Hohe Erschließungskosten verschwiegen
onlineurteile.de - Eine ostdeutsche Gemeinde war sehr um die Ansiedlung neuer Betriebe bemüht. 1992 wollte eine Firma ein gewerbliches Grundstück erwerben. Bei den Vertragsverhandlungen legte die Käuferin großen Wert auf überschaubare Erschließungskosten. Der damalige Bürgermeister der Gemeinde kalkulierte Kosten von höchstens neun DM pro Quadratmeter für eine dezentrale Container-Kläranlage.
Was die Käuferin nicht wusste, sehr wohl aber der Bürgermeister: Das Thüringer Landesverwaltungsamt plante damals bereits eine zentrale Kläranlage für den gesamten Landkreis und bereitete die Gründung eines Wasser/Abwasser-Zweckverbandes vor. Bald erhielt der neu angesiedelte Betrieb einen Bescheid über ca. 30.000 Euro Erschließungskosten. Aller Widerstand war zwecklos: Das Verwaltungsgericht Gera verurteilte die Firma, für den Anschluss an die zentrale Kläranlage zu zahlen.
Im Gegenzug verklagte die Firma die Gemeinde auf Schadenersatz: Das Oberlandesgericht Jena gab ihr Recht (8 U 1045/04). Vertragsverhandlungen verpflichteten zu wechselseitiger Loyalität. Die Gemeinde - vertreten durch den damaligen Bürgermeister - hätte die Kaufinteressentin rückhaltlos informieren müssen. Da die Gemeinde eine Obergrenze für die Erschließungskosten fest zugesagt und gleichzeitig für den Vertragsschluss wesentliche Umstände verschwiegen habe, hafte sie für den Schaden.
Dem ehemaligen Bürgermeister - der als Zeuge vernommen wurde - sei klar gewesen, dass der Käuferin die Erschließungskosten besonders wichtig waren. Denn das Projekt sei voll durch Banken finanziert worden. Der Zeuge habe auch zugegeben, dass die Käuferin den Vertrag wohl nicht abgeschlossen hätte, wenn sie von weiteren Kosten erfahren hätte. Der Bürgermeister habe also schuldhaft die nötige Aufklärung unterlassen.