Hupsignal missdeutet ...
onlineurteile.de - Überfährt ein Autofahrer eine rote Ampel, ist für Juristen der Fall meist klar: grobe Fahrlässigkeit, kein Geld von der Kfz-Versicherung. Doch manchmal liegen die Dinge komplizierter: An einer großen Kreuzung hielt ein Autofahrer als erster vor der Ampelanlage an, die für seine Spur Rot zeigte. Er legte den ersten Gang ein und ließ die Kupplung durchgetreten. Auf der Rückbank saßen im Kindersitz seine zwei kleinen Söhne, die von ihm wissen wollten, "wie lang es (die Fahrt) noch dauert". Der Mann drehte sich um und antwortete, in diesem Moment hörte er ungeduldiges Hupen aus der Schlange hinter seinem Auto. Er nahm an, jemand wollte ihn darauf aufmerksam machen, dass die Ampel mittlerweile auf "Grün" stehe und er losfahren solle. Das tat er denn auch, die Ampel zeigte jedoch immer noch "Rot".
In der Kreuzung stieß er mit einem anderen Fahrzeug zusammen. Seine Vollkaskoversicherung verweigerte dem Autofahrer den Versicherungsschutz, weil er den Unfall in grob fahrlässiger Weise verschuldet habe. Beim Oberlandesgericht Koblenz hatte der gestresste Vater mit seiner Zahlungsklage gegen den Versicherer Erfolg (10 U 275/03). Besondere Umstände könnten selbst einen Rotlichtverstoß "in einem milderen Licht erscheinen lassen", so die Richter, der in der Regel grob fahrlässiges Fehlverhalten darstelle.
Der Versicherungsnehmer sei nicht einfach unaufmerksam gewesen. Er sei vielmehr erst von seinen Kindern abgelenkt worden und habe dann das Hupsignal missdeutet. Er habe das Hupen fälschlicherweise auf sich bezogen - als Aufforderung, nun endlich loszufahren. Im Glauben, er habe das Umschalten der Ampel verpasst, fühlte er sich als erster Fahrer in der Schlange unter Druck, sich zu beeilen. Deshalb habe er falsch reagiert und nicht mehr auf die Ampel geschaut; das sei ein Fehler, aber kein "unentschuldbares Fehlverhalten". Das Versicherungsunternehmen müsse daher den Schaden in Höhe von 5.682 Euro übernehmen.