Hausunterricht ist nicht erlaubt
onlineurteile.de - In Deutschland, so hatten die Spätaussiedler gehofft, könnten sie ganz nach ihren Vorstellungen leben. Sie gehörten einer strengen christlichen Glaubensgemeinschaft an. Was ihre Kinder in der deutschen Grundschule lernten, missfiel den Eltern gewaltig. Deshalb wollten sie die beiden jüngsten Kinder zu Hause unterrichten - was in Deutschland aber verboten ist. Trotzdem schickten die Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Schule.
Da eine Geldstrafe nichts half, entzog das Familiengericht den Eltern teilweise das Sorgerecht: Der Richter übertrug das Recht, über den Aufenthaltsort der Kinder und in Schulangelegenheiten zu entscheiden, auf das Jugendamt. Doch ein Mitarbeiter des Jugendamts zeigte Verständnis für die Haltung der Eltern: Er meldete die Kinder in Österreich an und erreichte dort bei den Behörden die Erlaubnis zum Hausunterricht. Von nun an unterrichtete die pädagogisch nicht ausgebildete Mutter die Kinder.
Wohnsitz der Eltern blieb allerdings Deutschland. Deshalb sind für die Familie weiterhin deutsche Gerichte zuständig. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass für die Kinder trotz ihres Wohnsitzes in Österreich die Schulpflicht gilt (XII ZB 41/07). Der Staat erfülle in den öffentlichen Schulen einen Erziehungsauftrag, betonten die Bundesrichter. Dem dürften sich Minderheiten nicht entziehen.
Kinder müssten lernen, sich mit Andersdenkenden auseinanderzusetzen. Diese "gelebte Toleranz" werde den Kindern im Hausunterricht vorenthalten. Schulverweigerer missbrauchten ihr elterliches Sorgerecht. Deshalb sei es gerechtfertigt, das Jugendamt als Pfleger einzusetzen. Der bisherige Betreuer habe sich allerdings absolut kontraproduktiv verhalten. Nun müsse ein geeigneter Pfleger für die Kinder gefunden werden, der dafür sorge, dass sie eine Schule besuchten.