Grundsatzurteil des EuGH zur Flugannullierung:
onlineurteile.de - Eine Familie hatte einen Flug von Wien über Rom nach Brindisi gebucht. Wenige Minuten vor dem Abflug teilte ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft den Reisenden mit, dass der Flug wegen technischer Probleme annulliert werden müsse. An der Turbine habe ein Mechaniker am Vorabend einen komplexen Schaden entdeckt. Den habe man noch nicht beheben können, da Ersatzteile und Spezialtechniker eingeflogen werden mussten.
Die Familie wurde auf einen anderen Flug umgebucht, versäumte deshalb in Rom den Anschlussflug und erreichte Brindisi mit einer Verspätung von viereinhalb Stunden. Die Fluggesellschaft weigerte sich, dafür einen Ausgleich (250 Euro pro Fluggast) zu bezahlen, und verwies auf die "außergewöhnlichen Umstände". Die Annullierung gehe nicht auf ihr Konto.
Dass Luftfahrtunternehmen bei ihren Flugzeugen mit technischen Problemen zu kämpfen hätten, sei kein "außergewöhnlicher Umstand", fand der Europäische Gerichtshof (C-549/07). Technische Probleme zu beseitigen, gehöre vielmehr zum Alltagsgeschäft. Wenn die Fluggesellschaft behaupte, sie habe den Mindeststandard an Wartungsarbeiten erfüllt, sei das selbstverständlich - das erspare ihr die Ausgleichszahlung nicht.
Technische Probleme seien nur dann als Folge "außergewöhnlicher Umstände" einzustufen, die eine Annullierung zwangsläufig nach sich ziehen, wenn das Unternehmen dies nicht beeinflussen konnte (wie zum Beispiel versteckte Fabrikationsfehler oder Sabotageakte). Um der Ausgleichspflicht zu entgehen, müsse die Fluggesellschaft darlegen, dass es ihr auch unter Einsatz aller (personellen, materiellen und finanziellen) Mittel nicht möglich gewesen wäre, eine Annullierung zu verhindern. (Ob das im konkreten Fall zutraf, hat nun das Handelsgericht Wien zu entscheiden.)