nicht versäumt worden. Denn: Der strittige Gerichtsbeschluss sei der Frau vom Prozessgegner nicht ausgehändigt, also nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. So sah es auch das Oberlandesgericht Nürnberg (7 WF 792/04).

Wenn der Empfänger vom Postboten nicht selbst angetroffen werde, dürfe der Postbote Gerichtspost zwar vertrauenswürdigen Personen übergeben - keinesfalls aber Personen anvertrauen, die an dem Rechtsstreit als Gegner des Empfängers beteiligt seien. Ebenso unzulässig sei es, Post vom Gericht in einen gemeinschaftlichen Briefkasten zweier Prozessgegner einzuwerfen. Die Zustellungsaufträge müssten entsprechende Hinweise für den Postboten enthalten, was hier versäumt worden sei. Daher sei der Beschluss als "nicht zugestellt" anzusehen, die Frist als nicht versäumt. Die Frau bekam also die Gelegenheit, ihre Einwände gegen die Höhe des Unterhalts beim Familiengericht vorzubringen.