"Handlanger der Pharmaindustrie"

Arzt darf Professoren der Universitätsklinik so kritisieren

onlineurteile.de - Es ging um ein kleines Kind, das an Knochenkrebs erkrankt war (und inzwischen gestorben ist). Das furchtbare Schicksal ließ keinen unberührt, der damit zu tun hatte. Selbst die medizinische Diskussion wurde immer emotionaler. Zunächst war das Kind von Professoren der Uni-Klinik Münster behandelt worden, Vertretern der klassischen Schulmedizin. Dann aber entschieden die Eltern, eine Heilung auf "natürlichem" Wege bei einem Arzt alternativer Richtung zu versuchen.

Beide Richtungen gingen aufeinander los und prophezeiten das Schlimmste. Der Arzt, nach dessen Methode das Kind nun therapiert werden sollte, verteilte ein Flugblatt, in dem er die "natürliche Heilung von Krebs" propagierte. Und außerdem Klartext in puncto Uni-Klinik redete: Die Professoren seien "Handlanger der Pharmaindustrie" und bei ihrer Behandlung in erster Linie "pharmaabhängig". Den Professoren wurde es zu bunt. Sie waren der Ansicht, damit habe der Alternativ-Arzt eindeutig die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten.

Das Oberlandesgericht Hamm schloss sich dieser Meinung jedoch nicht an. Jemanden als "Handlanger der Pharmaindustrie" zu bezeichnen sei zwar drastisch, so die Richter, aber keine persönliche Beleidigung oder Schmähkritik (6 U 112/04). In dem Flugblatt stehe nicht die Diffamierung von Personen im Vordergrund, sondern der Fall des krebskranken Kindes. Es gehe also um die Sache, trotz vielleicht zugespitzter Polemik. Die Menschenwürde der Kritisierten werde durch die Kritik nicht angetastet, die sich im übrigen an versteckter Stelle im Text finde.