Herzkranker kollabiert auf der Straße
onlineurteile.de - Der 1945 geborene Mann war schwer herzkrank gewesen. 1980 und 1999 hatte er Herzinfarkte erlitten. 1999 wurde Bypass-Operation durchgeführt, trotzdem verschlechterte sich der Zustand des Patienten. Im Mai 2002 brach er auf der Straße zusammen. Passanten kümmerten sich um ihn, verständigten einen Notarzt.
Außerdem klingelten sie bei einer ehemaligen Fachärztin für Allgemeinmedizin, die dort wohnte (die Frau besaß keine kassenärztliche Zulassung mehr, führte nur noch Bioresonanztherapie bei einigen früheren Patienten durch). Die Frau fühlte den Puls des Mannes und sprach ihn an. Dann ging sie wieder.
Ein oder zwei Minuten später traf der Rettungswagen mit dem Notarzt ein, der einen Herzstillstand feststellte. Er versuchte, den Mann wiederzubeleben und brachte ihn anschließend in ein Krankenhaus. Einige Monate später starb der Herzkranke. Die Witwe lastete dies der Ärztin an, weil sie keine Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt hatte. Sie verlangte von der Medizinerin Ersatz von Beerdigungskosten und Unterhalt.
Die Klage wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf abgewiesen (8 U 27/07). Die Ärztin hätte zwar die Unglücksstelle nicht verlassen dürfen, bevor der Notarzt kam, so das OLG. Ob sich das nachteilig auswirkte, sei aber zweifelhaft. Zum einen, weil nicht feststehe, wann genau der Herzstillstand eintrat. Zum anderen, weil der Mann so schwer krank gewesen sei, dass auch sofortige Reanimation den weiteren Verlauf der Krankheit kaum positiv beeinflusst hätte.
In der Regel müsse ein Arzt, um der Haftung zu entgehen, nach einem Behandlungsfehler beweisen, dass der Fehler dem Patienten nicht geschadet habe. Dieser Grundsatz sei hier nicht anwendbar: Das setze einen Behandlungsvertrag voraus. Die Ärztin habe aber nicht die Aufgabe übernommen, den Herzkranken zu behandeln, sondern sei nur zufällig vor Ort gewesen.
Wie jeder beliebige Passant müsse sie in so einer Lage dem Kranken helfen. Mehr könne man jedoch nicht erwarten, auch wenn die Frau einmal eine medizinische Ausbildung absolviert habe. Die ehemalige Ärztin sei in Notfallmedizin nicht geschult. Wenn sie in einer Notlage gegen den "medizinischen Standard" eines Kardiologen oder eines Notfallmediziners verstoße, begründe dies keine Haftung.