Heizungsbausatz auf dem "Hessentag" gekauft

Dürfen die Käufer den Kaufvertrag widerrufen?

onlineurteile.de - Im Juni 2000 besuchte ein Ehepaar den "Hessentag" in Hünfeld. Im gesamten Stadtgebiet werden an diesem Tag künstlerische und folkloristische Unterhaltungsprogramme geboten, ergänzt durch eine Landesausstellung mit gewerblichen Ausstellern. In der Sonderschau "Bauen und Wohnen" blieb das Ehepaar am Stand eines Heizungsherstellers stehen. Nach einem Verkaufsgespräch von 90 Minuten unterschrieb das Paar einen Kaufvertrag für eine Heizungsanlage (als "Komplett-Bausatz zur Selbstmontage") zum Preis von 19.780 DM.

Wenige Tage später traten die Käufer vom Vertrag zurück. Ihnen stehe das Recht auf Widerruf zu, schrieben sie an das Unternehmen. Ähnlich wie bei Haustürgeschäften habe der Käufer auch bei einem Vertrag, der bei einer Freizeitveranstaltung abgeschlossen wurde, das Recht, diesen innerhalb von acht Tagen zu widerrufen (damals waren es 8 Tage, heute beträgt die Frist 14 Tage). Beim

Oberlandesgericht bekamen die Käufer Recht, doch beim Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich der Heizungshersteller durch (VIII ZR 125/04).

Das Widerrufsrecht solle Verbraucher davor bewahren, Geschäfte abzuschließen ohne Gelegenheit zu ruhiger Überlegung bzw. zu Preis- und Qualitätsvergleichen. Oder in Situationen, in denen sie, eingestellt auf Freizeitvergnügen, von Verkäufern überrumpelt werden könnten. Diese Gefahr bestehe beim "Hessentag" jedoch nicht, erklärte der BGH: Wer bei so einer Großveranstaltung unter anderem auch auf gewerbliche Anbieter treffe, könne sich deren Angebot ohne Weiteres entziehen.

Der Hessentag sei nicht vergleichbar mit Kaffeefahrten oder arrangierten Urlaubsreisen: Da könne der Kunde nicht anonym in der Menge der Besucher abtauchen, denn Freizeitangebot und Verkaufsveranstaltung fielen organisatorisch zusammen. Da fühlten sich Teilnehmer unter Umständen sogar gezwungen, aus Dankbarkeit für das Freizeitangebot etwas zu kaufen. Anders beim Hessentag: Für dessen kulturelles Programm seien Land und Kommune verantwortlich, nicht die gewerblichen Aussteller. Den Verkaufsbemühungen der Händler in der Messehalle sei kein Besucher unfreiwillig ausgesetzt.